Protest gegen Frankreichs Kulturpolitik

Von Ursula Welter |
Der französische Staat will zehn Milliarden Euro sparen - davon ein Zehntel in der Kulturförderung. Das betrifft überwiegend Projekte der vorherigen Regierung - die Betroffenen sind natürlich trotzdem nicht begeistert.
Schulden, hat der französische Staatspräsident am Sonntagabend im Fernsehen gesagt, Schulden wolle er seinen Kindern nicht hinterlassen. Welche Kulturlandschaft der sozialistische Präsident hinterlassen will, hat er nicht verraten. Das war da noch kein Thema. Oder doch. Zehn Milliarden Euro werde der Staat einsparen, alle Ministerien - außer Bildung, Justiz und Inneres - seien gefordert., hat Francois Hollande in seiner sonntäglichen Botschaft gesagt. Die Kulturministerin Frankreichs ließ sich nicht lange bitten, Aurélie Filipetti ging in die Offensive:

"Es ist wichtig, dass das Kulturministerium mitmacht bei den Sparanstrengungen"."

Zu lange schon sei Kultur nur mit Ausgaben gleichgesetzt worden. Sagt die Ministerin, die sehr herausfordernd lächeln kann. Die sozialen Netzwerke dankten ihr den Patriotismus nicht, das Ministerium gehöre abgeschafft, das bringe Geld, höhnte es im Netz. Wie links ist Frankreichs Kulturpolitik unter sozialistischer Führung , wird nun fast bang gefragt ? Allseits Ratlosigkeit. Da half es auch nicht, dass die Ministerin die Kultur als Zitat "Festplatte der Politik" bezeichnet hatte. Auch das warf mehr Fragen als Antworten auf.

Dass es in erster Linie Kulturprojekte der Ära Sarkozy trifft, beruhigt die Gemüter nur teilweise, die vier Streichkandidaten dürften nur ein Anfang gewesen sein.

Schadenfreude, wenn sie auch noch nicht nach außen dringt, dürften die Mitarbeiter des Staatsarchivs empfinden, die hatten einst gestreikt und darüber ihre Chefin verloren, weil sie Sarkozys "Haus der Geschichte" nicht beherbergen wollen. Das "Haus der Geschichte" wird gestoppt. "Konzeption fragwürdig, Unterbringung problematisch, Kosten zu hoch "- sagt die Ministerin. Proteste dagegen regen sich, noch, nicht.

Aufgebracht ist die Intendantin der "Comédie Francaise", Muriel Mayette. die sich als Chefin eines Staatstheaters weit aus dem Fenster lehnt mit ihrer Kritik. Das Streichen der Pläne für zusätzliche Fläche dürfe nicht das letzte Wort sein, es fehle an Raum und ein Drittel der zwölf Millionen Euro Gesamtkosten habe die "ComÉedie Francaise" bereits eingespielt, mit etwas Phantasie lasse sich der Rest finden:

""Man gibt nicht einfach Projekte auf, die schon so viele Wurzeln geschlagen haben, seit den 90er Jahren arbeiten wir daran, mehr Raum zu bekommen, die "Salle Richelieu" zu ergänzen, der nach dem Umbau im Januar wieder eröffnet werden wird."

Auch das Fotomuseum, das der frühere Kulturminister Frédéric Mitterrand im vergangenen Jahr bei einem Treffen in Arles versprochen hat, soll es nicht geben, ebenso wenig das paläolithische Kunstzentrum in der Dordogne,. "Lascaux 4" wird gestoppt, die konservativen Regionalpolitiker laufen Sturm. Da werde am falschen Ende gespart, sagt Jerome Peyrat von der UMP:

"Die ganze Operation ist eine Dummheit, da werden Symbole der Kulturpolitik Sarkozys gesucht, dabei sind sich hier alle Parteien über den Sinn von "Lascaux 4" einig gewesen."

Eine Milliarde Euro beträgt das Sparvolumen. Weitere Projekte stehen auf dem Prüfstand, etwa die Schaffung einer "Villa Medici" in den prekären banlieues von Paris. Der Plan werde in jedem Fall überarbeitet, hat die Ministerin angedroht.

Immerhin: Andere Investitionen sollen weiterlaufen, zumal die meisten weit fortgeschritten sind, für die Philharmonie von Paris etwa , für das große Museum der Kulturen in Marseille, das nationale Archiv in Pierrefitte und das Picasso-Museum in Paris.

Sie wolle ihre Politik anders gewichten als ihr Vorgänger - Digitalisierung von Archiven, Förderung junger Projekte für junges Publikum:

"Die Kultur verdient mehr, als die Ankündigung von Großprojekten", sagt Frankreichs junge Kulturministerin.