Skandal um Mendig erschüttert Hessen-Film
Ein Treffen mit AfD-Chef Jörg Meuthen belastet derzeit die Hessische Filmfördergesellschaft. Weil "Hessen-Film"-Chef Hans Joachim Mendig mit dem Politiker essen ging, protestieren nun Filmschaffende. Die zuständige Ministerin Angela Dorn will vermitteln.
Es ist ein Rausschmiss auf Raten. Schon am Freitag war Hans Joachim Mendig, Chef der staatlichen hessischen Filmförderungsgesellschaft "Hessen-Film", bei der Bekanntgabe der Nominierungen der Hessischen Film- und Kinopreise nicht mehr dabei. Denn die zuständige hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst Angela Dorn wollte nicht, dass der Konflikt zwischen vielen Filmemacherinnen und Filmemachern mit Mendig die Veranstaltung dominiert.
Dorn erklärt: "Das war schon früher entschieden. Herr Mendig war ein Jurymitglied wie viele andere. Und wir hatten uns im Vorhinein schon entschieden, dass es uns wichtig ist, dass wir heute auch wirklich symbolisch zeigen mit Herrn Lewandowski: Uns geht es wirklich um den Film und um die Filmschaffenden, um den Nachwuchs, um das, was da Wunderbares passiert." Man habe sehr bewusst entschieden, dass das zum Gesamtkonzept dazu gehöre, so die Grünen-Politikerin.
Der Neue an der Seite der Ministerin
So saß also statt Mendig der Filmemacher Piotr Lewandowski neben der Ministerin. Lewandowski wurde 1975 in Warschau geboren und ist in Offenbach aufgewachsene. Sein SWR-Tatort "Hüter der Schwelle" läuft Ende September in der ARD. Er zeigte sich schockiert darüber, dass sich nun so viele Filmschaffende aus Protest gegen Mendig von der hessischen Filmförderung abwenden: "Was mich persönlich sehr schmerzt, ist die Tatsache, dass so viele Leute nicht mehr in Hessen drehen wollen. Plötzlich ist die Förderung ein Problem und das verletzt mich extrem."
Ministerin Dorn beschreibt die Ausmaße, die die Proteste gegen Mendig inzwischen angenommen haben, so: "Ich habe in den vergangenen Tagen zahlreiche Protestschreiben erhalten, in denen Filmschaffende ankündigen, nicht mehr mit Hessen-Film zusammenarbeiten zu wollen." Mehrere Mitglieder von Fördergremien hätten angekündigt, sich zurückzuziehen – mindestens, ihr Amt ruhen zu lassen. Die Hessen-Film habe aber den Auftrag, eine vielfältige Kulturlandschaft im Film zu gewährleisten. "Und deshalb sehe ich die wachsense Entfremdung zwischen Herrn Mendig und den Filmschaffenden mit zunehmender Sorge", so Dorn.
Streitpunkt: politisch oder privat?
Die Grünen-Politikerin ist seit dem 18. Januar dieses Jahres hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst und machte am Freitag deutlich: Es gehe beim "Fall Mendig" nicht nur um das Treffen zwischen dem Chef der Hessen-Film und dem AfD-Parteivorsitzenden Jörg Meuthen. Mendig hatte das Treffen in einem Restaurant als "privat" bezeichnet. Der AfD-Chef Meuthen sah es hingegen als "konstruktiven politischen" Austausch. 350 Filmschaffende hatten daraufhin von Mendig gefordert, sich von Meuthen klar zu distanzieren. Doch Mendig schweigt seit Tagen.
Die Entfremdung zwischen ihm und Filmschaffenden bestehe laut Dorn jedoch ohnehin schon seit Längerem: "Die zeichnet sich bereits seit längerer Zeit ab. Ich habe seit meinem Amtsantritt mehrere Gespräche mit Herrn Mendig genau über die Frage des offenen, kooperativen Umgangs mit den Filmschaffenden geführt." Angesichts der neuen Entwicklungen habe sie für kommende Woche eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung angesetzt. Man wolle über den Vertrauensverlust vieler Filmschaffenden gegenüber dem Geschäftsführer der Hessen Film- und Medien GmbH sprechen. Außerdem: "Über die Rücktritte von Jury-Mitgliedern und einen möglichen Imageschaden für das Land Hessen und den Hessen-Film."
Wie geht es mit Mending weiter?
Die außerordentliche Aufsichtsratssitzung findet am kommenden Dienstag statt. Viele Filmschaffende erwarten, dass in der Sitzung die Amtszeit von Mendig als Chef der hessischen Filmförderung beendet wird. Doch Mendig wird am Dienstag noch einmal die Chance bekommen, seine Sicht der Dinge darzustellen. Die Veranstaltung zur Nominierung der hessischen Film-und Fernsehpreise am Freitag ohne Mendig zeigte allerdings: Es ist schwer vorstellbar, dass er noch einmal als Geschäftsführer der Hessen-Film das Vertrauen der Filmschaffenden und des zuständigen Ministeriums zurückgewinnen kann.
Regisseur Lewandowski hofft jedenfalls, dass Hessen bald wieder positiv als Standort für Film- und Fernsehfilme Schlagzeilen macht und nicht durch von Rechtspopulisten vereinnahmte Restaurantbesuche - ob privat oder politisch: "Deswegen habe ich heute mehrmals erwähnt, dass ich hier gedreht habe und sehr glücklich darüber war. In der Filmbranche bin ich noch relativ jung und habe nicht so viele Filme gemacht. Aber ich sehe einfach, dass es schöner ist, hier zu drehen. Zuhause aufzuwachen und von hier aus Filme machen zu können. Und man kann wunderbare Stars und Leute überzeugen, hier zu drehen. Man hat viele tolle Locations und Brücken, die noch nicht abgebrochen sind. Und wahnsinnig viele Künstler, die man unterstützen muss." Das sei das, was Lewandowski dazu sagen möchte.