Protestsongs im Iran
Seit vielen Jahren gesungen und in einer neuen Version gerade sehr präsent im Iran: das feministische „Lied der Gerechtigkeit". © Screenshot via https://www.youtube.com/watch?v=b57XXjMhp0Q (4.10.2022)
Sehr viel Wut, sehr viel Trauer
08:14 Minuten
Die Proteste im Iran werden musikalisch von zwei Liedern begleitet: eine eher nachdenkliche Vertonung von Tweets und die neue Version eines feministischen Klassikers. Die in Teheran geborene Tänzerin Mina Khani erläutert die Hintergründe.
Die Proteste Im Iran verfolgen hierzulande viele vor allem über die Sozialen Medien. Auch die Musik spielt dabei eine wichtige und identitätsstiftende Rolle. Ein neuer Song heißt „Für die Freiheit“. Er geht seit Beginn der Proteste viral und kommt bereits auf mehrere Millionen Klicks auf verschiedenen Plattformen.
Der Sänger Shervin Hajipour wurde zunächst festgenommen, mittlerweile ist er aber wieder frei. Das Lied ist eine Art kollektiver Song. Es besteht aus verschiedenen Tweets, die Protestierende auf die Frage, warum sie auf die Straße gehen, schrieben.
Damit habe Hajipour einen Nerv getroffen, sagt Mina Khani. Sie ist Schriftstellerin und Tänzerin, lebt in Berlin und ist im ständigen Austausch mit Menschen im Iran.
Kein klassischer Protestsong
Musikalisch nimmt sich das Lied zurück, klingt eher weich, nicht wie ein klassischer Protestsong. Dennoch sei sehr viel Wut, aber auch sehr viel Trauer darin, sagt Khani. Es sei die Trauer über den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Sie berichtet zugleich, dass es auch Kritik an dem Lied gebe, die sich um die Auswahl der Tweets drehe.
Khani selbst findet einen anderen Song noch passender im Kontext der Proteste. Das „Lied der Gerechtigkeit“ sei „das feministische Lied der Iranerinnen der letzten Jahrzehnte, von Feministinnen geschrieben und gesungen“, sagt sie. In einer neuen Version habe es jetzt noch einmal viele Menschen erreicht.
Khani sieht sich seit Beginn der Proteste in einer Art Übersetzerinnenrolle. Sie selbst könne zwar nicht in den Iran zurück. Gleichzeitig spüre sie aber einen „sehr großen emotionalen Druck“ und die Verantwortung, sich „zusammenzureißen“ und die deutsche Öffentlichkeit über das Geschehen zu informieren, so die Schriftstellerin.