Architektur in Lützerath

Gebauter Protest

07:28 Minuten
Polizisten stehen auf einem Baumhaus im sogenannten Fantasialand in Lützerath.
Ein Baumhaus im sogenannten Fantasialand in Lützerath. © picture alliance / dpa / Federico Gambarini
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Baumhäuser, Gebäude auf Pfählen, Tunnel: Das Protestcamp in Lützerath hat seine eigene Architektur hervorgebracht. Ziel war es dabei immer, der Polizei die Räumung so schwer wie möglich zu machen, sagt Oliver Elser vom Deutschen Architekturmuseum.
Gerne hätten sie das "Rotkoehlchen" gehabt: Das war ein Pfahlhaus, das auf einer Wiese im Protestcamp von Lützerath stand. Das Deutsche Architekturmuseum wollte das Haus in einer Ausstellung präsentieren, die im Herbst startet und sich mit Protestarchitektur von der 1848er-Revolution bis heute beschäftigt.
Im Sommer 2022 waren sie das erste Mal in Lützerath, sagt Kurator Oliver Elser: "Es waren schon alle Bäume mit Baumhäusern belegt, so entstand noch eine Wiese, das sogenannte Fantasialand. Wir haben uns sofort in das 'Rotkoehlchen' verliebt und gesagt, das wäre fantastisch, wenn das den Weg in die Ausstellung fände."

Vergebliches Amtshilfeersuchen

Ein Leihvertrag mit den Aktivisten und Aktivistinnen lag bereits vor. Damit sei man an die Polizei herangetreten und habe ein Amtshilfeersuchen gestellt. "Weil: Wir sind das Deutsche Architekturmuseum. Wir sind ein städtisches Museum, wir sind öffentlicher Dienst. Also wir sind auch der Staat", sagt Elser.

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Aber es hat nicht geklappt, das "Kulturgut" vor der Zerstörung zu bewahren. Alle Strukturen wurden sofort abgerissen, sobald sie von der Polizei geräumt waren. "Man muss einfach sagen, der RWE-Konzern hat überhaupt kein Interesse daran. Da haben wir auf Granit gebissen", sagt Elser.
Für die Ausstellung hätte sich das "Rotkoehlchen" besser geeignet als ein Baumhaus. Es wäre ein erheblicher Aufwand, ein Baumhaus in einem Museum zu installieren, zum einen wegen der Deckenhöhe, zum anderen: "Wir haben in unserem Ausstellungsraum keinen Baum", so Elser.

Mindesthöhe 2,50 Meter

Außerdem hätte es vergleichbare Pfahlbauten in anderen Protestcamps nicht gegeben: "Wir finden, dass in Lützerath etwas entstanden ist, was es im Hambacher Forst zum Beispiel nicht gab." Nämlich Baumhäuser ohne Bäume, wie das "Rotkoehlchen". Dabei wurde darauf geachtet, dass die Mindesthöhe der Pfähle mindestens 2,50 Meter beträgt. "Wie es das Besetzer:innen-Handbuch lehrt", sagt Elser. Denn ab dieser Höhe müsse die Polizei mit Spezialeinheiten anrücken: "Es sind Strukturen, die es der Polizei schwerer machen sollen, die Aktivist:innen dort raus zu holen."
Auch dass sich die letzten Protestierenden in Lützerath in einem Tunnel versteckten, geschah nicht ohne Hintersinn. Denn die Polizei kann nicht einfach in den Tunnel hinein: "Das ist viel zu unsicher", sagt Elser. Im Hambacher Forst sei ein Paralleltunnel durch die Polizei gegraben worden. Das kostet Zeit, und das Ziel der Protestierenden ist es, die Räumung möglichst lange aufzuhalten: "Die wissen sehr genau, wie die Polizei agiert, und stimmen entsprechend ihre eigene Strategie darauf ab."
Die Ausstellung will aber nicht nur die Architektur der Protestcamps der letzten Jahre wie im Hambacher oder Dannenröder Forst oder eben in Lützerath zeigen. Der Blick wird geweitet bis in das Jahr 1968, als in den USA Demonstranten die Zeltstadt "Resurrection-City" mitten auf der National Mall in Washington errichteten.
(beb)
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