Proteste gegen CETA und TTIP

"Kein demokratischer Prozess"

Tausende Menschen nehmen am 17.09.2016 an der Demonstration gegen die Handelsabkommen Ceta und TTIP in Berlin teil. Ein Bündnis aus Gewerkschaften und Sozialverbänden hat zu zeitgleichen Demonstrationen in sieben deutschen Städten aufgerufen. Foto: Monika Skolimowska/dpa | Verwendung weltweit
Demo gegen die Freihandelsabkommen CETA und TTIP in Berlin © dpa/Monika Skolimowska
Von Dieter Nürnberger |
In sieben Großstädten sind am Samstag Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die geplanten Freihandelsabkommen CETA und TTIP zu protestieren. Allein in Berlin waren es rund 70.000. Sie sehen die europäischen Umwelt- und Verbraucherstandards in Gefahr.
"Ich glaube, viele Bürger haben das Gefühl, dass da über grundsätzliche Sachen verhandelt wird. Sachen, die unser Gemeinwesen betreffen und auch in Frage gestellt werden könnten - und zwar ohne, dass es dabei einen demokratischen Prozess gibt."
"Wir haben selber einen kleinen Bio-Betrieb und wir wollen einfach nicht, dass Getreide oder anderes so einfach hier reinkommt, ohne kontrolliert zu werden."
In Berlin hatten sich schon am Vormittag die ersten Demonstranten getroffen, um gegen die geplanten Freihandelsabkommen zu demonstrieren. Unweit des Alexanderplatzes wurden mehrere zehntausend Teilnehmer erwartet. Sie wollen ein machtvolles Zeichen setzen - ähnlich wie vor einem Jahr, als mehr als 150.000 Menschen gegen CETA und TTIP demonstrierten. Seitdem haben sie einiges erreicht.

Vorsorge- soll durch Nachsorgeprinzip ersetzt werden

Thilo Bode, Chef der Verbraucherorganisation Foodwatch, wurde in einem US-amerikanischen Politikmagazin vor kurzem als der Mann bezeichnet, der TTIP den Todesstoß versetzen könnte. Bode trommelt seit Jahren gegen die Handelsabkommen, er hat ein vielbeachtetes Buch darüber veröffentlicht, und er wird selbstverständlich am Nachmittag als Redner auftreten. Der Entwurf von CETA liegt nun vor, er soll in den nächsten Wochen innerhalb der EU-Gremien ratifiziert werden. Es habe ein paar Verbesserungen gegeben, sagt Bode, doch das Hauptproblem bleibe bestehen.
"CETA und TTIP sind völlig neue Handelsabkommen. Es geht auch nicht mehr allein um Zölle, sondern darum, wie in Zukunft mit unseren Regeln zum Gesundheits- und Umweltschutz, auch zur kommunalen Daseinsfürsorge umgegangen wird. Da ist CETA gefährlich, denn es führt dazu, dass die Rechte der Verbraucher und der Bürger eingeschränkt werden."
Gewerkschafter fürchten um Regelungen beim Arbeitsrecht und viele Umwelt- und Verbraucherschützer haben Bedenken, dass verpflichtende europäische Standards in diesem Bereich langfristig aufgeweicht werden können. In Europa gilt das Vorsorgeprinzip: Chemikalien beispielsweise müssen umfänglich auf ihre Unbedenklichkeit hin geprüft werden, bevor sie in den Handel kommen. In den USA und in Kanada sei dies anders, sagt Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Auch Weiger war heute Vormittag schon früh unterwegs - auf dem Weg zur Demo. Er kritisiert ganz konkret den CETA-Vertragsentwurf:
"Auf den rund 2.300 Seiten Vertragstext findet sich das Vorsorgeprinzip nicht. Es findet sich deshalb nicht, weil es über kurz oder lang durch das nordamerikanische Prinzip ersetzt werden soll. Das ist das Prinzip der Nachsorge: Hier brauche ich klare Beweise, dass ein Stoff oder eine Substanz schädlich ist. Erst dann darf man es vom Markt nehmen, erst dann, wenn der Schaden eingetreten ist. Es ist das Gegenteil von unserem europäischen Vorsorgeprinzip."
Das Handelsabkommen CETA soll noch im Oktober zwischen der EU und Kanada unterschrieben werden. Erst danach sollen sich die nationalen Parlamente damit befassen. Auch dieses festgelegte Verfahren wird von den Veranstaltern kritisiert. Und am kommenden Montag will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf einem SPD-Parteikonvent für das Handelsabkommen mit Kanada werben und es dann zur Abstimmung stellen.
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