"Das Frustpotenzial ist höher als 2009"
Mindestens 19 Menschen haben bei den blutigen Protesten im Iran bisher ihr Leben verloren. Auslöser sei Frust über die wirtschaftliche Lage des Landes, betont der Politologe Adnan Tabatabai. Eine Einmischung von außen gebe es nicht.
Für die gewaltsamen Proteste im Iran mit mindestens 19 Todesopfern hat der oberste iranische Führer Ajatollah Ali Chamenei Anstachelungen von "Feinden des Irans" verantwortlich gemacht. Dem widerspricht der deutsch-iranische Politologe Adnan Tabatabai entschieden: "Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass das inneriranische Dynamiken sind und nicht von außen gesteuert wird."
Proteste aus Frust über wirtschaftliche Lage
Mindestens 19 Menschen kamen bis Dienstag bei den Demonstrationen ums Leben. Die Akteure der Proteste seien andere als noch 2009, sagte Tabatabai, der Geschäftsführer des Think Tanks Carpo ist. "Das sind neue Akteure, deren Frustpotenzial auch höher ist, aufgrund der gesellschaftlichen Probleme im Land." Die Protestierenden kämen aus dem "gesellschaftlich und wirtschaftlich schwachen Milieu", die ihre akkumulierte Unzufriedenheit über die Lebensverhältnisse jetzt in dieser Form zum Ausdruck brächten, aber nicht innerhalb des Reformercamps im Iran verortet seien. "Es gibt zwar auch politische Slogans, die sich gegen die gesamte regierende Führung richten, Hintergrund bleiben aber nach wie vor ihre wirtschaftlichen Verhältnisse."
Untergeordnete Rolle des religiösen Establishment
Das religiöse Establishment spiele in den Auseinandersetzungen keine sonderlich große Rolle, so Tabatabai. Mit Blick auf die weitere Entwicklung sagte er: "Bestenfalls wird Präsident Rohani einsehen, dass er, gewisse neoliberale Wirtschaftspläne überdenken muss und auch darauf achten muss, dass sozial Schwache darunter nicht leiden." Allzu grundlegende Änderungen der politischen Situation des Landes durch die Proteste erwartet dagegen er nicht.
(uz)