"Die Versammlungsfreiheit ist in Sachsen massiv bedroht"
Um das Versammlungsverbot im sächsischen Heidenau gibt es eine juristische Auseinandersetzung. Der Verfassungsrechtler Clemens Arzt übt scharfe Kritik an den Behörden in Sachsen: Die schienen es mit dem Grundgesetz nicht so genau zu nehmen.
Der Verfassungsrechtler Clemens Arzt hat die Aufhebung des angekündigten Versammlungsverbots im sächsischen Heidenau begrüßt. Es gehe nicht darum "auszuhalten, dass Rechtsradikale Menschen verletzen können", sagte Arzt im Deutschlandradio Kultur. "Es geht darum, dass es eine Versammlungsfreiheit gibt. Die gilt für Rechte, die gilt für die Mitte, die gilt für Linke." Die Polizei sei in der Pflicht, diese Versammlungen zu schützen. Ein polizeilicher Notstand, mit der das Verbot ursprünglich begründet wurde, sei nicht zu erkennen.
Zudem sei das Versammlungsverbot "absolut unverhältnismäßig in seinem Umfang" gewesen, so Arzt weiter. Das Landratsamt hätte "gegebenenfalls Maßnahmen gegen die rechte Demonstration erwägen können", indem man den Bewegungsraum der Teilnehmer einschränkt. Auch bei Fußballveranstaltungen sei die Polizei fähig, Gewalt durch Hooligans einzudämmen.
Versammlungsverbot - ein sächsisches Phänomen?
"Man hat den Eindruck, dass in Sachsen die Uhren des Versammlungsrechtes durchaus anders ticken als im Rest der Republik", sagte Arzt. "Das scheint mir ein großes Problem zu sein." Beim Verbot einer Pegida-Versammlung Anfang des Jahres seien die Argumente ähnlich gewesen. "Sachsen hat so eine Grundlinie immer wieder, sich erstens auf einen polizeilichen Notstand zu berufen (...) und dann gleich mit einem umfassenden Verbot für jedwede Art von Versammlung zu reagieren." Dies sei mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren: "Die Versammlungsfreiheit ist durchaus in Sachsen massiv bedroht."
Das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat mittlerweile bekanntgegeben, nach den ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Heidenau an einem Versammlungsverbot festzuhalten. Das Landratsamt legte am Freitagnachmittag beim Oberverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss ein, mit dem das Versammlungsverbot für rechtswidrig erklärt wurde.