Proteste in Leipziger Kunstquartier

Wie mit AfD-nahen Künstlern umgehen?

05:34 Minuten
Das Logo der AfD und eine Postkarte mit dem Motiv "Der Schrei" von Edvard Munch.
Was tun, wenn man bemerkt, dass die eigene Kunst neben der eines Kuratoriumsmitglieds der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung hängen soll? © imago images / Steinach
Von Nadja Bascheck |
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Die Frage, ob Werk und Künstler voneinander getrennt werden können, ist momentan in der Leipziger Baumwollspinnerei virulent. Die Teilnahme Axel Krauses an der Jahresausstellung sorgt für Diskussionen und den Rückzug eines Künstlers.
Eine Einladung, die für Aufruhr sorgt: Axel Krause wird bei der Jahresausstellung in der Leipziger Baumwollspinnerei dabei sein. Daraufhin sagte ein Künstler ab. Der Grund: die politischen Ansichten Krauses, mit denen er nicht in Verbindung gebracht werden will. Krause ist Mitglied des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
Zudem hatte er sich letztes Jahr auf seiner Facebook-Seite gegen sogenannte "illegale Masseneinwanderung" geäußert, woraufhin sich seine Leipziger Galerie von ihm trennte. Rainer Schade, der Vorsitzende des Vereins, der hinter der Jahressausstellung steht, kann verstehen, dass es Bedenken gibt, sagt aber: "Wir stellen nicht die AfD und ihre Meinungen aus und vertreten auch nicht das, was sie machen würden. Wir distanzieren uns, wir stellen Bilder aus."

Verein beruft sich auf demokratischen Auswahlprozess

Die Absage des Künstlers zog einen Brief von zehn weiteren nach sich, in dem sie sich solidarisieren. Schade aber beruft sich auf den Auswahlprozess des Vereins: Jeder könne Vorschläge machen, welche Künstler in dem Jahr ausstellen sollen. Daraufhin werde abgestimmt. Die Demokratie habe ergeben, dass Krause dabei sein soll. Welche Positionen Krause privat vertrete, sei Schade bis dahin nicht bewusst gewesen. Ihm käme es aber auf ästhetische und inhaltliche Faktoren an:
"Die Ausstellung ist heterogen in künstlerischen Positionen, es geht um Künstler und nur ganz hinten dran, das kann man nie ausblenden, um Personen, aber es geht um Kunst. Die Bilder von Krause sind unverfänglich, haben nichts mit Politik zu tun, aber ich glaube das interessiert nicht."
Die Trennung von Kunstwerk und Künstler, die Autonomie der Kunst stehe demnach über den politischen Aussagen Krauses. Dieses Kunstverständnis teilt Felix Leffrank nicht. Er ist einer der teilnehmenden Künstler der Ausstellung:
"Dann fällt immer schnell der Begriff von Qualität der Kunst, dass die entscheidend wäre. Das finde ich den schwierigsten Begriff in der Debatte. Das geht zurück auf das autonome Kunstwerk, das unabhängig vom Autor an sich Qualität beanspruchen kann. Das funktioniert einfach nicht."

Künstler sehen sich unter Druck gesetzt

Knapp eine Woche vor Ausstellungseröffnung sitzt Leffrank gemeinsam mit einer Gruppe von Künstlern zusammen im Garten des Cafés auf dem Gelände der Baumwollspinnerei. Sie überlegen, wie sie sich positionieren, sehen sich mittlerweile unter Zugzwang.
"Wir sind unter Druck gesetzt, weil der mediale Rummel um die Person, um die politische Haltung von dem Beteiligten, für alle schwierig zu tragen ist und letztlich dieser Druck dafür sorgt, dass wir uns selbst positionieren müssen. Das ist eigentlich nicht unsere Aufgabe. Die Verantwortung liegt bei den Veranstaltern. Deswegen Kräfte bündeln und stärken und sagen: Tut was!" sagt Daniel Krüger, der die Trennung von Werk und Künstler ebenfalls kritisch sieht. Und weiter:
"Die Trennung politische Haltung und Kunstwerk vom Künstler ist quasi nicht haltbar, weil wenn man sich im Vorfeld politisch äußert, ist auch immer das Kunstwerk so rezipiert auf die Haltung des Künstlers."

Zuviel Aufmerksamkeit für Axel Krause

Künstlerin Laura Eckert hat es derweil satt, über die Personalie Krause zu sprechen. Ihr ist es wichtig, dass seine Positionen nicht noch mehr Aufmerksamkeit erhalten: "Vielleicht nutzen wir das Ganze eher, um auf Themen aufmerksam zu machen, die uns wichtig sind und den Positionen von ihm und der AfD diametral gegenüberstehen."
Ein Rückzug von der Ausstellung ist für die Künstler nicht denkbar. Die fünf, die nun zusammensitzen, planen eine Aktion. Was genau dabei herauskommen wird, ist noch nicht klar. Sie hatten dem Verein schon Vorschläge gemacht, wie man auf die Debatte reagieren könnte, etwa in Form einer Eröffnungsrede, die das Problem aufgreift, doch sei der nicht darauf eingegangen. Hingegen fände Vorstand Rainer Schade es angemessen, in Dialog zu treten: "Man kann ja drüber reden. Wir ignorieren es nicht. Ich hoffe, es kommt zu Gesprächen mit Axel Krause, nicht über ihn."
Auf ein Gespräch mit Krause möchte Felix Leffrank lieber verzichten. Er hat einen eigenen Umgang gefunden und in Reaktion auf die Positionen ein neues Video mit dem Titel "Schlechte Gesellschaft" produziert, das einen Maler zeigt, der in der Isolation den Verstand verliert. Letztlich war es für ihn ein kreativer Prozess, der ihn gefordert hat. Aber eine Art, damit umzugehen, auch in Zukunft: "Es steht die Annahme im Raum, dass es wohl nicht das letzte Mal ist, dass so etwas passiert."
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