Programmtipp: In der Sendung Fazit ab 23:05 Uhr fasst die Landeskorrespondentin Nadine Lindner die Fachtagung zusammen.
Fall Gurlitt verschafft Dresdner Tagung unerwartete Resonanz
Plötzlich war die Teilnehmerliste doppelt so lang wie geplant – eine Fachtagung über die Rolle des damaligen Chef-Einkäufers für das Führermuseum in Linz, Hans Posse, erfährt überraschend großes Interesse.
Der Fund der Bildersammlung des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt (1895-1956) verschafft auch einer Fachtagung in Dresden unerwartete Aufmerksamkeit. Die Anmeldezahlen für das Symposium der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) zur Provenienzforschung, die am 6. Dezember zu Ende geht, schnellten in die Höhe.
Die SKD nehmen seit 2008 ihren Millionenbestand an Kunstwerken genauer unter die Lupe. Bei dem von Lupfer geleiteten Provenienz-Rechercheprojekt "Daphne" werden Herkunft und Geschichte aller Kunstwerke erforscht und dokumentiert. Dabei beleuchten die Wissenschaftler auch die Zeit des Nationalsozialismus, als Hitlers Sonderauftrag für ein "Führermuseum" an die hiesige Gemäldegalerie angebunden war. Zwei ihrer Direktoren, Hans Posse (1879-1942) und Hermann Voss (1884-1969), leiteten die Organisation, die Kunstwerke für die nie realisierte Einrichtung in Linz beschaffen sollte.
Erster "Sonderbeauftragter" für Führermuseum
Die Rolle Hans Posses steht für den Direktor des SKD, Hartwig Fischer, im Vordergrund: Im Verlauf der Tagung habe sich die Ambivalenz des begabten Kunsthistorikers gezeigt. Posse sei jemand gewesen, "von dem man annehmen musste, dass er gefeit wäre davor, einer Ideologie zu verfallen", sagte Fischer im Interview. Seine nationalistische Haltung habe es vermutlich erleichtert, sein Handeln zu rechtfertigen.
Kunsthistoriker Posse war ab 1939 als erster "Sonderbeauftragter" mit dem Aufbau einer Sammlung für das geplante Museum in Hitlers Heimatstadt beauftragt. Dazu betätigte er sich als Großeinkäufer auf dem internationalen Kunstmarkt, aber bediente sich auch an beschlagnahmtem Besitz jüdischer Sammler. "Dresden wurde durch ihn zu einem wichtigen Ort im NS-Kunstverschiebesystem", hieß es in der Ankündigung der Fachtagung. Anlass war der 15. Jahrestag der Washingtoner Erklärung 1998 zum Umgang mit Kunst, die zwischen 1933 und 1945 entzogen oder beschlagnahmt wurde. In diese Zeit fiel der "Sonderauftrag Linz".
bre mit dpa
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