Wenn Flüchtlinge traumatisierten Flüchtlingen helfen
Die Organisation "Ipso" bildet Flüchtlinge zu psychosozialen Beratern aus. Inge Missmahl hat sie gegründet. Im Gespräch mit Britta Bürger erklärt die Psychoanalytikerin, warum Menschen, die geflohen sind, anderen Flüchtlingen am besten helfen können.
Viele Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, befinden sich in einer "schwierigen inneren Lage", sagt die Psychoanalytikerin Inge Missmahl, die Gründerin und Direktorin der Organisation Ipso. Ipso bildet Menschen mit Fluchterfahrungen zu psychosozialen Beratern aus, damit sie Geflüchteten helfen können, die an psychischen Problemen leiden.
Auslöser und Ursachen dieser psychischen Probleme seien vielfältig, sagte Inge Missmahl:
"Bei vielen Geflüchteten, die zu uns kamen, waren die Erwartungen ganz anders, als sich die Realität dann darstellte. Unsere administrativen Prozesse dauern sehr lange, unsere Nachholmöglichkeiten für Familien sind nicht sehr groß oder dauern auch zu lange. Dadurch fühlen die Menschen sich in einem Zustand, der ihnen die Handlungsmöglichkeiten nimmt. Ich glaube, dieses Gefühl der Ohnmacht, das sich auch anschließt an das Gefühl der Ohnmacht, das sie schon im eigenen Land und auf der Flucht erlebt haben, das holt sie dann hier wieder ein."
Sich gesehen und verstanden fühlen - von Menschen aus dem gleichen Kulturkreis
Ziel der psychosozialen Beratung von Ipso sei es, den Menschen dazu zu verhelfen, wieder Einfluss auf ihr eigenes Leben nehmen und "selbstwirksam" zu sein können, betonte die Gründerin und Geschäftsführerin der Organisation. Um ihr Leben wieder in die Hand nehmen zu können, müssten die Geflüchteten sich gesehen und verstanden fühlen - von jemandem aus ihrem Kulturkreis. Daher arbeite Ipso mit Beratern, die aus demselben Kulturkreis kämen wie die hilfsbedürftigen und traumatisierten Geflüchteten, sagte Missmahl. "Unsere Berater, wir nennen sie Counselor, sind so etwas wie Kulturvermittler."
Standorte in Konstanz, Berlin und Erfurt
Die Psychoanalytikerin verwies darauf, dass die psychosoziale Beratung von Menschen, die aus kollektivistischen Gesellschaften kämen, auf deren kulturelle Prägung Rücksicht nehmen müsse. Missmahl betonte zudem: Menschen, die aus demselben Kulturkreis kämen, bedürften keiner Übersetzer, sondern könnten sich direkt und unmittelbar mit den Geflüchteten verständigen. Die Berater von Ipso seien bisher an drei Standorten in Deutschland tätig: in Konstanz, Berlin und Erfurt.
"Unsere Counselor sind da, unterhalten sich mit den Menschen, sehen es, wenn es jemandem schlecht geht", sagt Inge Missmahl. "Ich glaube, das ist ein langsamer Prozess, dass man merkt, dass jemand da ist, dem man vertrauen kann, der einen versteht."
Die Berater der Ipso seien allerdings nicht therapeutisch tätig. "Wenn unsere Berater merken, dass eine Pathologie vorliegt, die psychotherapeutisch behandelt werden muss, dann überweisen die Berater diese Menschen an Partner unseres Netzwerkes."