Hilfe für alleinerziehende Mütter
Gerade Alleinerziehende brauchen Pausen in ihrem anstrengenden Alltag. Für sie sind Mutter-Kind-Kuren eine wichtige Möglichkeit, neue Kraft zu tanken. © picture-alliance/ ZB / Jens Büttner
Die Bindung zu Kindern stärken
Die Psychotherapeutin Renate Fischer-Tietze hilft Alleinerziehenden, das Leben besser zu meistern. Im Mittelpunkt steht ein Bindungstraining von Eltern und Kindern. Dort sind eigene Erfahrungen der Helferin eingeflossen.
Es gibt Menschen, die können uns wollen einfach nicht aufhören zu arbeiten, nicht etwa, weil sie auf das Geld angewiesen sind, sondern weil sie eine Mission haben, anderen helfen und sie unterstützen wollen. So jemand ist Renate Fischer-Tietze: eine taffe, resolute Frau, die als Psychotherapeutin in einer Mutter-Kind-Klinik im Westallgäu alleinerziehenden Frauen mit Rat und Tat zur Seite steht.
Ihr Ausgangspunkt waren eigene Erfahrungen, wie sie erzählt: "Wir waren zehn Kinder und haben wie eine Großfamilie gelebt, mit Onkeln und Tanten, die aus dem Krieg verwitwet zurückkamen, die dann die Kinder versorgt haben", sagt Fischer-Tietze. "Es war immer jemand da, der irgendetwas übernommen hat."
Alleine mit dem Familienmanagement
Heute fehle das vielen Alleinerziehenden. "Wir haben keine Betreuungszeiten, die das wirklich gut abdecken können. Wir haben keinen, der in den Übergangszeiten mal eine Aufsicht für Kinder macht. Was mache ich denn, wenn jemand im Lebensmittelladen um sechs Uhr anfangen muss? Der muss um sechs Uhr fast aus dem Haus. Wo soll er bitte die Kinder hintun?" Kein Kindergarten habe so früh auf.
Fischer-Tietze war zunächst Erzieherin und Heilpädagogin, dann studierte sie Psychologie und nebenher noch Politische Wissenschaften. Sie beschloss, ihren Berufsschwerpunkt in die klinische Psychologie zu verlegen, und arbeitete viele Jahre als Leiterin einer Einrichtung der Jugendhilfe mit Minderjährige, mit besonders veranlagten Kindern mit ADS, ADHS, mit Autisten und schwierigen Kindern. Fischer-Tietze war 20 Jahre verheiratet, ist heute verwitwet und hat zwei Stiefkinder sowie zwei Pflegekinder aus ihrer Patchworkfamilie. "In dem Sinne kenne ich das Alleinerziehende auch", sagt sie. "Mein Mann war schwer krank die letzten Jahre, ich habe alles alleine gemanagt."
Von der Katholikin zur Buddhistin
Fischer-Tietze stammt selbst aus einer sehr katholische Familie. Alle Kinder waren Ministranten. „Das gehörte sich so“, sagt sie. Mit zunehmendem Alter aber distanziert sie sich von der Amtskirche und deren „scheinheiligen Repräsentanten“. Die Männer hätten dort von der gestaltenden Rolle von Frauen wenig wissen wollen. Die Psychotherapeutin hält sie für feige, weil die Kirche die Verantwortung des jahrzehntelangen Missbrauchs von Minderjährigen so lange vor sich hergeschoben habe. "Dieses verlogene System und diese Unehrlichkeit der Kirche", kritisiert sie und wandelt sich von einer Katholikin zur Buddhistin.
An der Wand neben ihrem Schreibtisch hängen zwei Fotos von buddhistischen Tempeln. Auf dem einen sind zwei Mönche in orangener Kleidung zu sehen und darunter der Spruch: „Möge ich mir erlauben, dem Leben mit Heiterkeit und Gelassenheit zu begegnen.“ Zu einer wichtigen Säule des Buddhismus gehört die Achtsamkeit. Am ihrem Arbeitsplatz gibt sie deshalb den Frauen bei der Mutter-Kind-Kur Achtsamkeitstrainings. Sie sollen dabei helfen, die Beziehung zu sich selbst zu verbessern. Zudem gibt es Einzelgespräche und „strukturelle Stabilisierungen“, die über die Kur hinausgehen. Fischer-Tietze weiß aus jahrelanger Erfahrung: "Beziehung ist ein Arbeitsthema. Ich muss deutlich sagen, ich kann nicht mehr. Wie können wir es anders umverteilen, damit es ein Stück leichter wird, weil sonst geht es uns alle an die Kehle." Da müsse man lernen zu sagen, was man weglassen kann. "Und nicht, wie muss sich jeder verändern. Sachen kann ich weglassen, Beziehungen nicht."
Bindungstraining für Mütter
Seit sechs Jahren ist Fischer-Tietze Gruppenleiterin eines Mutter-Kind-Bindungsprogramms unter dem Namen "wir2kompakt". Dort gibt es Unterstützung für hochbelastete Mütter innerhalb der dreiwöchigen Kuren. Immer wieder fragen alleinerziehende Frauen am Ende ihrer Kur nach den Ursachen für ihre gescheiterten Partnerschaften. Die Antwort ihres resoluten, lebenserfahrenen Gegenübers schafft oft zumindest, sich weniger schuldig zu fühlen.