Staatspleite in der Karibik
Kleines Land, viel Sonne, blaues Meer - die Regierung ist pleite. Auch Puerto Rico kämpft mit Schulden. Der Gouverneur des Inselstaates hat nun erklärt, dass die Schulden von 72 Milliarden Dollar nicht aus eigener Kraft bezahlt werden können. Fast wie mit Griechenland?
Puerto Rico ist ein kleines Land: 3,6 Millionen Einwohner, und es ist ein armes Land. Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die Nachricht von der eventuellen Zahlungsunfähigkeit der Regierung beunruhigt die pensionierte Lehrerin Norma Perez-Quiles in der puertoricanischen Hauptstadt San Juan.
"Ich mache mir Sorgen, ob das irgendwann meine Rente beeinträchtigt. Bis jetzt ist das nicht passiert. Aber ich bin deutlich vorsichtiger beim Einkaufen geworden."
Kein regulärer Bundesstaat
Die Insel in der Karibik ist ein sogenanntes Territorium, also kein regulärer amerikanischer Bundesstaat. Die Bevölkerung hat es bereits in mehreren Referenden abgelehnt, ein US-Bundesstaat oder ein souveränes Land zu werden. Bislang war dieser Zwischenstatus relativ bequem: Puerto Ricaner dürfen zwar nicht den Kongress oder den Präsidenten mitwählen, sie zahlen aber auch keine Bundessteuern und sind amerikanische Staatsbürger. Außerdem bezahlt die Regierung in Washington große Teile der Infrastruktur der Insel.
Jetzt wird dies zum Problem für Puerto Rico: Denn als US-Territorium ist ihm der Weg zu einem kommunalen Insolvenzverfahren nach amerikanischem Recht versperrt - anders als zum Beispiel im Falle von Detroit. Deswegen wird Puerto Rico ein Problem für die Bundesregierung in Washington werden, so der Wirtschaftswissenschaftler Arturo Porzecanski von der American University.
"Was Griechenland für die Eurozone ist, das wird Puerto Rico für die USA werden. Es wird ein Territorium sein, dass wir noch stärker bezuschussen müssen als bislang. Wir werden ihnen noch mehr Steuern erlassen und früher oder später auch direkte Hilfen zahlen müssen."
Unterschiede zur griechischen Situation
Doch es gibt auch deutliche Unterschiede zu Griechenland. Die Verschuldung im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt liegt in Griechenland bei über 170 Prozent, da wirken die 70 Prozent Verschuldung Puerto Ricos relativ bescheiden. Puerto Rico stellt nur einen winzigen Bruchteil der Gesamtwirtschaft der USA dar, noch sehr viel weniger als Griechenlands Anteil an der Eurozone. Außerdem sind die Banken in Puerto Rico abgesichert über die staatliche amerikanische Einlagenversicherung.
Puerto Rico stellt also nicht ein so großes systemisches Problem dar wie Griechenland für die Eurozone. Dennoch bleibt die Frage: Wann und zu welchen Bedingungen wird Washington helfen müssen? Andrew Wolfe war Wirtschaftswissenschaftler beim Internationalen Währungsfond und ist der Co-Autor einer Studie zu Puerto Ricos Schuldenkrise.
"Es ist ein Dilemma für das US-Finanzministerium. Welche Art von Hilfe sollte es zur Verfügung stellen und welches Signal würde dies an andere, unter hoher Verschuldung leidende Kommunen oder Bundesstaaten senden?"
Studie empfiehlt für das Land Schuldenschnitt
Die Studie geht hart mit der Regierung von Puerto Rico ins Gericht: Lediglich 40 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung arbeite, die Sozialleistungen lägen über dem Mindestlohn und böten keinen Anreiz, reguläre Arbeit aufzunehmen. Die Autoren empfehlen ein ähnliches Programm wie für die Euro-Krisenstaaten: Arbeitsmarkt- und Strukturreformen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden, Ausgabenkürzungen und einen Schuldenschnitt.
Gouverneur Garcia Padilla erklärte, er befinde sich in Verhandlungen mit den Gläubigern, die auch Opfer bringen sollten. Das amerikanische Finanzministerium hat sich bislang noch nicht geäußert. Doch die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass am Ende auch der US-amerikanische Steuerzahler zur Kasse gebeten wird. Insofern haben Puerto Ricos und Griechenlands Zahlungskrisen am Ende doch einiges gemeinsam.