Punks auf Sylt
Die Grenzen der Gastfreundschaft: Auf Sylt sind seit dem Pfingstwochenende vermehrt Punks, was die Inselbewohner nicht gerade freut. © picture alliance / Eibner-Pressefoto / Katarzyna Eiting
Der Soundtrack zum 9-Euro-Ausflug
08:15 Minuten
Eine Insel hat es dem deutschen Punk gerade besonders angetan: Sylt. Mit dem 9-Euro-Ticket wird der Traum vom Ausflug zur Nordsee wahr. Auch einen Song gibt es dazu: "Sylt wir kommen" von Menschabstinenz. Die Sylter reagieren derweil mit Zäunen und Beton.
Neun Euro reichen derzeit aus, um nach Sylt zu kommen. Also an den Ort, der als Urlaubsdomizil der Gutbetuchten gilt. Kurz vor der Einführung des 9-Euro-Tickets macht der Aufruf, kollektiv auf die Nordseeinsel zu fahren, in den sozialen Medien die Runde. Dazu gab es auch den passenden Song von Menschabstinenz: „Sylt wir kommen“.
Die neuen Besucher sind nicht willkommen
Das Lied ist Punk. Ob es nun dafür gesorgt hat, dass es auf der Insel plötzlich jede Menge Punks gibt, ist nicht nachgewiesen. Doch das spielt auch keine Rolle, denn die Punks sind nun mal da. Auf Sylt zeigt man sich von den neuen Besuchern wenig begeistert. Die Gemeinde reagiert mit Bauzäunen und sogar mit Beton, mit dem ein Durchgang zugestellt wurde.
Der Schöpfer des Liedes „Sylt wir kommen“, Matthias Seeba-Gomille aka Matzilla Kong aka Menschabstinenz, kann die Sylter „total verstehen“. Denn denen gehe es wie allen anderen Menschen, in deren Refugium jemand eindringe. „Es sollte jedem klar sein, wenn sich da wer gestört fühlt, dann gefällt dem das nicht.“
Ein Song nimmt das Chaos vorweg
Ihm sei es bei seinem Lied nicht darum gegangen, Angst und Schrecken zu verbreiten, unterstreicht Seeba-Gomille. Denn zum einen könne er gar keine andere Musik als Punk machen. „Ich bin ein total unmusikalischer Mensch. Ich mache billigsten Punk-Rock mit billigsten Mitteln“, so der Musiker.
Zum anderen beschreibe der Song nur das, was von Medien beschrieben werde, nämlich eine überforderte Polizei und Inselbewohner, die sich beschweren: „Für die Sylter ist das Chaos“. Der Song sei somit eine Vorhersage gewesen, „ohne dazu aktiv etwas beizutragen“.
Dass nun mit Beton gegen die Punker vorgegangen wird, ist nicht ohne Ironie. Denn zwischen der Subkultur und dem Baustoff gibt es eine lange, zuweilen auch musikalisch bekräftigte Verbindung. Trotzdem, so Seeba-Gomilla, stehe für ihn Beton für Kontrolle, Abgrenzung und Menschenfeindlichkeit.
Die Küste reicht eigentlich für alle
Auf Sylt sollten nun "gerade die durch Beton und Bauzäune abgeschottet werden, die sich sonst mit Beton, Bauzäunen und Straßen gut auskennen. Sprich: Punks und Obdachlose.“
Dahinter stehe ein anderes Thema, meint der Musiker: „Dem einen ist viel gegeben, dem anderen ist wenig gegeben.“ Es handele sich somit um ein Sinnbild für den Umgang mit Ressourcen. So gebe es in Deutschland 1585 Kilometer Küste, die für 83 Millionen Bewohner reichten. „Dann meint eine besserverdienende Klientel, sich eine ganze Insel einheimsen zu können.“
Das sei eine Ungerechtigkeit, unterstreicht der Punkrocker. Denn die Ausgaben Sylts – etwa für die Strandpflege – würden nicht durch die eigenen Einnahmen gedeckt. Somit würden dafür alle Steuerzahler aufkommen. „Da zahlen viele – auch der kleine Punk, der sich ein Brötchen oder ein Bier kauft. Da zahlen im Endeffekt alle für etwas, was nur wenige nutzen.“
(rzr)