Putins imperiales Geschichtsbild

Das Denken eines "politischen Vergewaltigers"

08:17 Minuten
Der russische Präsident Wladimir Putin im Porträt
Hegemoniale Rhetorik: Der russische Präsident Wladimir Putin stehe für einen "imperialen russozentrischen Kulturalismus", sagt der Historiker Wilfried Jilge. © imago / ZUMA Wire / Sergey Guneev / Kremlin Pool
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Der russische Präsident Putin behauptet, die Ukraine sei kein richtiger Staat. Das sei unsinnig und "brandgefährlich", sagt der Historiker Wilfried Jilge - und zieht Parallelen zu deutschen völkischen Denkern in der Weimarer Republik.
Wladimir Putin spricht der Ukraine das Existenzrecht ab: Er behauptet, die Ukrainer seien historisch Teil der russischen Welt. Deswegen müssen nun - laut Putin - Friedenstruppen der russischen Minderheit in der Ostukraine zu Hilfe eilen. In seiner Rede, in der er die so genannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk anerkannte, begründete er so den Marschbefehl.

Historisch "großer Käse", politisch brisant

"Historisch ist das großer Käse, was Putin da zusammenbastelt, aber politisch ist es enorm brisant", sagt der Osteuropahistoriker Wilfried Jilge. Putin ersetze das Völkerrecht und die Selbstbestimmung der Ukraine durch seine eigenen, "politisch motivierten Geschichtsbilder". Neu seien diese "Elaborate" nicht; Putin wiederhole sie seit 2014. Der Präsident leite daraus die Legitimation zum Handeln ab.

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Zur sogenannten "Landsleute-Politik" Putins sieht Jilge Parallelen in der Geschichte: So hätten beispielsweise völkische Denker in Deutschland zuzeiten der Weimarer Republik behauptet, die Tschechoslowakei sei ein "Kunststaat". Dieser hatte in ihren Augen kein Recht auf Existenz - Deutschland aber das Recht, die dortigen Deutschstämmigen zu schützen.

Mehrheit der Ukrainer stimmte für Unabhängigkeit

Putin führe zwar keine "rassischen Argumente" an, ziele aber auf einen "imperialen russozentrischen Kulturalismus", betont der Historiker. Das sei "brandgefährlich". Der russische Präsident nenne die Ukraine "meine Schöne" - das sei die "Sprache eines politischen Vergewaltigers", sagt Jilge.
"1991 hat die Mehrheit der Ukrainer, auch auf der Krim, eindeutig für die Unabhängigkeit der Ukraine gestimmt", so Jilge. Das gelte ungeachtet dessen, welche Geschichte die Krim habe. Im Jahr 2014 habe es auf der Halbinsel – anders als von Russland behauptet – "keine separatistische Mehrheit" und auch keine "Faschisten" gegeben. Die russischen Truppen kamen trotzdem.
(bth)
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