Putzfrauen global
Deutsche Wohnungen werden oft von Polinnen oder Russinnen sauber gemacht. In Polen versehen viele Ukrainerinnen den Job, während in Russland gern die eigenen Landsleute angestellt werden - zumeist nach dem Motto "Brutto gleich Netto".
Jürgen König: Wo Menschen sind, fällt Dreck an. Aufgeräumt, weggefegt, weggewischt wird er von Putzfrauen und Putzmännern. Deutsche Wohnungen werden oft von Polinnen oder Russinnen sauber gemacht, dabei sind ordentliche Beschäftigungsverhältnisse, bei denen also Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden, eher selten, die Mehrheit arbeitet schwarz. Wie ist das in anderen Ländern, zum Beispiel in den Ländern, aus denen die in Deutschland putzenden Frauen stammen? Wir haben uns zu einer Art sagen wir Sozialstichprobe mit einigen Korrespondenten verabredet. In Warschau begrüße ich Ludger Kazmierczak. Herr Kazmierczak, woher holen sich die wohlhabenden Polen ihr Personal? Auch bei einem östlichen Nachbarn, vielleicht in der Ukraine?
Ludger Kazmierczak: Genau, sie machen es so wie die Deutschen, sie holen das Personal aus dem Osten. Das sind wirklich die Ukrainerinnen vor allem, die hier die aufgerissenen Lücken in Polen füllen. Im vergangenen Jahr waren hier in Polen laut einer Statistik zwar nur 5000 Frauen aus der Ukraine als Putzhilfen und Haushaltshilfen registriert, das sind aber wirklich nur die offiziell Gemeldeten. Die meisten arbeiten hier, so wie Sie es auch gerade in Deutschland beschrieben haben, BAT, also bar auf Tatze oder anders gesagt: schwarz. Und so geht es hier sicherlich insgesamt um mehrere 10.000 Jobs allein in polnischen Haushalten.
König: Die Ukrainerinnen sind billiger als Polinnen?
Kazmierczak: Ja, aber vor allen Dingen geht es darum, dass die Polinnen den Job nicht machen wollen, und die, die ihn machen, machen ihn lieber in Deutschland, weil dort natürlich noch besser bezahlt wird. Also wenn wir hier über Summen reden für diese Arbeitskräfte, dann wird man in Deutschland schlucken: Durchschnittlich verdient hier eine Putzfrau etwa 2,50 Euro bis 3 Euro, wenn sie Glück hat und an eine gut betuchte ausländische Familie gerät, dann können es auch mal sechs oder sieben Euro sein. Aber das ist für die Ukrainerinnen sehr lukrativ und das Problem für sie im eigenen Land ist, dass sie kaum Jobs finden. Denn, das glaubt man kaum, das sind nicht irgendwelche nicht ausgebildete Frauen, das sind oftmals Akademikerinnen, Lehrerinnen, die einfach keinen Job finden in ihrer Heimat, und sie machen das, um ihre Familien, um ihre Kinder zu ernähren. Und deshalb nehmen sie diese Jobs an, die eigentlich unter ihrem Niveau sind.
König: Unter welchen Bedingungen leben die Ukrainerinnen in Polen und wie sind sie gesellschaftlich angesehen?
Kazmierczak: Eigentlich unter guten Bedingungen. Ich habe es ja gerade gesagt, das sind gut ausgebildete Frauen, das sind clevere, junge Frauen vor allem, die sich gut organisieren. Oftmals ist das ein richtiges Familienmanagement. Also es ist ja so, dass die Ukraine nicht mehr in der EU liegt, hierzwischen liegt also Schengen, das heißt, die können nicht unbefristet hier arbeiten, sie brauchen ein Visum, das gilt nur für sechs Monate, arbeiten darf man dann in Polen nur drei Monate, und oft gibt es dann in der Familie so eine Rotation: Also man mietet sich hier eine kleine Wohnung vielleicht für ein, zwei oder drei Jahre und dann kommt die Schwester nach, dann kommt die Cousine nach und so bleibt diese Wohnung immer in Familienhänden, aber es wird dafür gesorgt, dass diese Arbeitszeit nicht überschritten wird.
König: Aber wir reden hier von Schwarzarbeit?
Kazmierczak: In der Regel reden wir von Schwarzarbeit.
König: Ludger Kazmierczak aus Warschau, vielen Dank! Unser Russlandkorrespondent ist Robert Baag. Herr Baag, in Deutschland beschäftigt schon die Mittelschicht gerne Hauspersonal. Ist die russische Mittelschicht auch schon soweit?
Robert Baag: Ja die ist soweit und sie beschäftigt auch in erster Linie die eigenen Landsleute. Allerdings ist es so, dass zunehmend auch gerne Ukrainerinnen, Moldawierinnen beschäftigt werden, denn die sind ein wenig billiger. Und in den Augen vieler Russinnen und russischer Haushaltsvorstände sind die Frauen aus diesen ehemaligen Sowjetrepubliken ... Erstens kann man sich mit ihnen gut unterhalten, weil sie durchgängig alle Russisch sprechen, das heißt es gibt keine Sprachprobleme, von der Mentalität her ist man sich auch ziemlich ähnlich, und sie sind offensichtlich weniger anspruchsvoll und machen es ab und an dann wohl auch billiger als die eigenen Landsleute.
König: Welche Löhne werden denn da so gezahlt?
Baag: Das kommt ganz drauf an. Das staffelt sich ein bisschen, ob das nun in einem russischen Haushalt ist oder beispielsweise einem Ausländerhaushalt. Aber man kann, denke ich, von einem Durchschnittslohn ausgehen, der pro Arbeitstag so umgerechnet um die 40 Euro beträgt.
König: Sind das meistenteils illegale Beschäftigungsverhältnisse oder ordentliche, wie man so sagt, mit Steuern und Sozialabgaben?
Baag: Da würden die meisten russischen Befragten an dieser Stelle herzlich lachen, denn sie sagen, was heißt hier illegal und was heißt hier legal? Wir haben in der ehemaligen Sowjetunion sowohl in Russland als auch in den ganzen anderen ehemaligen Sowjetrepubliken im Prinzip immer noch das traditionelle Verhältnis, dass Brutto gleich Netto ist, vor allem was diese Beschäftigungsverhältnisse angeht. Denn der russische Staat ist, lassen Sie es mich vielleicht so formulieren, ein wenig selber daran schuld, weil er einfach diese Anmeldeprozeduren, bürokratischen Schwierigkeiten und Hindernisse um Pfennigbeträge oder Eurocentbeträge umgerechnet so aufwendig gestaltet, dass sich alle Beteiligten eigentlich augenzwinkernd der gegenseitigen Wertschätzung versichern und dann wie gesagt Brutto gleich Netto bezahlen.
König: Und am Ende, wie fair ist der Umgang derer, die putzen lassen, mit denen, die putzen? Was ist das für ein Miteinander?
Baag: Wissen Sie, ich glaube, das ist weniger eine mentale und nationale Angelegenheit, das ist wohl eher, wie die Menschen ja als Individuen selber daherkommen. Es gibt wie in jedem Land, auch hier, Arrogante, es gibt nette Arbeitgeber, es gibt Leute, die ihre Bediensteten im Wortsinne als Bedienstete, teils als Domestiken betrachten, sie entsprechend schlecht behandeln. Aber das Selbstbewusstsein vieler landläufig Putzfrauen genannten Frauen aus diesen Republiken oder auch aus Russland selber ist mittlerweile dann doch schon relativ groß und man lässt sich nicht alles gefallen. Wobei natürlich Moldawierinnen, Weißrussinnen, Ukrainerinnen schon ein bisschen abhängiger sind von der jeweiligen Arbeitgeberin als beispielsweise Russinnen.
König: Vielen Dank, Robert Baag in Moskau! Putzfrauen global, Deutschlandradio Kultur mit einer Sozialstichprobe.
Ludger Kazmierczak: Genau, sie machen es so wie die Deutschen, sie holen das Personal aus dem Osten. Das sind wirklich die Ukrainerinnen vor allem, die hier die aufgerissenen Lücken in Polen füllen. Im vergangenen Jahr waren hier in Polen laut einer Statistik zwar nur 5000 Frauen aus der Ukraine als Putzhilfen und Haushaltshilfen registriert, das sind aber wirklich nur die offiziell Gemeldeten. Die meisten arbeiten hier, so wie Sie es auch gerade in Deutschland beschrieben haben, BAT, also bar auf Tatze oder anders gesagt: schwarz. Und so geht es hier sicherlich insgesamt um mehrere 10.000 Jobs allein in polnischen Haushalten.
König: Die Ukrainerinnen sind billiger als Polinnen?
Kazmierczak: Ja, aber vor allen Dingen geht es darum, dass die Polinnen den Job nicht machen wollen, und die, die ihn machen, machen ihn lieber in Deutschland, weil dort natürlich noch besser bezahlt wird. Also wenn wir hier über Summen reden für diese Arbeitskräfte, dann wird man in Deutschland schlucken: Durchschnittlich verdient hier eine Putzfrau etwa 2,50 Euro bis 3 Euro, wenn sie Glück hat und an eine gut betuchte ausländische Familie gerät, dann können es auch mal sechs oder sieben Euro sein. Aber das ist für die Ukrainerinnen sehr lukrativ und das Problem für sie im eigenen Land ist, dass sie kaum Jobs finden. Denn, das glaubt man kaum, das sind nicht irgendwelche nicht ausgebildete Frauen, das sind oftmals Akademikerinnen, Lehrerinnen, die einfach keinen Job finden in ihrer Heimat, und sie machen das, um ihre Familien, um ihre Kinder zu ernähren. Und deshalb nehmen sie diese Jobs an, die eigentlich unter ihrem Niveau sind.
König: Unter welchen Bedingungen leben die Ukrainerinnen in Polen und wie sind sie gesellschaftlich angesehen?
Kazmierczak: Eigentlich unter guten Bedingungen. Ich habe es ja gerade gesagt, das sind gut ausgebildete Frauen, das sind clevere, junge Frauen vor allem, die sich gut organisieren. Oftmals ist das ein richtiges Familienmanagement. Also es ist ja so, dass die Ukraine nicht mehr in der EU liegt, hierzwischen liegt also Schengen, das heißt, die können nicht unbefristet hier arbeiten, sie brauchen ein Visum, das gilt nur für sechs Monate, arbeiten darf man dann in Polen nur drei Monate, und oft gibt es dann in der Familie so eine Rotation: Also man mietet sich hier eine kleine Wohnung vielleicht für ein, zwei oder drei Jahre und dann kommt die Schwester nach, dann kommt die Cousine nach und so bleibt diese Wohnung immer in Familienhänden, aber es wird dafür gesorgt, dass diese Arbeitszeit nicht überschritten wird.
König: Aber wir reden hier von Schwarzarbeit?
Kazmierczak: In der Regel reden wir von Schwarzarbeit.
König: Ludger Kazmierczak aus Warschau, vielen Dank! Unser Russlandkorrespondent ist Robert Baag. Herr Baag, in Deutschland beschäftigt schon die Mittelschicht gerne Hauspersonal. Ist die russische Mittelschicht auch schon soweit?
Robert Baag: Ja die ist soweit und sie beschäftigt auch in erster Linie die eigenen Landsleute. Allerdings ist es so, dass zunehmend auch gerne Ukrainerinnen, Moldawierinnen beschäftigt werden, denn die sind ein wenig billiger. Und in den Augen vieler Russinnen und russischer Haushaltsvorstände sind die Frauen aus diesen ehemaligen Sowjetrepubliken ... Erstens kann man sich mit ihnen gut unterhalten, weil sie durchgängig alle Russisch sprechen, das heißt es gibt keine Sprachprobleme, von der Mentalität her ist man sich auch ziemlich ähnlich, und sie sind offensichtlich weniger anspruchsvoll und machen es ab und an dann wohl auch billiger als die eigenen Landsleute.
König: Welche Löhne werden denn da so gezahlt?
Baag: Das kommt ganz drauf an. Das staffelt sich ein bisschen, ob das nun in einem russischen Haushalt ist oder beispielsweise einem Ausländerhaushalt. Aber man kann, denke ich, von einem Durchschnittslohn ausgehen, der pro Arbeitstag so umgerechnet um die 40 Euro beträgt.
König: Sind das meistenteils illegale Beschäftigungsverhältnisse oder ordentliche, wie man so sagt, mit Steuern und Sozialabgaben?
Baag: Da würden die meisten russischen Befragten an dieser Stelle herzlich lachen, denn sie sagen, was heißt hier illegal und was heißt hier legal? Wir haben in der ehemaligen Sowjetunion sowohl in Russland als auch in den ganzen anderen ehemaligen Sowjetrepubliken im Prinzip immer noch das traditionelle Verhältnis, dass Brutto gleich Netto ist, vor allem was diese Beschäftigungsverhältnisse angeht. Denn der russische Staat ist, lassen Sie es mich vielleicht so formulieren, ein wenig selber daran schuld, weil er einfach diese Anmeldeprozeduren, bürokratischen Schwierigkeiten und Hindernisse um Pfennigbeträge oder Eurocentbeträge umgerechnet so aufwendig gestaltet, dass sich alle Beteiligten eigentlich augenzwinkernd der gegenseitigen Wertschätzung versichern und dann wie gesagt Brutto gleich Netto bezahlen.
König: Und am Ende, wie fair ist der Umgang derer, die putzen lassen, mit denen, die putzen? Was ist das für ein Miteinander?
Baag: Wissen Sie, ich glaube, das ist weniger eine mentale und nationale Angelegenheit, das ist wohl eher, wie die Menschen ja als Individuen selber daherkommen. Es gibt wie in jedem Land, auch hier, Arrogante, es gibt nette Arbeitgeber, es gibt Leute, die ihre Bediensteten im Wortsinne als Bedienstete, teils als Domestiken betrachten, sie entsprechend schlecht behandeln. Aber das Selbstbewusstsein vieler landläufig Putzfrauen genannten Frauen aus diesen Republiken oder auch aus Russland selber ist mittlerweile dann doch schon relativ groß und man lässt sich nicht alles gefallen. Wobei natürlich Moldawierinnen, Weißrussinnen, Ukrainerinnen schon ein bisschen abhängiger sind von der jeweiligen Arbeitgeberin als beispielsweise Russinnen.
König: Vielen Dank, Robert Baag in Moskau! Putzfrauen global, Deutschlandradio Kultur mit einer Sozialstichprobe.