Qimonda macht dicht
Der Aufbau der sächsischen Chipindustrie ab Mitte der 90er-Jahre war eine Erfolgsgeschichte im Aufbau Ost. Doch nun droht der Traum vom "Silicon Saxony" zu platzen. Die Pleite des Chipherstellers Qimonda stürzt eine ganze Branche in die Krise.
Fünf Tage sind vergangen seit der Hiobsbotschaft. Fünf lange Tage des Wartens auf den Insolvenzverwalter sind verstrichen. An diesem Dienstag soll er bei Qimonda in Dresden sein neues Amt antreten und retten, was zu retten ist. Nach dem Schock auf die Nachricht von der Pleite heißt es nun abwarten was passiert. Enttäuscht sind die Betriebsräte:
"Immer wieder gehofft, es geht weiter, …
Sehr enttäuscht, ... für viele ist das ein schwerer Schlag, ,…"
Die sächsische Staatsregierung will nun retten, was zu retten ist. Ministerpräsident Stanislaw Tillich:
"Qimonda ist ja nicht heute atomisiert worden, also das heißt, wir haben ja noch, das wiederhole ich noch einmal, die zweite Chance, mit dem Insolvenzverwalter dies jetzt zu nutzen und daraus letztendlich ein Unternehmen zu machen, was dann wieder die Wettbewerbsfähigkeit erreicht."
Die Staatsregierung macht gleich mehrere Gründe für das Scheitern der wochenlangen Rettungsbemühungen verantwortlich. Zum einen den drastischen Preisverfall auf dem Weltmarkt für Speicherchips, der sich auch in den letzten Wochen fortgesetzt hat. Zum anderen fühlt sich allein gelassen von Europa. Brüssel würdige die immense Bedeutung des Standortes Dresden für diese wichtige Schlüsseltechnologie nicht genügend, ist aus regierungsnahen Kreisen zu hören. Das äußere sich in den engen Restriktionen der europäischen Förderrichtlinien, die es eben nicht zulassen, die einem mörderischen Wettbewerb ausgesetzte, anfällige Chipindustrie so zu unterstützen, wie dies in Asien oder den USA üblich ist und praktiziert wird. Mit Milliarden-Subventionen nämlich.
Die Gewerkschaft indessen macht neben der Marktlage Managementfehler verantwortlich für das Ende von Qimonda. Michael Leppelt von der IG-Metall:
"Schon das Ausgliedern war ein Fehler ,… monatelang nach einem Partner gesucht, den hat man nicht gefunden."
Doch schon im Dezember hatte sich gezeigt, dass auch der Mutterkonzern Infineon nur sehr begrenzt bereit war, seinem Tochterunternehmen finanziell unter die Arme zu greifen. Noch eine Woche vor Weihnachten war die sächsische Staatsregierung mit ihrem ersten Rettungsversuch gescheitert, da Infineon sich nicht in der geforderten Höhe an dem Rettungspaket beteiligen wollte oder konnte. Der Freistaat hatte Qimonda zur Sicherung der Liquidität ein Betriebsmittelmittel-Darlehen in Höhe von 150 Millionen Euro angeboten, zu marktüblichen Konditionen, sowie eine Landesbürgschaft. An diesem Paket sollte sich Infineon in gleicher Höhe – mit 150 Millionen Euro beteiligen, zudem aber auch eine Bestandgarantie für den Standort Dresden abgeben. Fast postwendend lehnte Infineon ab, Sachsen hielt sein Angebot aufrecht.
Kurz darauf kam eine weitere Hilfsofferte über 100 Millionen Euro aus Portugal hinzu, ebenfalls einem Qimonda-Standort. Somit hätten 325 Millionen Euro zur Rettung des Chipherstellers zur Verfügung gestanden. Hochkarätig besetzte Verhandlungsdelegationen aus dem Bund, Sachsen, Bayern, den beteiligten Banken sowie Infineon und Qimonda saßen seitdem an einem Tisch, um über das Kleingedruckte im Darlehensvertrag zu verhandeln. Doch dann wurde letzte Woche ein neues Millionenloch bekannt. Das Unternehmen teilte mit, insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Euro zu benötigen um zu überleben. Das war das Aus am Verhandlungstisch. Von verlorenem Vertrauen war die Rede in Verhandlungskreisen.
Und Sachsens Wirtschaftsminister, Thomas Jurk, SPD, teilte mit, er bedaure zutiefst, dass es Qimonda nicht geschafft habe, "eine geschlossenen Finanzierung auf die Beine zu stellen".
Die bittere Nachricht erreichte die sächsische Staatsregierung am frühen Freitagmorgen, so um acht. Danach die Schockstarre. Der Landtag debattierte unverdrossen die Auswirkungen des vom Bund geplanten Konjunkturpakets auf den Haushalt und die Entwicklung des Landes. Bis zur offiziellen Stellungnahme aus dem Ministerium sollten Stunden vergehen. Erst gegen 13 Uhr gab es eine Pressekonferenz mit einem sichtlich angespannten Wirtschaftsminister Thomas Jurk, SPD:
"Wir haben ja vor wenigen Stunden die bittere Nachricht erhalten, dass der Speicherchip-Hersteller Qimonda beim Amtsgericht in München Insolvenz beantragen musste."
Schon seit Donnerstag wissen alle Beteiligten, dass sich im Businessplan für Qimonda ein weiteres Millionenloch aufgetan hat. Konzernmutter Infineon hatte mitgeteilt, dass über die bereits in Verhandlung stehenden 325 Millionen Euro zusätzliche 300 Millionen zur Stabilisierung und Rettung der Tochter gebraucht werden.
Als Ursache dafür wird die anhaltend negative Preisentwicklung auf dem Chip-Weltmarkt ins Feld geführt. Der Wirtschaftsminister:
"Es ist bitter mit anzusehen, wie Halbleiterchips momentan verramscht werden, hier stecken Millionen in Forschung und Entwicklung, und ich bedaure ausdrücklich, dass es der Politik, der großen Politik nicht gelungen ist, dort die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass wir einen fairen Wettbewerb haben und am Ende auch faire Preise haben."
Die Mitarbeiter der Qimonda erfahren indessen – zumindest in Dresden – nichts Offizielles von der Geschäftsleitung zur Pleite ihres Unternehmens.
Wie es drinnen in der einst so stolzen und innovativen Firma an diesem grauen Morgen aussieht, lässt sich nur vermuten, draußen auf dem Parkplatz lässt sich am späten Vormittag kaum jemand sehen: Zwei junge Männer halten an, auf dem Weg zu ihrem Wagen:
"Schock – Wut - Ärger – nicht wissen, wie es weitergeht, …"
Erst am frühen Nachmittag geht Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich vor die Presse. Auch er zeigt deutlich seine Enttäuschung, darüber, allein gelassen worden zu sein:
"Also wir haben ja in der Vergangenheit sehr oft deutlich gemacht, dass die Antworten, die wir sowohl aus Brüssel wie aus Berlin bekommen haben, was die Bedeutung der Technologie für den Standort Deutschland und Europa anbetrifft, also mehr - wie man so schön sagt – Zuspruch erwartet haben, bzw. auch dann ganz konkret im Bereich des Wettbewerbsrechtes ja immer wieder eingefordert haben, dass wir hier ja Wettbewerb weltweit betrachten müssen und dass es sich nicht um einen innereuropäischen Wettbewerb handelt und deswegen hätte ich hier natürlich auch mehr Handlungsspielräume erwartet."
Offenkundig weiß keiner so recht, wie es nun weitergeht am Standort Dresden mit der Halbleiterindustrie. Die Folgen der Pleite von Qimonda sind nicht absehbar. Sachsens Wissenschaftsministerin, Eva-Maria Stange, SPD, stellt fest:
"Ich denke, Silicon Saxony bleibt bestehen, das ist nicht das Problem, es muss uns gelingen, den Technologiekern zu retten und es muss uns gelingen, die Forschungseinrichtungen, die unmittelbar mit Qimonda zusammengearbeitet haben, zu stabilisieren. Also das ist auf alle Fälle das Zentrum für Nanotechnologie das CNT und das ist auf der anderen Seite die gemeinsame Forschungsstätte mit der Universität Dresden, das Nam-Lab, das ja ein Public Private Partnership ist und dort ist Qimonda unmittelbar beteiligt."
Die Staatsregierung will nun schnellstmöglich mit dem Insolvenzverwalter ins Gespräch kommen, um auszuloten, ob und wenn ja, zu welchen Konditionen sich Teile von Qimonda noch retten lassen. Regierungsnahe Kreise schätzen, dass die Pleite von Qimonda, das am Dresdner Standort bislang 3000 Mitarbeiter hatte, insgesamt 8000 bis 10.000 Arbeitsplätze in Dresden kosten wird. Wer jetzt die Arbeit verliert wird es schwer haben, neue zu finden, das wissen die Beschäftigten seit vielen Wochen.
Schon seit Monaten gärt es in der Dresdner Belegschaft von Qimonda. Die Unsicherheit ist groß, noch größer die Gewissheit, dass es nicht gut steht um das Werk. Die Gewerkschaft organisiert Mahnwachen, bis in den November hinein, die jedoch nicht sonderlich gut besucht sind:
"Meine Meinung ist die: Wenn überall und überall solche Fabriken aufgebaut werden, also dann wird man die Produktion, so einen Überschuss, wer soll denn das verkaufen? Ne wer soll denn das alles verkaufen? Überproduktion ist da!"
Die Lage ist ernst, ganz besonders seit November, als die dramatischen Geldnöte von Qimonda, des größten Chipherstellers in Dresden – öffentlich wurden. Schon im März 2008 sah sich der Dresdner Qimonda-Chef Wolfgang Schmid in schwerem Wetter auf dem globalen Markt für Speicherchips:
"Da gibt es halt Phasen, die halt besser laufen und welche die nicht so gut laufen, das heißt durch Überkapazitäten am Weltmarkt ist der Preisdruck immens gewesen im letzten Jahr."
Der mörderische Preiskampf auf dem Weltmarkt für Speicherchips geht nun schon in das dritte Jahr und der Leuchtturm Qimonda hat schwere Verluste zu verkraften. Allein in den ersten drei Quartalen des Jahres 2008 waren es mehr als 1,4 Milliarden Euro. Qimonda wankt und mit ihm der letzte bedeutende Standort für Mikroelektronik in Europa: "Silicon Saxony" in Dresden.
Thomas Jurk: "Mikroelektronik in Sachsen heißt mittlerweile 1200 Unternehmen, 44.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das bei einem Umsatz von rund sechs Milliarden Euro, das entspricht übrigens einem Umsatzanteil von mehr zwölf Prozent am verarbeitenden Gewerbe in Sachsen. Und das Gesamtinvestitionsvolumen der Chipindustrie in Dresden beläuft sich seit Beginn der 90er-Jahre bis heute auf insgesamt deutlich mehr als zwölf Milliarden Euro. Und diese Investitionen wollen wir nicht aufs Spiel setzen."
Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk, SPD, wird seit Wochen nicht müde immer wieder zu betonen, wie wichtig die strategische Bedeutung der einst gefeierten und hochsubventionierten Chipindustrie in Sachsen ist. So auch heute am Tag eins der Pleite von Qimonda:
"Nach wie vor ist der Mikroelektronik Standort Sachsen insbesondere Silicon Saxony ein Standort von europäischer Bedeutung und wir wollen alles tun, dass das auch in Zukunft so bleibt, in einem sehr schwierigen Marktumfeld."
Der Aufbau des sächsischen "Silicon Saxony" ab Mitte der 90er-Jahre war eine Riesen-Erfolgsgeschichte im Aufbau Ost. Mit Milliarden-Subventionen entstanden nagelneue Werke und Forschungseinrichtungen in der Dresdner Heide und am Flughafen. Der Chip-Boom schien nicht abzuebben. Die Politik sonnte sich im schönen Schein der schier unerschöpflichen Markt- und Entwicklungsmöglichkeiten. Ein Traum war wahr geworden, ein Wagnis hatte sich gelohnt, und das, obwohl die DDR-Staatsführung noch 1990 die Reste der einst stolzen DDR-Mikroelektronik eigentlich für immer schließen wollte. Doch es kam anders, Sachsens ehemaliger Ministerpräsident, Georg Milbradt, langjähriger Finanzminister im Kabinett Biedenkopf, erinnert sich:
"… und wir haben dann die Reste übernommen, ohne dass Investoren da waren, oder klar war, wie es weitergeht. Aber ohne diesen Schritt, ohne die Vision, ohne diesen Mut, wäre es nicht gegangen und ich freue mich nun, nach 15 Jahren, dass unsere Vision Realität geworden ist!"
2005 war die Halbleiter-Welt noch in Ordnung, die beiden großen Hauptakteure im sächsischen Silicon Valley, Infineon und AMD wuchsen und gediehen. Neue Fabriken und ein Maskenwerk entstanden, von dem alle profitieren sollten. Dresden hatte sich an die Spitze in Europa katapultiert und galt nun als einziger europäischer Halbleiter-Standort von Bedeutung, da hier nicht nur produziert, sondern vor allem geforscht und entwickelt wurde. Doch schon damals reichten die Ressourcen der Einzelunternehmen nicht, um die überlebenswichtige und zunehmend kostenintensive Forschung allein zu finanzieren. Die klamme Finanzlage führte zur Gründung eines bislang einzigartigen Forschungsverbundes aus dem US-amerikanischen Halbleiter-Konzern Advanced Micro Devices, kurz AMD, dem deutschen Speicherchip-Hersteller Qimonda und der Fraunhofer-Gesellschaft. Ein gemeinsames Zentrum für Nanoelektronische Technologien – kurz CNT - nahm seine Arbeit auf. Das Motto: "Innovation durch Kooperation". Das Ziel: schnelle und fertigungsnahe Lösungsansätze zu entwickeln, die vor Ort in der Fertigung umgesetzt werden konnten. In diesem Verbund nahm Qimonda eine herausragende Rolle ein, wie Prof. Peter Kücher, Leiter des Dresdener CNT betont:
"Ja, Qimonda ist der einzige Hochvolumen-Speicher also D-Ram-Hersteller in Europa und insofern hat Qimonda eine Bedeutung weit über Dresden die Bundesrepublik und Europa hinaus. Im globalen Wettbewerb ist es einer der fünf großen Speicherhersteller."
Die Insolvenz von Qimonda hat somit Folgen auch für das gemeinsame Forschungszentrum CNT in Dresden, dem damit ein wichtiger Entwicklungspartner abhanden kommt. CNT-Chef Peter Kücher:
"Also ich würde sagen, es ist sicherlich ein wesentlicher Einschnitt für Silicon Saxony, weil es ja, ich sage mal, einer der Gründerväter sozusagen war, Siemens und Infineon, also Qimonda hier, in Dresden, auch einer der Leuchttürme. Für die regionale Bedeutung ist das der eine Aspekt, aber es hat eben weit darüber hinaus eine Europäische Bedeutung."
Seine Sorge: Europa könnte sich aus der Hochtechnologie im Bereich für flüchtige Speicher verabschieden. Nur noch in Italien bliebe ein Produzent für Speicherchips dieser Sorte.
Dabei gilt gerade das hohe Forschungs- und Entwicklungspotenzial der in und um Dresden angesiedelten Firmen in der Halbleiterindustrie als besonders stabilisierender Faktor für das sächsische "Silicon Valley". Gerade diese Mischung war ein wichtiger Aspekt für die umfangreiche staatliche Subventionierung. Dazu Sachsens früherer Ministerpräsident Georg Milbradt im Jahr 2006:
"Wir möchten nicht gerne, dass dies ein Strohfeuer ist. Ich glaube, dass die Mikroelektronik zu einer der Kernkompetenzen des 21. Jahrhunderts gehört, und Europa kann nicht diese Technik irgendwo anders kaufen, sondern muss sie hier selber entwickeln und an der Spitze sein."
Qimonda, eine Tochter des Infineon-Konzerns war stets Spitze bei Forschung und Entwicklung. Rund 200 Millionen Euro hatte das Unternehmen pro Jahr in seine Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Dresden investiert. Hochqualifizierte Mitarbeiter tüfteln hier seit geraumer Zeit an einem neuen extrem leistungsfähigen und zugleich Stromsparenden Super-Chip. Dieser Wunder-Chip gilt als Hoffnungsträger - ja - Garant für den Fortbestand und eine lukrative Zukunft von Qimonda. Experten lobten den Technologievorsprung von 18 Monaten gegenüber der internationalen Konkurrenz. Auch der Leiter des Fraunhofer-Center für Nanoelektronische Technologien, Prof. Peter Kücher glaubt an den neuen Super-Chip:
"Das ist eine andere Architektur, wie man das so etwas bezeichnet, als in der Vergangenheit und zielt eben genau auf die Anwendung die man heute braucht, auf portable Geräte, die wenig Energie verbrauchen sollen, und da hat diese Technologie einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern, also sehr wettbewerbsfähig."
Dennoch: seit Jahresbeginn köchelte die Gerüchteküche. Viele von den hochqualifizierten Forschungs- und Entwicklungsingenieuren seien schon auf Job-Suche und säßen auf gepackten Koffern, hieß es. Derweil rang die Politik noch immer um die Rettung dieses industriellen Leuchtturms, der einst das Land mit Stolz erfüllte. Dahinter die Angst, dass mit dem Untergang eines großen Unternehmens gleich das gesamte Konstrukt des "Silicon Saxony" zerfallen könnte. Denn die Folgen dieser Pleite von Qimonda wirklich absehen, kann derzeit keiner. Auch in der Dresdner Niederlassung des IFO-Instituts für Wirtschaftsforschung ist sich Joachim Ragnitz nicht ganz schlüssig. Man müsse sehr genau hinschauen, welchen Effekt eine Pleite eines Halbleiter-Giganten national und international haben könnte, sagt der Wirtschaftsforscher:
"Die Versorgung mit Chips ist dadurch nicht gefährdet, die bekommt man auch woanders her. Und das bedeutet letzten Endes ist es eine politische Entscheidung, ob man sagt, man will eine europäische Halbleiterindustrie haben, wenn man sagt, man bräuchte das, dann ist das nur eine Frage des 'Was kostet das?', und man muss aufpassen, dass man sich dort nicht einem überzogenen Subventionswettlauf aussetzt."
Die Angst, dem, wie man so schön sagt "dem schlechten Geld, noch Gutes hinterher zu werfen" ist in Sachsen ebenso groß, wie die Sorge ähnliche Begehrlichkeiten bei anderen zu wecken. Schließlich hat auch die Automobilindustrie im Freistaat mit ihren knapp 70.000 Arbeitsplätzen derzeit schwere Monate durchzustehen.
Angesichts der anhaltenden Krise auf dem Chipmarkt setzen die Sachsen auf die Weiterentwicklung des Know-hows am wichtigsten Standort der Halbleiterindustrie in Europa. Bis zum Herbst 2009 soll hier ein neues Forschungszentrum der Fraunhofer-Gesellschaft entstehen. Die endgültige Entscheidung fällt Mitte Februar in der Fraunhofer-Gesellschaft selbst. Gibt sie grünes Licht, dann fließen 50 Millionen Euro in das neue "Fraunhofer-Zentrum All Silicon System Integration Dresden" – kurz ASSID - die sich mit dreidimensionalen Mikrochips beschäftigen wird. Prof. Peter Kücher:
"Das ASSID geht einen Schritt weiter und integriert mehrere unterschiedliche Chips übereinander, stapelt diese sozusagen übereinander, deshalb 3-D-Integration, und damit hat man auch die Möglichkeit unterschiedliche Funktionalität herzustellen, ohne diese spezifischen Funktionen auf einem Silizium-Chip integrieren."
Damit könnten diese Mikrochips einer ganz neuen Generation auf kleinstem Raum verschiedene Aufgaben erledigen – schneller und energieeffizienter als bisher. Eine Investition in die Zukunft also. Sie soll verhindern, dass unersetzbares Wissen in der Mikroelektronik aus Dresden in andere Regionen abwandert. Doch die Zitterpartie für Silicon Saxony mit seinen rund 44.000 Beschäftigten in der Halbleiterindustrie ist noch lange nicht vorbei.
Viele der Beschäftigten im Dresdner Qimonda-Werk werden sich wohl schon bald neue Jobs suchen müssen. Die Erfahrungen jener 1000 Mitarbeiter, die seit Oktober die ohnehin schon ihre Kündigung in der Tasche hatten, sind ernüchternd:
"Eine Erfahrung ist, dass rund um Dresden das Job-technisch ganz schlecht aussieht, gerade für die Leute, die familiär gebunden sind, Es ist natürlich eine ganz schwere Zeit, ich sage mal Deutschlandweit sieht es besser aus, aber mit der Wirtschaftskrise ist es auch schwer. Ich habe noch nichts Neues, man bewirbt sich natürlich seit Monaten, aber man merkt auch, wie schwierig es ist im Moment."
"Immer wieder gehofft, es geht weiter, …
Sehr enttäuscht, ... für viele ist das ein schwerer Schlag, ,…"
Die sächsische Staatsregierung will nun retten, was zu retten ist. Ministerpräsident Stanislaw Tillich:
"Qimonda ist ja nicht heute atomisiert worden, also das heißt, wir haben ja noch, das wiederhole ich noch einmal, die zweite Chance, mit dem Insolvenzverwalter dies jetzt zu nutzen und daraus letztendlich ein Unternehmen zu machen, was dann wieder die Wettbewerbsfähigkeit erreicht."
Die Staatsregierung macht gleich mehrere Gründe für das Scheitern der wochenlangen Rettungsbemühungen verantwortlich. Zum einen den drastischen Preisverfall auf dem Weltmarkt für Speicherchips, der sich auch in den letzten Wochen fortgesetzt hat. Zum anderen fühlt sich allein gelassen von Europa. Brüssel würdige die immense Bedeutung des Standortes Dresden für diese wichtige Schlüsseltechnologie nicht genügend, ist aus regierungsnahen Kreisen zu hören. Das äußere sich in den engen Restriktionen der europäischen Förderrichtlinien, die es eben nicht zulassen, die einem mörderischen Wettbewerb ausgesetzte, anfällige Chipindustrie so zu unterstützen, wie dies in Asien oder den USA üblich ist und praktiziert wird. Mit Milliarden-Subventionen nämlich.
Die Gewerkschaft indessen macht neben der Marktlage Managementfehler verantwortlich für das Ende von Qimonda. Michael Leppelt von der IG-Metall:
"Schon das Ausgliedern war ein Fehler ,… monatelang nach einem Partner gesucht, den hat man nicht gefunden."
Doch schon im Dezember hatte sich gezeigt, dass auch der Mutterkonzern Infineon nur sehr begrenzt bereit war, seinem Tochterunternehmen finanziell unter die Arme zu greifen. Noch eine Woche vor Weihnachten war die sächsische Staatsregierung mit ihrem ersten Rettungsversuch gescheitert, da Infineon sich nicht in der geforderten Höhe an dem Rettungspaket beteiligen wollte oder konnte. Der Freistaat hatte Qimonda zur Sicherung der Liquidität ein Betriebsmittelmittel-Darlehen in Höhe von 150 Millionen Euro angeboten, zu marktüblichen Konditionen, sowie eine Landesbürgschaft. An diesem Paket sollte sich Infineon in gleicher Höhe – mit 150 Millionen Euro beteiligen, zudem aber auch eine Bestandgarantie für den Standort Dresden abgeben. Fast postwendend lehnte Infineon ab, Sachsen hielt sein Angebot aufrecht.
Kurz darauf kam eine weitere Hilfsofferte über 100 Millionen Euro aus Portugal hinzu, ebenfalls einem Qimonda-Standort. Somit hätten 325 Millionen Euro zur Rettung des Chipherstellers zur Verfügung gestanden. Hochkarätig besetzte Verhandlungsdelegationen aus dem Bund, Sachsen, Bayern, den beteiligten Banken sowie Infineon und Qimonda saßen seitdem an einem Tisch, um über das Kleingedruckte im Darlehensvertrag zu verhandeln. Doch dann wurde letzte Woche ein neues Millionenloch bekannt. Das Unternehmen teilte mit, insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Euro zu benötigen um zu überleben. Das war das Aus am Verhandlungstisch. Von verlorenem Vertrauen war die Rede in Verhandlungskreisen.
Und Sachsens Wirtschaftsminister, Thomas Jurk, SPD, teilte mit, er bedaure zutiefst, dass es Qimonda nicht geschafft habe, "eine geschlossenen Finanzierung auf die Beine zu stellen".
Die bittere Nachricht erreichte die sächsische Staatsregierung am frühen Freitagmorgen, so um acht. Danach die Schockstarre. Der Landtag debattierte unverdrossen die Auswirkungen des vom Bund geplanten Konjunkturpakets auf den Haushalt und die Entwicklung des Landes. Bis zur offiziellen Stellungnahme aus dem Ministerium sollten Stunden vergehen. Erst gegen 13 Uhr gab es eine Pressekonferenz mit einem sichtlich angespannten Wirtschaftsminister Thomas Jurk, SPD:
"Wir haben ja vor wenigen Stunden die bittere Nachricht erhalten, dass der Speicherchip-Hersteller Qimonda beim Amtsgericht in München Insolvenz beantragen musste."
Schon seit Donnerstag wissen alle Beteiligten, dass sich im Businessplan für Qimonda ein weiteres Millionenloch aufgetan hat. Konzernmutter Infineon hatte mitgeteilt, dass über die bereits in Verhandlung stehenden 325 Millionen Euro zusätzliche 300 Millionen zur Stabilisierung und Rettung der Tochter gebraucht werden.
Als Ursache dafür wird die anhaltend negative Preisentwicklung auf dem Chip-Weltmarkt ins Feld geführt. Der Wirtschaftsminister:
"Es ist bitter mit anzusehen, wie Halbleiterchips momentan verramscht werden, hier stecken Millionen in Forschung und Entwicklung, und ich bedaure ausdrücklich, dass es der Politik, der großen Politik nicht gelungen ist, dort die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass wir einen fairen Wettbewerb haben und am Ende auch faire Preise haben."
Die Mitarbeiter der Qimonda erfahren indessen – zumindest in Dresden – nichts Offizielles von der Geschäftsleitung zur Pleite ihres Unternehmens.
Wie es drinnen in der einst so stolzen und innovativen Firma an diesem grauen Morgen aussieht, lässt sich nur vermuten, draußen auf dem Parkplatz lässt sich am späten Vormittag kaum jemand sehen: Zwei junge Männer halten an, auf dem Weg zu ihrem Wagen:
"Schock – Wut - Ärger – nicht wissen, wie es weitergeht, …"
Erst am frühen Nachmittag geht Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich vor die Presse. Auch er zeigt deutlich seine Enttäuschung, darüber, allein gelassen worden zu sein:
"Also wir haben ja in der Vergangenheit sehr oft deutlich gemacht, dass die Antworten, die wir sowohl aus Brüssel wie aus Berlin bekommen haben, was die Bedeutung der Technologie für den Standort Deutschland und Europa anbetrifft, also mehr - wie man so schön sagt – Zuspruch erwartet haben, bzw. auch dann ganz konkret im Bereich des Wettbewerbsrechtes ja immer wieder eingefordert haben, dass wir hier ja Wettbewerb weltweit betrachten müssen und dass es sich nicht um einen innereuropäischen Wettbewerb handelt und deswegen hätte ich hier natürlich auch mehr Handlungsspielräume erwartet."
Offenkundig weiß keiner so recht, wie es nun weitergeht am Standort Dresden mit der Halbleiterindustrie. Die Folgen der Pleite von Qimonda sind nicht absehbar. Sachsens Wissenschaftsministerin, Eva-Maria Stange, SPD, stellt fest:
"Ich denke, Silicon Saxony bleibt bestehen, das ist nicht das Problem, es muss uns gelingen, den Technologiekern zu retten und es muss uns gelingen, die Forschungseinrichtungen, die unmittelbar mit Qimonda zusammengearbeitet haben, zu stabilisieren. Also das ist auf alle Fälle das Zentrum für Nanotechnologie das CNT und das ist auf der anderen Seite die gemeinsame Forschungsstätte mit der Universität Dresden, das Nam-Lab, das ja ein Public Private Partnership ist und dort ist Qimonda unmittelbar beteiligt."
Die Staatsregierung will nun schnellstmöglich mit dem Insolvenzverwalter ins Gespräch kommen, um auszuloten, ob und wenn ja, zu welchen Konditionen sich Teile von Qimonda noch retten lassen. Regierungsnahe Kreise schätzen, dass die Pleite von Qimonda, das am Dresdner Standort bislang 3000 Mitarbeiter hatte, insgesamt 8000 bis 10.000 Arbeitsplätze in Dresden kosten wird. Wer jetzt die Arbeit verliert wird es schwer haben, neue zu finden, das wissen die Beschäftigten seit vielen Wochen.
Schon seit Monaten gärt es in der Dresdner Belegschaft von Qimonda. Die Unsicherheit ist groß, noch größer die Gewissheit, dass es nicht gut steht um das Werk. Die Gewerkschaft organisiert Mahnwachen, bis in den November hinein, die jedoch nicht sonderlich gut besucht sind:
"Meine Meinung ist die: Wenn überall und überall solche Fabriken aufgebaut werden, also dann wird man die Produktion, so einen Überschuss, wer soll denn das verkaufen? Ne wer soll denn das alles verkaufen? Überproduktion ist da!"
Die Lage ist ernst, ganz besonders seit November, als die dramatischen Geldnöte von Qimonda, des größten Chipherstellers in Dresden – öffentlich wurden. Schon im März 2008 sah sich der Dresdner Qimonda-Chef Wolfgang Schmid in schwerem Wetter auf dem globalen Markt für Speicherchips:
"Da gibt es halt Phasen, die halt besser laufen und welche die nicht so gut laufen, das heißt durch Überkapazitäten am Weltmarkt ist der Preisdruck immens gewesen im letzten Jahr."
Der mörderische Preiskampf auf dem Weltmarkt für Speicherchips geht nun schon in das dritte Jahr und der Leuchtturm Qimonda hat schwere Verluste zu verkraften. Allein in den ersten drei Quartalen des Jahres 2008 waren es mehr als 1,4 Milliarden Euro. Qimonda wankt und mit ihm der letzte bedeutende Standort für Mikroelektronik in Europa: "Silicon Saxony" in Dresden.
Thomas Jurk: "Mikroelektronik in Sachsen heißt mittlerweile 1200 Unternehmen, 44.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das bei einem Umsatz von rund sechs Milliarden Euro, das entspricht übrigens einem Umsatzanteil von mehr zwölf Prozent am verarbeitenden Gewerbe in Sachsen. Und das Gesamtinvestitionsvolumen der Chipindustrie in Dresden beläuft sich seit Beginn der 90er-Jahre bis heute auf insgesamt deutlich mehr als zwölf Milliarden Euro. Und diese Investitionen wollen wir nicht aufs Spiel setzen."
Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk, SPD, wird seit Wochen nicht müde immer wieder zu betonen, wie wichtig die strategische Bedeutung der einst gefeierten und hochsubventionierten Chipindustrie in Sachsen ist. So auch heute am Tag eins der Pleite von Qimonda:
"Nach wie vor ist der Mikroelektronik Standort Sachsen insbesondere Silicon Saxony ein Standort von europäischer Bedeutung und wir wollen alles tun, dass das auch in Zukunft so bleibt, in einem sehr schwierigen Marktumfeld."
Der Aufbau des sächsischen "Silicon Saxony" ab Mitte der 90er-Jahre war eine Riesen-Erfolgsgeschichte im Aufbau Ost. Mit Milliarden-Subventionen entstanden nagelneue Werke und Forschungseinrichtungen in der Dresdner Heide und am Flughafen. Der Chip-Boom schien nicht abzuebben. Die Politik sonnte sich im schönen Schein der schier unerschöpflichen Markt- und Entwicklungsmöglichkeiten. Ein Traum war wahr geworden, ein Wagnis hatte sich gelohnt, und das, obwohl die DDR-Staatsführung noch 1990 die Reste der einst stolzen DDR-Mikroelektronik eigentlich für immer schließen wollte. Doch es kam anders, Sachsens ehemaliger Ministerpräsident, Georg Milbradt, langjähriger Finanzminister im Kabinett Biedenkopf, erinnert sich:
"… und wir haben dann die Reste übernommen, ohne dass Investoren da waren, oder klar war, wie es weitergeht. Aber ohne diesen Schritt, ohne die Vision, ohne diesen Mut, wäre es nicht gegangen und ich freue mich nun, nach 15 Jahren, dass unsere Vision Realität geworden ist!"
2005 war die Halbleiter-Welt noch in Ordnung, die beiden großen Hauptakteure im sächsischen Silicon Valley, Infineon und AMD wuchsen und gediehen. Neue Fabriken und ein Maskenwerk entstanden, von dem alle profitieren sollten. Dresden hatte sich an die Spitze in Europa katapultiert und galt nun als einziger europäischer Halbleiter-Standort von Bedeutung, da hier nicht nur produziert, sondern vor allem geforscht und entwickelt wurde. Doch schon damals reichten die Ressourcen der Einzelunternehmen nicht, um die überlebenswichtige und zunehmend kostenintensive Forschung allein zu finanzieren. Die klamme Finanzlage führte zur Gründung eines bislang einzigartigen Forschungsverbundes aus dem US-amerikanischen Halbleiter-Konzern Advanced Micro Devices, kurz AMD, dem deutschen Speicherchip-Hersteller Qimonda und der Fraunhofer-Gesellschaft. Ein gemeinsames Zentrum für Nanoelektronische Technologien – kurz CNT - nahm seine Arbeit auf. Das Motto: "Innovation durch Kooperation". Das Ziel: schnelle und fertigungsnahe Lösungsansätze zu entwickeln, die vor Ort in der Fertigung umgesetzt werden konnten. In diesem Verbund nahm Qimonda eine herausragende Rolle ein, wie Prof. Peter Kücher, Leiter des Dresdener CNT betont:
"Ja, Qimonda ist der einzige Hochvolumen-Speicher also D-Ram-Hersteller in Europa und insofern hat Qimonda eine Bedeutung weit über Dresden die Bundesrepublik und Europa hinaus. Im globalen Wettbewerb ist es einer der fünf großen Speicherhersteller."
Die Insolvenz von Qimonda hat somit Folgen auch für das gemeinsame Forschungszentrum CNT in Dresden, dem damit ein wichtiger Entwicklungspartner abhanden kommt. CNT-Chef Peter Kücher:
"Also ich würde sagen, es ist sicherlich ein wesentlicher Einschnitt für Silicon Saxony, weil es ja, ich sage mal, einer der Gründerväter sozusagen war, Siemens und Infineon, also Qimonda hier, in Dresden, auch einer der Leuchttürme. Für die regionale Bedeutung ist das der eine Aspekt, aber es hat eben weit darüber hinaus eine Europäische Bedeutung."
Seine Sorge: Europa könnte sich aus der Hochtechnologie im Bereich für flüchtige Speicher verabschieden. Nur noch in Italien bliebe ein Produzent für Speicherchips dieser Sorte.
Dabei gilt gerade das hohe Forschungs- und Entwicklungspotenzial der in und um Dresden angesiedelten Firmen in der Halbleiterindustrie als besonders stabilisierender Faktor für das sächsische "Silicon Valley". Gerade diese Mischung war ein wichtiger Aspekt für die umfangreiche staatliche Subventionierung. Dazu Sachsens früherer Ministerpräsident Georg Milbradt im Jahr 2006:
"Wir möchten nicht gerne, dass dies ein Strohfeuer ist. Ich glaube, dass die Mikroelektronik zu einer der Kernkompetenzen des 21. Jahrhunderts gehört, und Europa kann nicht diese Technik irgendwo anders kaufen, sondern muss sie hier selber entwickeln und an der Spitze sein."
Qimonda, eine Tochter des Infineon-Konzerns war stets Spitze bei Forschung und Entwicklung. Rund 200 Millionen Euro hatte das Unternehmen pro Jahr in seine Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Dresden investiert. Hochqualifizierte Mitarbeiter tüfteln hier seit geraumer Zeit an einem neuen extrem leistungsfähigen und zugleich Stromsparenden Super-Chip. Dieser Wunder-Chip gilt als Hoffnungsträger - ja - Garant für den Fortbestand und eine lukrative Zukunft von Qimonda. Experten lobten den Technologievorsprung von 18 Monaten gegenüber der internationalen Konkurrenz. Auch der Leiter des Fraunhofer-Center für Nanoelektronische Technologien, Prof. Peter Kücher glaubt an den neuen Super-Chip:
"Das ist eine andere Architektur, wie man das so etwas bezeichnet, als in der Vergangenheit und zielt eben genau auf die Anwendung die man heute braucht, auf portable Geräte, die wenig Energie verbrauchen sollen, und da hat diese Technologie einen Vorteil gegenüber Wettbewerbern, also sehr wettbewerbsfähig."
Dennoch: seit Jahresbeginn köchelte die Gerüchteküche. Viele von den hochqualifizierten Forschungs- und Entwicklungsingenieuren seien schon auf Job-Suche und säßen auf gepackten Koffern, hieß es. Derweil rang die Politik noch immer um die Rettung dieses industriellen Leuchtturms, der einst das Land mit Stolz erfüllte. Dahinter die Angst, dass mit dem Untergang eines großen Unternehmens gleich das gesamte Konstrukt des "Silicon Saxony" zerfallen könnte. Denn die Folgen dieser Pleite von Qimonda wirklich absehen, kann derzeit keiner. Auch in der Dresdner Niederlassung des IFO-Instituts für Wirtschaftsforschung ist sich Joachim Ragnitz nicht ganz schlüssig. Man müsse sehr genau hinschauen, welchen Effekt eine Pleite eines Halbleiter-Giganten national und international haben könnte, sagt der Wirtschaftsforscher:
"Die Versorgung mit Chips ist dadurch nicht gefährdet, die bekommt man auch woanders her. Und das bedeutet letzten Endes ist es eine politische Entscheidung, ob man sagt, man will eine europäische Halbleiterindustrie haben, wenn man sagt, man bräuchte das, dann ist das nur eine Frage des 'Was kostet das?', und man muss aufpassen, dass man sich dort nicht einem überzogenen Subventionswettlauf aussetzt."
Die Angst, dem, wie man so schön sagt "dem schlechten Geld, noch Gutes hinterher zu werfen" ist in Sachsen ebenso groß, wie die Sorge ähnliche Begehrlichkeiten bei anderen zu wecken. Schließlich hat auch die Automobilindustrie im Freistaat mit ihren knapp 70.000 Arbeitsplätzen derzeit schwere Monate durchzustehen.
Angesichts der anhaltenden Krise auf dem Chipmarkt setzen die Sachsen auf die Weiterentwicklung des Know-hows am wichtigsten Standort der Halbleiterindustrie in Europa. Bis zum Herbst 2009 soll hier ein neues Forschungszentrum der Fraunhofer-Gesellschaft entstehen. Die endgültige Entscheidung fällt Mitte Februar in der Fraunhofer-Gesellschaft selbst. Gibt sie grünes Licht, dann fließen 50 Millionen Euro in das neue "Fraunhofer-Zentrum All Silicon System Integration Dresden" – kurz ASSID - die sich mit dreidimensionalen Mikrochips beschäftigen wird. Prof. Peter Kücher:
"Das ASSID geht einen Schritt weiter und integriert mehrere unterschiedliche Chips übereinander, stapelt diese sozusagen übereinander, deshalb 3-D-Integration, und damit hat man auch die Möglichkeit unterschiedliche Funktionalität herzustellen, ohne diese spezifischen Funktionen auf einem Silizium-Chip integrieren."
Damit könnten diese Mikrochips einer ganz neuen Generation auf kleinstem Raum verschiedene Aufgaben erledigen – schneller und energieeffizienter als bisher. Eine Investition in die Zukunft also. Sie soll verhindern, dass unersetzbares Wissen in der Mikroelektronik aus Dresden in andere Regionen abwandert. Doch die Zitterpartie für Silicon Saxony mit seinen rund 44.000 Beschäftigten in der Halbleiterindustrie ist noch lange nicht vorbei.
Viele der Beschäftigten im Dresdner Qimonda-Werk werden sich wohl schon bald neue Jobs suchen müssen. Die Erfahrungen jener 1000 Mitarbeiter, die seit Oktober die ohnehin schon ihre Kündigung in der Tasche hatten, sind ernüchternd:
"Eine Erfahrung ist, dass rund um Dresden das Job-technisch ganz schlecht aussieht, gerade für die Leute, die familiär gebunden sind, Es ist natürlich eine ganz schwere Zeit, ich sage mal Deutschlandweit sieht es besser aus, aber mit der Wirtschaftskrise ist es auch schwer. Ich habe noch nichts Neues, man bewirbt sich natürlich seit Monaten, aber man merkt auch, wie schwierig es ist im Moment."