Philosophie der Begeisterung

Wenn die Welt für uns Sinn ergibt

36:41 Minuten
Abstrakte Fotografie von farbigem Puder auf schwarzem Grund
Begeisterung ergreift uns, steuern lässt sie sich nicht. Aber es lassen sich günstige Bedingungen dafür schaffen, sagt der Philosoph Christoph Quarch. © Getty Images / Pattadis Walarput
Christoph Quarch im Gespräch mit Simone Miller |
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Wenn wir im Spiel versinken, zusammen musizieren oder gemeinsame Projekte planen, dann ergreift uns manchmal die Begeisterung. Aber was ist das eigentlich genau? Warum können wir sie nicht aktiv herstellen und was sind ihre Voraussetzungen?
Wenn wir begeistert sind, dann sind wir auf einmal wie elektrisiert – bis in die Haarspitzen voller Aufregung und Leidenschaft. Auf einmal können wir über uns hinauswachsen, Leute mitreißen, Berge versetzen. Was aber passiert eigentlich genau, wenn wir begeistert sind? Was sind die Voraussetzungen dafür? Und können wir uns gezielt begeistern?

Kollektives Ergriffensein

Der Philosoph und Publizist Christoph Quarch versteht Begeisterung als „gesteigerte Lebendigkeit“, die immer auch mit einem Gefühl von Zugehörigkeit verbunden ist – sei es zu einem Naturschauspiel, einem Kunstwerk oder zu anderen Menschen, etwa, wenn wir gemeinsam in einem Spiel versinken: „Begeisterung ist immer auch kollektiv, man ist nie allein begeistert.“ Das heißt umgekehrt: „Das sicherste Verfahren, sich gegen das Ergriffensein von Begeisterung zu imprägnieren, ist sich ständig nur um sich selbst zu kümmern.“
Christoph Quarch steht an eine Backsteinmauer gelehnt und schaut gen Himmel
Um uns zu begeistern, brauchen wir Räume, in denen wir nicht funktionieren müssen, sagt Christoph Quarch.© Ulrich Mayer
Was die Begeisterung und ihr beglückendes Potenzial in Quarchs Augen ausmacht, ist eine Art „Rückbindung“ an ein sinnhaftes Ganzes, „das Gefühl in eine Weltordnung eingebettet zu sein, die in sich stimmig ist“. Damit wir diesen Zustand erreichen, brauche es Räume und Zeiten, in denen wir nicht funktionieren müssen, in denen an die Stelle der ökonomischen Rationalität unseres Alltags eine „spielerische Intelligenz“ treten könne.

Begeisterung lässt sich nicht erzwingen

Zugleich warnt Quarch eindringlich davor, Begeisterung in Mitarbeitenden forcieren zu wollen, etwa durch Animation Speaker und Begeisterungscoaches: „Wenn Menschen begreifen, dass sie künstlich begeistert worden sind, dann sind sie sofort entgeistert – und dann hat man sie für alle Zeit verloren.“
Im Sein-und-Streit-Gespräch geht Quarch außerdem darauf ein, inwiefern die antike Philosophie uns helfen kann, die Begeisterung besser zu verstehen, wodurch sich eine richtige von einer „falschen Begeisterung“ unterscheidet und wie wir eine wünschenswerte Kultur der Begeisterung in Unternehmen und dem öffentlichen Raum fördern könnten.
(ch)

Christoph Quarch: „Begeistern! Wie Unternehmen über sich hinauswachsen“
Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2021
180 Seiten, 24,95 Euro

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