Charles III.
Hat große Aufgaben vor sich: Charles III. © picture alliance / dpa / empics / Jane Barlow
Ein König auf der Suche nach seiner Agenda
06:57 Minuten
Aus Prinz Charles wurde Charles III. Wird er die Geschicke des britischen Königshauses nach dem Tod seiner Mutter in neue Bahnen lenken? Die Historikerin Karina Urbach sieht in der Modernisierung der Monarchie ein schwieriges Vabanquespiel.
Die Königin ist tot, es lebe der König. Prinz Charles ist jetzt Charles III. Jahrzehntelang stand er im Schatten seiner Mutter, führte de facto ein Leben im Wartestand. Nach dem Tod von Queen Elizabeth II. nimmt er nun die Aufgabe an, für die er seit seiner Geburt bestimmt ist, und das in einem Alter, in dem andere üblicherweise längst in Rente sind.
Nie zuvor in der Geschichte der britischen Monarchie trug ein Mitglied der königlichen Familie so lange den Titel des Thronfolgers wie Charles, der drei Jahre alt war, als seine Mutter den Thron bestieg.
Angesichts der Langlebigkeit von Queen Elizabeth II. spekulierten Beobachter zwischenzeitlich sogar, dass die Geschichte ganz an ihrem 73 Jahre alten Sohn Charles Philip Arthur George Windsor vorüberziehen und der Thron direkt an dessen ältesten Sohn Prinz William übergehen könnte.
Für die Briten ist er ein Exzentriker
Von vielen Briten wird Charles als Exzentriker gesehen - unter anderem machte er Schlagzeilen mit dem Geständnis, mit seinen Pflanzen zu reden. Schon bevor es "in" wurde, setzte er sich für den Schutz historischer Gebäude und für Bio-Landwirtschaft ein. Dabei ließ er es auch gelegentlich an der im britischen Königshaus üblichen politischen Neutralität mangeln.
Wird er den nahtlosen Übergang schaffen, wird es ihm gelingen, das britische Königshaus für die Zukunft aufzustellen? Die Historikerin Karina Urbach von der Universität London sieht einen Mann mit Widersprüchen. Charles habe immer gesagt, dass er die Monarchie modernisieren und verkleinern wolle, betont sie. Er selbst sei aber weniger für Sparsamkeit und mehr für "große Opulenz" bekannt, mit vielen Wohnsitzen und Schlössern.
Nach dem Tod der Queen
Wie es unter King Charles III. mit der Monarchie weitergehen könnte
09.09.2022
05:19 Minuten
Überrascht ist Urbach, dass sich der ehemalige Prinz nun Charles III. nennt. Das sei historisch nicht besonders klug, meint sie. Charles I. sei hingerichtet worden, Charles II. sei korrupt und offenbar auch ein "schwerer Trinker" gewesen. "Ich halte das für keine besonders gute Namenswahl."
Traditionen, Rituale, Uniformen und Orden
Die Modernisierung der Monarchie sei ein schwieriges Vabanquespiel, sagt Urbach, schließlich lebe sie von Traditionen, Ritualen, Uniformen und Orden. Und dann müsse Charles auch noch seine Familie unter Kontrolle bringen.
"Das wird nicht einfach. Er hat einen harten Job im Moment", sagt Urbach. Mit Prinz William werde er wohl "eine Art Tandem fahren müssen". Charles brauche William, der viel beliebter als er selbst sei, an seiner Seite, um auch die jüngeren Generationen zu erreichen.
Charles war tatsächlich nie besonders beliebt im britischen Volk. Einen heftigen Schlag erlitt seine Popularität mit dem öffentlichen Bekanntwerden seiner ehelichen Untreue und dem Scheitern seiner Ehe mit Prinzessin Diana. Mit Dianas Unfalltod 1997 sank diese dann auf einen absoluten Tiefpunkt.
Mehr als zwei Jahrzehnte später ist Charles mehrfacher Großvater und hat es geschafft, dass die Briten seine zweite Ehefrau Camilla akzeptiert haben. "Es war ein sehr weiter Weg, das Publikum zurückzuerobern", urteilt Charles-Biografin Penny Junor. "Es geht ihm besser, und das sieht man. Seit er mit Camilla verheiratet ist, ist er glücklicher." Charles sei lockerer geworden.
Hypersensibel und in sich gekehrt
Geboren wurde Charles am 14. November 1948 im Buckingham Palace. Seine Gouvernante Catherine Peebles beschrieb ihn als "hypersensibel, in sich gekehrt, krankhaft schüchtern und zu stiller Beschäftigung wie Lesen und Malen hingezogen". Mit 13 Jahren wurde er ins Internat im schottischen Gordonstoun geschickt. Seine einsamen Jahre dort beschrieb er später als "Gefängnisstrafe".
In Cambridge studierte er anschließend Archäologie und Anthropologie - als erster Thronfolger in der Geschichte machte er 1970 seinen Universitätsabschluss. Von 1971 bis 1976 diente er in der Royal Navy - und während er acht Monate auf Einsatz in der Karibik war, heiratete seine Ex-Freundin und große Liebe Camilla einen anderen.
Barley (SPD) über Charles III.
"Er hat mehr politisches Sendungsbewusstein als seine Mutter"
09.09.2022
08:17 Minuten
1979 machte Charles einer Enkelin seines Großonkels Lord Mountbatten vergeblich einen Heiratsantrag. Unter dem wachsenden Druck, endlich eine Frau zu finden, verlobte sich der 32 Jahre alte Prinz im Februar 1981 mit der 19 Jahre jungen Lady Diana Spencer. Eine weltweit im Fernsehen übertragene "Märchenhochzeit" in der St. Paul's Cathedral folgte.
Außereheliche Affären und die Scheidung
1982 und 1984 kamen die Söhne William und Harry zur Welt. Doch in der Ehe kriselte es schon bald, beide Ehepartner hatten außereheliche Affären, 1996 kam es zur Scheidung. Erst acht Jahre nach Dianas Tod wurde 2005 Charles' Verlobung mit Camilla verkündet, im selben Jahr heiratete das Paar.
Nun gehen die beiden im stolzen Rentenalter das Abenteuer Thron an. Im vergangenen Jahr hatte Charles seine gesundheitlich angeschlagene Mutter allerdings schon öfter vertreten. Im Mai ersetzte er sie erstmals bei der Eröffnung des Parlaments und verlas an ihrer Stelle das Programm der Regierung.
Auch bei den Feierlichkeiten zu ihrem 70. Thronjubiläum im Juni überließ die Königin Charles und seinen Kindern und Enkeln die große Bühne. Charles' wichtigste Aufgabe als König wird es nun sein, die Briten für sich einzunehmen, die ihm mit mäßiger Begeisterung entgegensehen.
Ökologische Fragen stehen hintenan
Er wird ein Thema finden müssen. Ökologische Fragen, für die er sich seit Langem einsetzt, werden es vorerst eher nicht sein. Sein grünes Engagement werde wohl erst einmal in den Hintergrund treten müssen, meint die Historikerin Urbach. Energiekrise, Inflation, explodierende Lebenshaltungskosten: In Großbritannien ständen gerade andere Probleme auf der Tagesordnung.
(ahe/afp)