Drehbuchautor und Regisseur Benjamin Gutsche

Queeres Lieben im deutschen Fernsehen

35:09 Minuten
Der Drehbuchautor und Regisseur Benjamin Gutsche im Porträt. Er trägt eine Wollmütze und einen schwarzen Rollkragenpulli und lacht.
Seinen ersten Film drehte Benjamin Gutsche während des Zivildiensts in einem Seniorenheim. Inzwischen dreht der Autodidakt die erste queere Serie in der ARD. © Andrea Hansen
Moderation: Tim Wiese |
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Seine ARD-Serie "All you need" aus dem Jahr 2021 schrieb TV-Geschichte – die erste schwule Serie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, gesehen von einem Millionenpublikum. Jetzt hat Benjamin Gutsche Staffel 2 der erfolgreichen Produktion gedreht.
Benjamin Gutsche hat über seine Liebe für Dinosaurier zum Film gefunden. Als der Drehbuchautor und Regisseur als Siebenjähriger mit seinen Eltern „Jurassic Park“ im Luckenwalder Kino anschaute und die Urzeitechsen lebensecht auf der Leinwand sah, sei ihm klar geworden: „Wenn ich später weiter mit Dinosauriern spielen will, muss ich Filme machen.“

Erster Dreh im Seniorenheim

Seinen ersten Film drehte Benjamin Gutsche während des Zivildiensts in einem Seniorenheim. Ursprünglich als Hausmeister eingestellt, erkannte die Leiterin der Einrichtung die Leidenschaft ihres Zivis fürs Filmemachen und heuerte ihn an, einen Imagefilm über das Seniorenheim zu drehen.
Später arbeitete sich Benjamin Gutsche nach und nach vom Set-Runner bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ zum Aufnahmeleiter und Regie-Assistenten bei diversen TV-Produktionen hoch: „Mein Ziel war es, das Drehbuch und die Regie zu führen.“
Eine Filmhochschule hat der 37-Jährige nie besucht, auch wenn ihn die Aussicht reizte, dort unbefangen Dinge auszuprobieren und scheitern zu dürfen. „Bei dem Weg, den ich eingeschlagen habe, konnte man sich ein Versagen nicht leisten.“

Besser spät als nie

Einen Dinosaurier-Film hat Benjamin Gutsche zwar bis heute nicht gedreht, dafür aber neben Kinder- und Fantasyfilmen die erste queere Serie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, für die er auch das Drehbuch geschrieben hat.
„All you need“ über einen schwulen Freundeskreis in Berlin erreichte ein Millionenpublikum. Nach der ersten Staffel habe er oft von älteren Zuschauern die Rückmeldung bekommen, wie sehr sie sich selbst „eine solche Serie in ihrer Jugend gewünscht“ hätten.

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Die ARD habe ihm den Vorschlag für die Serie gemacht, die schließlich „in kürzester Zeit“ umgesetzt wurde. Von der ersten Idee bis zum Drehbeginn vergingen gerade einmal sieben Monate.
Dass es ein solches Projekt, anders als etwa in den USA oder in Großbritannien, nicht schon viel früher in Deutschland gegeben habe, liege nicht nur an den Sendern oder dem Publikum, sondern auch an den Kreativen, die sich in dieser Frage „an die eigene Nase“ greifen müssten: „Ich bin selbst nie auf die Idee gekommen, mal eine komplett queere Serie zu drehen.“

Mehr Sichtbarkeit für queere Menschen

Bei den Protagonisten in „All you need“ gehe es „um Identifikationsfiguren“ und die Sichtbarkeit queerer Menschen, auch gespeist aus seiner eigenen Erfahrung „wie wenig man auf den Bildschirmen abgebildet wird, die eigene Identität, die eigene Sexualität, die eigene Erfahrung“.
Die Kritik, dass ausschließlich heterosexuelle Schauspieler die Freunde der schwulen Clique verkörperten, könne er nachvollziehen. Gleichzeitig sei es undenkbar, während eines Castings nach der sexuellen Orientierung des Bewerbers zu fragen.
Mit „Act Out“, dem Outing zahlreicher Schauspieler*innen, habe sich die Situation verändert: Für die zweite Staffel hätten sie „explizit die queere Community“ angesprochen, sich zu bewerben.
Nachdem die zweite Staffel bereits in der ARD-Mediathek zu sehen ist, arbeitet Benjamin Gutsche nun an einer weiteren Fortsetzung von „All you need“. „Ich hoffe, dass die Reise weitergeht, wie auch immer das aussieht.“
(era)
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