Sprung ins kalte Wasser
In ganz Deutschland fehlen ausgebildete Lehrer – vor allem an Grundschulen. In die Lücke springen vielerorts "Quereinsteiger". Nicolás Urióstegui unterrichtet seit einem Jahr, versteht die Kritik, aber bereut seinen Wechsel an die Schule nicht.
Wenn am Montag in Berlin das neue Schuljahr beginnt, werden viele Kinder nicht von ausgebildeten Lehrern unterrichtet, sondern von immer mehr "Quereinsteigern". In der Bundeshauptstadt wurden jetzt 900 Lehrer ohne volle Lehrbefähigung verpflichtet, um den Lehrermangel in den Schulen notdürftig auszugleichen. Diese Praxis stößt auf viel Kritik.
"Man wird absolut ins kalte Wasser geworfen", sagt der "Quereinsteiger" Nicolás Urióstegui im Deutschlandfunk Kultur über seinen Wechsel aus der freien Wirtschaft an eine Berliner Grundschule. Ein Lehramtsstudent bekomme schließlich über viele Jahre eine qualifizierte Ausbildung und werde im Referendariat begleitet. Viele Quereinsteiger kämen stattdessen aus ihrem alten Job oder der Universität heraus mit wenig Vorkenntnissen ins Klassenzimmer. Urióstegui hatte Glück, weil er auf ein offenes und hilfsbereit Kollegium traf und unterrichtet heute Sport.
Kritik am System
Seine Schülerschaft und deren Eltern hätten aus einem Zeitungsartikel erfahren, dass er "Quereinsteiger" ist. Ihre Reaktionen seien sehr unterschiedlich ausgefallen. "Was ich so wahrnehme als Kritik ist eher so Kritik am System, dass es dazu gekommen ist, dass so wenig Lehrpersonal da ist, das voll ausgebildet ist", sagt Urióstegui. Sie richte sich weniger gegen die Person "Quereinsteiger" oder Vertretungslehrer, die auch ohne Lehrausbildung unterrichten dürften. (gem)