Mehr Belastung als Versöhnung
Innerhalb eines Jahres wurden bei der Stiftung" Flucht, Vertreibung, Versöhnung" zwei Direktoren verschlissen. Um die Situation zu befrieden, muss sich Kulturstaatsministerin Monika Grütters gegen den starken Einfluss des Bundes der Vertriebenen durchsetzen, fordert Christiane Habermalz.
Klickt man auf der Website der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" auf "Stellenangebote", dann stößt man auf den Text: "Zur Zeit stehen leider keine freien Stellen zur Verfügung". Lustig - immerhin hat die Stiftung derzeit die heikelste Vakanz der Kulturpolitik zu bieten. Der Posten des Direktors ist immer noch zu haben, und es wird verzweifelt nach geeigneten Kandidaten gesucht.
Schlange stehen dürften sie nicht. Kein Wunder - innerhalb eines Jahres wurden zwei Direktoren verschlissen. Der erste, Manfred Kittel, musste gehen, weil er es sich mit seinem Beraterkreis verdorben hatte – ausgerechnet den Wissenschaftlern, die vom Bundestag berufen worden waren, darüber zu wachen, dass die Deutschen sich beim Thema Vertreibung nicht zu sehr in die Opferrolle begeben. Darunter renommierte polnische Historiker wie der Direktor des Willy-Brandt-Hauses in Breslau, Krzysztof Ruchniewicz, und der Warschauer Deutschland-Spezialist Pjotr Madajczyk.
Die Stiftung ist zur Belastung geworden
Kittel machte Fehler, kommunizierte schlecht, bezog den Beraterkreis nicht ein - bis es zum Eklat kam. Grütters entließ Kittel, doch der Nachfolger, Winfried Halder, den sie als "Konsenskandidaten" präsentiert und unterstützt hatte, ließ den Konflikt vollends eskalieren. Aus Protest gegen seine Ernennung traten fünf der 14 Mitglieder des wissenschaftlichen Beraterkreises zurück – darunter die beiden Polen.
Ob das Misstrauen gegen Halder, der als Direktor des Gerhard-Hauptmann-Hauses in Düsseldorf sich durchaus um die Aussöhnung mit Polen bemüht hatte, berechtigt war oder nicht - allein die Tatsache, dass er der Wunschkandidat des Bundes der Vertriebenen war, machte ihn schwer verdaulich.
Es werde sich schon ein neuer Beraterkreis finden, verkündete Grütters, leicht beleidigt, und sie habe doch schließlich mit allen geredet. Umso herber der Schlag, als der Gerufene dann nicht kam – angeblich, weil er sich mit ihrem Haus nicht über die Modalitäten hatte einig werden können.
Langsam wird es eng für Grütters. Die Stiftung, die das Wort "Versöhnung" im Namen trägt, ist längst zur Belastung geworden – für die Politik wie für die Öffentlichkeit. Kaum ein Redakteur, der nicht leise aufstöhnt, wenn der Name genannt wird. Und die Kulturstaatsministerin, qua Amt Stiftungsratsvorsitzende, würde lieber heute als morgen das leidige Thema vom Hals haben. Bislang ist es ihr nicht gelungen, die Stiftung zu befrieden.
Eventuell noch viele freie Stellen bei der Stiftung
Den Konstruktionsfehler der Stiftung, der darin besteht, dem Bund der Vertriebenen im Stiftungsrat das Prä einzuräumen, hat sie nicht zu verantworten. Umso wichtiger, dass sie sich gegen die Verbandsinteressen endlich durchsetzt. Denn: Sollte sie einen Direktor finden, wird der nächste Schritt darin bestehen, einen neuen wissenschaftlichen Beraterkreis zu finden.
Auch das wird nicht leicht. Denn polnische Wissenschaftler machen sich in ihrer Heimat nicht gerade beliebt, wenn sie sich für eine deutsche Vertriebenenstiftung engagieren – erst recht nach dem Rechtsruck in Polen. Mag sein, dass auf der Website der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" noch viele freie Stellen zu vermelden sein werden.