"Quiet Signs" von Jessica Pratt

Leise Songs für eine laute Welt

Die Musikerin Jessica Pratt auf dem "Green Man Festival" im August 2017 in Wales.
Musikerin Jessica Pratt: "Ich versuche, meinen Stücken das zu geben, was sie brauchen. Und das ist meist recht schmucklos." © picture alliance/dpa/Photoshot
Von Mathias Mauersberger |
Die amerikanische Folk-Sängerin Jessica Pratt ist durch eine schwierige Lebensphase gegangen. Verarbeitet hat sie diese Zeit mit ihrem dritten Album „Quiet Signs“. Die stillen Zeichen sind ein Mix aus Dream-Pop, Sixties-Folk und Bossa Nova.
"Ich mag musikalische Texturen und Komplexität. Aber ich versuche, meinen Stücken das zu geben, was sie brauchen. Und das ist meist recht schmucklos. Es gibt eine grundlegende Stille in meiner Musik."
Jessica Pratt trägt blondierte Haare, schwarzen Eyeliner und einen eleganten Blazer. Optisch wirkt sie eher wie eine Neo-Channsonière oder Indie-Rock-Sängerin. Ihre spröden, minimalistischen Songs sind aber klar im Folk verwurzelt, erinnern an Musikerinnen wie Karen Dalton oder Vashti Bunyan.
"Ich liebe beide Künstlerinnen. Erst vor kurzem habe ich ein geradezu magisches Konzert mit Vashti gespielt. Unsere Musik hat einiges gemeinsam: die Düsternis, die Ecken und Kanten, dieses seltsam Entrückte. Aber diese Ähnlichkeiten ergeben sich eher zufällig, denn nichts, was ich musikalisch tue, geschieht wirklich bewusst."

Den Zugang zur Kreativität verloren

"Quiet Signs", stille Zeichen. So heißt das dritte Album von Jessica Pratt. Ein Synonym für die Intuition und innere Stimme, die der Sängerin zwischenzeitlich abhanden kam. Nach ihrer ersten langen Tournee kehrte Pratt Ende 2016 zurück nach Los Angeles – und fiel in ein Loch. Sie hatte den Zugang zu ihrer Kreativität verloren, musste erst wieder lernen, auf ihr Inneres zu hören.
"Viele der Songs wurden von meiner damaligen Lebensphase beeinflusst: Ich lebte alleine und zurückgezogen und musste mir erst ein neues Leben aufbauen, neue Beziehungen knüpfen. Wenn dieses Album ein Thema hat, dann ist es wohl die Suche nach meiner eigenen Stimme, von der ich mich zwischenzeitlich ziemlich entfernt hatte. 'Quiet Signs' wiederum bezieht sich auf meine Intuition, auf diesen Ort der inneren Ruhe, den ich finden muss, damit meine Ideen anfangen zu sprudeln."

"Meine Texte sind impressionistisch"

"Die Zeit zwischen dem letzten und diesem Album war einfach ziemlich schwierig. Die Songtexte sind ein Produkt dieser letzten Jahre und beschäftigen sich zum Teil mit Themen, die mir für die Öffentlichkeit zu persönlich sind. Meine Texte sind impressionistisch und eher vage gehalten, was – wie ich finde – aber gut zur Stimmung der Musik passt. Ich hoffe, dass jeder seine eigenen Assoziationen zu meinen Songs entwickeln kann."
Die Bandmaschine rauscht, die Gitarre leiert, darüber schwebt eine verhallte, kindlich-anmutende Stimme. "Quiet Signs" ist ein Album aus der Zwischenwelt, irgendwo zwischen Dream-Pop, Sixties-Folk und Bossa Nova. Die Songs fließen ineinander und verströmen eine große Intimität, wirken aber auch wenig konturiert, eher skizzenhaft. Dies ist der einzige Vorwurf, den man Jessica Pratt machen kann. Ansonsten ist "Quiet Signs" ein charakterstarkes Album. Ein stilles Zeichen in einer oftmals lauten Welt.
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