Der Mann, der alles kann
Egal ob Jazz, Pop oder Filmmusik: Was Multitalent Quincy Jones anpackte, wurde ein Erfolg. Sage und schreibe 79 Grammy-Nominierungen erhielt er im Laufe seiner Karriere. Heute wird der Mann, der Michael Jackson als Solo-Star groß machte, 85.
Der Titan Quincy Jones, auch knackig Q genannt, ist das superselbstbewusste Gegenstück zum Motiv des ausgenutzten schwarzen Musikers. Aber er ist auch ein harter Hund! Er wuchs in der der Ära der Depression in Chicago im größten und bedrohlichsten Ghetto der USA auf, trug mit Vier ein Messer in der Tasche für alle Fälle, und zwischendurch machte einem auch noch Al Capone das Leben schwer, weil Vater als Zimmermann für die falschen Leute arbeitete.
Mit der Familie nach Seattle geflohen, tingelten er und sein Freund Ray Charles als Jugendliche dann durch die Stadt, spielten Tanzmusik in weißen Tennisclubs am frühen Abend – ab zehn dann R&B für Stripperinnen und Komiker, und hinterher in den Jazzspelunken dann harten Bebop bis zum Morgengrauen...
Amerika hielt Jazz damals für minderwertig
Dizzy Gillespie sagte mal, als Trompeter sei Quincy Jones ein "bad dude" gewesen: Und das ist ein ziemliches Lob! Mit 19 saß dieser Trompeter also im Orchester von Lionel Hampton, dem Fachmann für Spaß und Entertainment im Jazz, bereiste Europa und blieb irgendwann dort hängen - in Paris, wie viele amerikanische Jazzmusiker in den Fünfzigern, weil Amerika in jenen Jahren Jazz für eine minderwertige Musik hielt.
Und hier studierte Quincy dann gleich mal bei der großen Nadia Boulanger und Olivier Messiaen, danach ging ihm das Arrangieren noch leichter von der Hand.
Quincy Jones wusste einfach immer, wie Popmusik für die Massen jeweils gerade klingen musste. Seine Orchester waren immer einen Zahn schärfer, einen Zahn süßer, einen Zahn eleganter oder einen Zahn seidiger als die anderen.
Und auch wenn er später manchmal klang wie ein James Last für Jazzfreunde, war er doch einer der ersten, die die Industrie begriffen hatten. Also baute er einen Konzern auf: Quincy Jones Entertainment. Danach wurde ihm durchaus massiv vorgeworfen, er beute die Geschichte der unterdrückten Schwarzen und ihrer Kultur aus, um damit auf dem weißen Markt Geld zu scheffeln. Das Lustige war, dass dieser Vorwurf hauptsächlich von Weißen erhoben wurde.
Von Dizzy Gillespie zu Michael Jackson
Und Q machte alles: Filmmusik, Fernsehmusik - er hatte dieses Ohr für eingängige Wendungen und die Balance zwischen scharfen bedrohlichen Bläsern und tänzelnden beruhigenden Geigen.
Er wurde der erste afroamerikanische Vizechef einer Major-Plattenfirma, und er produzierte, produzierte: von Lionel Hampton und Dizzy Gillespie über Jacques Brel und Charles Aznavour, Little Richard und Frank Sinatra, Nana Mouskouri und U2 bis hin zu Michael Jackson, dem ehemaligen Kinderstar der Jackson 5, dem er endlich zu einem neuen Soundimage verhelfen sollte: Und das tat er!
"Thriller" wurde das bis dahin meist verkaufte Album – ein Killer! Nach "Thriller" kam "Bad", aber das verkaufte nicht 100 Millionen, sondern nur 30 Millionen, und Jackson war sauer, wie Quincy Jones mal verwundert zu Protokoll gab. Also trennten sich die Wege dieser beiden Popgenies.
Und Quincy Jones machte weiter wie zuvor – produzierte, was ihm gefiel, und stampfte nur zwischendurch mal diese All-Star-Benefiz-Single für die Hungernden in Äthiopien aus dem Boden.
Ruhestand? Gibt es für Q nicht
Zuletzt nannte man Quincy Jones einen Erfolgsproduzenten mit eingebauter Platingarantie. Und zur Ruhe setzen will er sich natürlich auch mit 85 nicht.
Nur neulich, da wurde er ein wenig wunderlich: Da zog der nette Herr Jones in zwei Interviews übel über die gesamte Popwelt her. Aber nachdem seine Töchter ihm geschlossen den Marsch bliesen, nahm sich der alte Trompeter das zu Herzen und entschuldigte sich formvollendet über Facebook und Twitter.