Rachid Taha gestorben

Erinnerungen an den "Bad Boy" des Rai

Starb an einem Herzinfarkt: Rachid Taha
Starb an einem Herzinfarkt: der algerisch-französische Sänger Rachid Taha © picture alliance / chromorange
Thorsten Bednarz im Gespräch mit Vivian Perkovic |
Der französisch-algerische Musiker Rachid Taha ist tot. Mit nur 59 Jahren versagte sein Herz. Thorsten Bednarz hat die Karriere des Sängers lange begleitet und Taha immer wieder getroffen.
Rachid Taha ist gestorben. Der in Algerien geborene Sänger wurde nur 59 Jahre alt. Seit Ende der 60er Jahre lebte er in Frankreich. Taha etablierte sich später als "böser Bube" des Rai und vermischte nordafrikanische Musik mit Rock und Punk. Taha war zunächst in der Band Carte de Séjour aktiv und wandelte seit Anfang der Neunzigerjahre auf Solopfaden.

Arbeitslosigkeit, Drogen und Frust

Tahas Art aufzutreten und seine Musik hätten etwas Verbindendes gehabt, erinnert sich unser Reporter Thorsten Bednarz an den Sänger. Tahas Karriere begann in einer Zeit, als sich so etwas wie "Welt-Punk" entwickelte. Dieser, vermischt mit nordafrikanischer Musik, habe dann auch die junge Franzosen aus den Sozialsiedlungen abgeholt, die von ihrer sozialen Lage zwischen Drogen und Arbeitslosigkeit genauso genervt gewesen seien wie die algero-französischen Jugendlichen, sagt Bednarz.
Taha war ein immer politisch denkender und agierender Musiker. Aus Widersprüchen habe er seine Kraft gezogen, so Bednarz. Schon der Name seiner ersten Band war ein politisches Statement: Carte de Sejour – "Aufenthaltsgenehmigung".
"Damals gab es ja diese berühmte Rede des französischen Präsidenten über den Krach und den Gestank in den Vierteln der Einwanderer und darauf hat Taha dann mit der Kraft und Energie des westlichen Punk geantwortet", betont Bednarz.
Später wandte sich Taha dann auch House und Techno zu. Auf seinem letzten Album verpunkte er sogar "O sole mio".

Dritter Weltkrieg in Mali

Interessant, so unser Reporter, sei Tahas Sicht auf die Befreiungsbewegungen in Nordafrika gewesen. Vor rund fünf Jahren sagte Taha bei einem Gespräch der beiden:
"Ich sehe eigentlich gar keine großen Veränderungen. Es gab zwar diese Aufstände, aber die alten Regierungen sind mehr oder weniger immer noch im Amt. Es geht nicht um Namen, sondern um die Art und Weise, wie man regiert. Die, die in Tunesien Ben Ali ersetzt haben, die sind nicht demokratischer als er selbst es war. Das gleiche in Ägypten oder im Irak. Es gibt da noch viel Arbeit! Aber ich bleibe Optimist. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch, was in Mali passiert. Das sehe ich als dritten Weltkrieg an. Aber die Europäer scheinen zu entscheiden, was ein Weltkrieg ist und was nicht und für mich ist es ein Weltkrieg, wenn quasi zwei Drittel Afrikas sich im Krieg befinden. Aber das ist ja nur Afrika und nicht Europa!"
Starb an einem Herzinfarkt: Rachid Taha
Mixte die unterschiedlichsten musikalischen Stile: Rachid Taha© picture alliance / chromorange
Taha glänzte oft mit musikalischen Überraschungen. Nach den Aufnahmen zum letzten Album sagte der Musiker, er wäre gerade erst angekommen, er sei quasi noch am Anfang seiner wirklichen Karriere:
"Für mich ist dieses letzte Album mein persönlicher Höhepunkt, denn all die Musiker, die ich in den letzten Jahren kennen gelernt habe, sind jetzt hier versammelt. Hier kommt meine ganze bisherige Karriere zusammen. Ich fühle mich auch in den Songs und den Texten viel reifer - so als wäre ich gerade erst in meinem Stil angekommen ...." (ahe)
Mehr zum Thema