Wie lange hält sich China noch zurück?
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Der Konflikt in Hongkong zwischen Regierung und Protestbewegung wird immer drastischer ausgefochten. Greift Peking ein? Prognosen seien schwer, sagt der Sinologe Tilman Spengler. Denn es gibt auch gute Gründe dafür, dass Peking stillhält.
Die Situation in Hongkong spitzt sich immer weiter zu. In den vergangenen Tagen ist die Gewalt eskaliert - zuletzt starb ein 70-jähriger Mann, von einem Pflasterstein am Kopf getroffen. In der vergangenen Woche war ein Student von einem Parkhaus gestürzt. Am Montag schoss ein Polizist einem Demonstranten in den Bauch, ein Demonstrant zündete einen Sympathisanten der Regierung an.
Die seit mehreren Monaten anhaltenden Proteste richten sich gegen die Regierung: Die Demonstranten fürchten den wachsenden Einfluss Chinas auf die ehemalige Kronkolonie. Die Frage ist, wie lange sich das Peking noch bieten lassen wird. Und was passiert, wenn dort der Geduldsfaden reißt. Chinas Präsident Xi hat die Demonstranten gewarnt, die Eskalation stelle das "Ein Land - zwei Systeme"-Prinzip "ernsthaft infrage".
Gespräch mit einem hohen Funktionär
Der Publizist und Sinologe Tilman Spengler sieht durchaus die Gefahr, dass sich Peking bald nicht länger auf der Nase herumtanzen lässt. Ein Eingreifen Chinas sei aber nur eine Option von mehreren, betont er. Prognosen zu erstellen sei momentan sehr schwer.
Er habe in den letzten Tagen mit einem hohen chinesischen Funktionär gesprochen, so Spengler - und dieser habe gesagt, dass es an sich "ganz angenehm" sei, was dort in Honkong passiere. Denn es zeige den Chinesen in der Volksrepublik, wie schrecklich Demokratie sei.
Die Proteste in Hongkong könnten Peking also auch gerade recht kommen - auch weil sie vom brutalen Umgang Pekings mit der muslimischen Minderheit der Uiguren ablenken. Und dann sei auch da noch die wirtschaftliche Expansion Chinas und die Neue Seidenstraße, so Spengler. Diese komme nicht richtig voran. "Es würde dem Projekt sicherlich nicht helfen, wenn in Hongkong mit der blanken Stahlfaust aufgeräumt würde", so der Sinologe. Potenzielle Wirtschaftspartner überlegten sich schon genauer, "mit wem sie da ins Bett gehen wollen".
Die Forderungen der Opposition sind vage
Zur Opposition in Hongkong sagt Spengler, deren Forderungen seien vage. Dennoch verneige er sich "vor dem Mut derer, die dort Demokratie verlangen". Er wünschte, das würde mehr Gehör über die Grenzen Hongkongs hinaus finden.
(ahe)