Radio endlich digital

Von Po Keung Cheung |
Im Hörfunk hat Digitalisierung bislang kaum eine Rolle gespielt. Das soll sich nun ändern: Seit 1. August wird der neue Standard DAB+ in Deutschland verbreitet. Zur Funkausstellung in Berlin wollen die Hersteller nun verstärkt mit dem Verkauf von Digitalradios beginnen.
Was in dem Kurzfilm beworben wird, ist eigentlich nichts Neues: Schon seit den 90er-Jahren wird am Nachfolger des analogen Radios gearbeitet. Doch technische Probleme, finanzielle Hürden und folglich das geringe Programmangebot sowie das Konkurrenzmedium Internet verhinderten bislang eine große Verbreitung. Und so fristete DAB nur ein Schattendasein. Die Hörer blieben bei UKW.

Ende des vergangenen Jahres dann die Entscheidung: Öffentlich-rechtliche und private Radios nehmen einen neuen Anlauf zur Digitalisierung des Hörfunks, mit der Weiterentwicklung DAB+. Chris Weck, Chef der Abteilung Rundfunk- und Informationstechnik beim Deutschlandradio:

"Digitalradio mit dem Pluszeichen heißt: Wir haben jetzt ein System, welches doppelt so viel Programmen übertragen kann und daher sind natürlich dann auch die Übertragungskosten nur halb so groß. Und das macht eigentlich den wesentlichen Unterschied aus, dieses effizientere Toncodierungsverfahren."

Damit sind die Programmanbieter nicht mehr ausschließlich auf das analoge UKW-System mit den knappen Frequenzen angewiesen. DAB+ bietet mehr Platz, etwa für Spartenkanäle wie Fußballsender. Auch die nationalen Programme Deutschlandradio Kultur, Deutschlandfunk und DRadio Wissen profitieren davon:

"Wir haben seit Jahren versucht, noch zusätzliche Frequenzen zu bekommen, um unsere Versorgung zu verbessern, insbesondere die Flächenversorgung ist mit UKW für uns nicht realisierbar, selbst wenn wir sehr, sehr viel technisches Know-how haben. Es geht da einfach nicht weiter, weil einfach die Frequenzressourcen verbraucht sind."

Der Hörer hat nicht nur die größere Programmauswahl, sondern kann auch CD-ähnlichen Klang ohne Rauschen genießen. Außerdem muss er die Sender nicht mehr lange suchen und wechseln, denn die Programme laufen überall auf derselben Frequenz. Hinzu kommt, dass über DAB+ nicht nur die Radioprogramme, sondern auch praktische Dienste übertragen werden, so Chris Weck:

"Wir haben da Informationen über Titel und Interpret, wir haben den Sendungsnamen, wir haben sogar die Möglichkeit, auch da selbst Nachrichtenticker mit zu übertragen. Wir haben die Möglichkeit, Telefonnummern zum Beispiel zu übertragen, die dann auch von Smartphones oder so was direkt angewählt werden könnten."

Auch Bilder, etwa CD-Cover oder Fotos der Interpreten, Programminformationen und Verkehrsmeldungen können über Digitalradio übertragen werden. Was der Hörer davon sehen kann, hängt aber von dessen Gerät ab. Günstige Einsteiger-Modelle für 60 Euro zeigen nur eine einfache Textzeile an, Luxus-Varianten stellen auf einem großen Farbbildschirm alle Informationen dar, können aber gleich mehrere hundert Euro kosten. Auf jeden Fall ist für DAB+ ein neues Radio fällig.

"Ich nehme Sie jetzt mal mit, in unseren Audio-Showroom, wo wir all unsere Geräte entsprechend demonstrieren und auch ausstellen können."

In der Philips-Zentrale in Hamburg stehen solche Geräte bereits. So wie zahlreiche Mitbewerber will das Unternehmen zur Funkausstellung in Berlin mit dem Verkauf von DAB+ Radios beginnen. Produktmanagerin Bettina Jönsson:

"Wenn man bedenkt, dass quasi Hörfunk das Einzige ist, was noch nicht digitalisiert ist, sehen wir darin sehr großes Potenzial, es gibt eine sehr, sehr breite Abdeckung von Bundesbürgern, die täglich mehrmals Musik hören, auch über einen großen Zeitraum hinweg."

Und was ihr Unternehmen in Sachen DAB+ bietet, will Bettina Jönssen zeigen. Sie öffnet eine Kiste und holt eine kleine Stereoanlage heraus, baut sie auf und schaltet auf Radio um.

Und auch andere Hersteller setzen auf Digitalradio. Die darauf spezialisierte britische Marke PURE etwa. Sie will mit ihren Erfahrungen in der Schweiz und in Großbritannien punkten, wo DAB längst etabliert ist. Allein auf der britischen Insel gibt es circa 20 Millionen Digitalradios. Nun soll Deutschland folgen.

Peter Knaak von der Stiftung Warentest ist mit solchen Prognosen hingegen vorsichtig. Die analoge Verbreitung über UKW sei ausgereift, es gebe kaum Gründe, umzusteigen:

"Auch DAB+ sehe ich nur siegen, wenn man jetzt vom Wettstreit der Systeme ausgeht, wenn die Politik knallhart sagt: Wir schalten die analogen Frequenzbänder ab, weil wir die kostbare Ressource Funkkanal besser ausnutzen wollen."

Dass das analoge Radio in Deutschland abgeschaltet wird, ist aber noch nicht absehbar. Und so wird DAB+ bis auf Weiteres parallel zu UKW senden. Damit wird es das neue System schwer haben, so Peter Knaak. Chris Weck von Deutschlandradio ist dagegen optimistischer. Die Hörer werden schon bald die Vorzüge der digitalen Radioübertragung schätzen lernen. Sein Rat: Einfach ausprobieren! Wer sich ein neues Radio kauft, soll gleich zu einem Gerät greifen, das UKW und DAB+ kann. Damit sei er für die Zukunft gerüstet.