Es gibt ja diesen Satz: 'Bielefeld ist das Herz der deutschen Fahrradindustrie gewesen.' Wenn man sich vorstellt, dass hier 30 Millionen Fahrräder und Rahmen gebaut worden sind, ist das eine unglaublich große Zahl. Wir hatten hier Fabriken ohne Ende. Markennamen: Dürkopp, Göricke, Rixe, Miele. Wir haben so ungefähr 700 Marken, die aus Bielefeld gekommen sind.
Bielefelder Radrennbahn
Die Radrennbahn in Bielefeld besteht seit 70 Jahren. © Imago / Eckart Schönlau
Ein lebendiges Denkmal
06:50 Minuten

Beim Tag des offenen Denkmals ist in Bielefeld auch die 1953 eingeweihte Radrennbahn zu sehen. Die zuständige Denkmalbehörde würdigte sie als architektonisches Meisterk - und als Symbol für die Zeit, in der Bielefeld deutsche Fahrradhochburg war.
Wer Bielefeld in sportlicher Hinsicht allein auf die durch die Fußball-Ligen irrlichternde Arminia reduziert, der verkennt die Sportgeschichte der 340.000 Einwohner-Stadt in Ostwestfalen.
Bielefeld als "Herz der deutschen Fahrradindustrie"
Das unterstreicht Michael Mertins, er ist beim Förderverein der Radrennbahn Bielefeld der Vereinshistoriker.
Die umfangreiche Hersteller- und Zuliefererindustrie schlug sich damals auch im Radsport nieder, in den Straßenrennen.
„Da war Bielefeld auch wirklich Zentrum. Es gab diese Langstreckenrennen hier. Bielefeld - Hannover, Bielefeld - Bocholt. Rundstreckenrennen, dreimal rund um Bielefeld, also Bielefeld war auch da sehr erfolgreich und hatte auch die Deutschland-Tour mal gewonnen. Zum Beispiel 1949 mit dem Team Rabeneick aus Bielefeld-Brackwede, stellte den Gesamtsieger.“
„Da war Bielefeld auch wirklich Zentrum. Es gab diese Langstreckenrennen hier. Bielefeld - Hannover, Bielefeld - Bocholt. Rundstreckenrennen, dreimal rund um Bielefeld, also Bielefeld war auch da sehr erfolgreich und hatte auch die Deutschland-Tour mal gewonnen. Zum Beispiel 1949 mit dem Team Rabeneick aus Bielefeld-Brackwede, stellte den Gesamtsieger.“
Das Rennoval aus Spannbeton
Da war es nur konsequent, dass man sich Anfang der 1950er-Jahre dazu entschloss, eine Radrennbahn zu bauen. Eine, die die Konkurrenten aus Nürnberg oder dem heutigen Chemnitz in den Schatten stellen würde.
„Das hat man tatsächlich hier geschafft. Bei der Eröffnung gab es wirklich Prospekte und Zeitungsartikel: 'schnellste Bahn der Welt, modernstes Stadion für Radsport in Europa'.“
Das Rennoval wurde aus Spannbeton gegossen. Das heißt, salopp gesagt, es ruckelt nicht unterm Allerwertesten, wenn die Fahrer volles Tempo aufnehmen.
„Das hat man tatsächlich hier geschafft. Bei der Eröffnung gab es wirklich Prospekte und Zeitungsartikel: 'schnellste Bahn der Welt, modernstes Stadion für Radsport in Europa'.“
Das Rennoval wurde aus Spannbeton gegossen. Das heißt, salopp gesagt, es ruckelt nicht unterm Allerwertesten, wenn die Fahrer volles Tempo aufnehmen.
Schon die Bilder vom Bau der Radrennbahn muten abenteuerlich an, die Arbeiter wirken wie Akrobaten, wie Artisten. Das gilt seit 70 Jahren auch für die Schrittmacher und die Fahrer bei den Steherrennen.
„Fugenlos gegossen, das heißt also, wenn man da fährt, spürt man normalerweise keine Fugen, Dehnungsfugen, wie bei anderen Bahnen. Das ist ein unglaubliches Fahren, und dann die Steilkurven, 46 Grad. Da können Sie fahren, also so bis 125 Kilomenter pro Stunde sind hier möglich für Motorräder. Ich habe mal mit Fahrern gesprochen. Man muss gar nicht lenken. Man legt sich nur rein in die Kurven.“
„Fugenlos gegossen, das heißt also, wenn man da fährt, spürt man normalerweise keine Fugen, Dehnungsfugen, wie bei anderen Bahnen. Das ist ein unglaubliches Fahren, und dann die Steilkurven, 46 Grad. Da können Sie fahren, also so bis 125 Kilomenter pro Stunde sind hier möglich für Motorräder. Ich habe mal mit Fahrern gesprochen. Man muss gar nicht lenken. Man legt sich nur rein in die Kurven.“
Probleme mit der Wirtschaftlichkeit
Wirtschaftlich war die Bielefelder Radrennbahn übrigens nie, egal unter welchen Betreibern. Ihrer Anziehungskraft tat dies aber keinen Abbruch, erinnert sich Anette Fischer, Schatzmeisterin des Fördervereins.
„Ich bin gebürtig aus Heepen, das ist ganz nah an der Radrennbahn, die es ja schon länger gibt als ich lebe. Und wenn wir zu Hause das Knattern der Motoren hörten, spätestens dann sind wir los und haben uns Steherrennen angeguckt und manchmal auch Radrennen.“
„Ich bin gebürtig aus Heepen, das ist ganz nah an der Radrennbahn, die es ja schon länger gibt als ich lebe. Und wenn wir zu Hause das Knattern der Motoren hörten, spätestens dann sind wir los und haben uns Steherrennen angeguckt und manchmal auch Radrennen.“

Teilnehmer eines Steherrennens, die es noch immer auf der Radrennbahn gibt.© dpa / picture alliance / Roth
Spektakulär ist es, zu sehen, wenn sich bis zu drei Gespanne in den Steilkurven Überholmanöver liefern. All das auf einer im Wortsinn überschaubaren Strecke, früher noch unter Flutlicht.
"Eigentlich fasziniert alles"
Ein Besuch der Radrennbahn kommt beinahe schon einer sinnlichen Erfahrung gleich:
„Eigentlich fasziniert alles. Erst mal, wenn man hier hinkommt, die Radrennbahn als Bauwerk, 333 Meter lang. Früher standen rundum Pappeln, das ist mir noch ganz stark im Bewusstsein, das sah einfach toll aus. Dann dies Motorengeknatter, das hat mich immer fasziniert und dass man mit Fahrrädern so schnell fahren kann, wenn man im Windschatten des Motorrades fährt – das ist einfach großartig.“
„Eigentlich fasziniert alles. Erst mal, wenn man hier hinkommt, die Radrennbahn als Bauwerk, 333 Meter lang. Früher standen rundum Pappeln, das ist mir noch ganz stark im Bewusstsein, das sah einfach toll aus. Dann dies Motorengeknatter, das hat mich immer fasziniert und dass man mit Fahrrädern so schnell fahren kann, wenn man im Windschatten des Motorrades fährt – das ist einfach großartig.“
Zwei Renntage pro Jahr
Zwei Renntage gibt es nur noch im Jahr - und es sind auch nur noch 1.250 Zuschauer zugelassen. Früher war die Radrennbahn noch ein kultureller Veranstaltungsort.
Die Basketball-Showtruppe der Harlem Globetrotters spielte hier, britische Militärmusikfeste fanden statt, Wahlkampfauftritte ebenso wie ein Konzert von Joe Cocker. Vergangene Zeiten. Es gilt, die Erinnerung zu bewahren und die Begeisterung in die Gegenwart und die Zukunft zu transportieren, sagt Vereinshistoriker Michael Mertins.
Das ist einfach eine tolle Sache, wenn man den Zuschauern zeigen kann, jetzt müsst Ihr Euch vorstellen, volle Hütte hier, 15.000. Aber letztlich ist der Sport der gleiche geblieben, dass die Rennfahrer da hinter den Schrittmachern ihre Runden drehen, die Atmosphäre, das Geräusch. Und wir sind froh, dass wir das so halten können. Es stand schon mal schlechter um den Sport. Die Radrennbahn sollte auch schon mal Anfang der 2000er-Jahre geschlossen werden.
Während die Bahnen etwa in Forst oder Erfurt als Aushängeschilder ihrer Städte renoviert wurden, fanden in Bielefeld Steherrennen in einer zunehmend verfallenden Anlage statt.
Antrag auf Denkmalschutz als letzte Chance
Vielleicht war es der Mut der Verzweiflung, der Griff nach der letzten Chance – der Antrag auf Denkmalschutz. 2012 kam er durch, damit war die Bielefelder Radrennbahn vor der Schließung gerettet.
2014 gründete sich der Förderverein, der mit 130 Mitgliedern und einer Ausdauer, wie sie den Rennfahrern im Oval zu eigen ist, sich um Sponsoren und Fördergelder bemüht.
Mit 100.000 Euro vom Land NRW wird auf den Tribünen ein Denkmalpfad errichtet, der die alte Nutzung der Bahn und die Größen des Radsports würdigt.
„Wir haben Fotos großmachen lassen, die in die Wellenbrecher auf die Steilkurvenseiten gebaut wurden. Diese Wellenbrecher sind dafür da, dass die Menschen nicht runterfallen, weil das waren die Stehplätze.“
„Wir haben Fotos großmachen lassen, die in die Wellenbrecher auf die Steilkurvenseiten gebaut wurden. Diese Wellenbrecher sind dafür da, dass die Menschen nicht runterfallen, weil das waren die Stehplätze.“
Die einzige deutsche Bahn unter Denkmalschutz
Als lebendiges Denkmal bietet der Förderverein Jedermann-Fahren an. Verleiht Bahnfahrräder an die, die sich trauen. Den anderen bleibt bei klassischen Führungen der Blick hinter die Kulissen und auf Bielefelder Sportgeschichte.
„Dass wir die einzige Bahn in Deutschland sind, die Denkmalschutz hat, ist schon ein Prädikat. Dass es noch einen Förderverein gibt, der sich um Fördergelder bemüht und das auch sehr erfolgreich: Das gibt dem Ganzen so einen Nimbus, wo man sagt, das muss wirklich etwas Besonderes sein.“
„Dass wir die einzige Bahn in Deutschland sind, die Denkmalschutz hat, ist schon ein Prädikat. Dass es noch einen Förderverein gibt, der sich um Fördergelder bemüht und das auch sehr erfolgreich: Das gibt dem Ganzen so einen Nimbus, wo man sagt, das muss wirklich etwas Besonderes sein.“