Räuber und Gendarm mit GPS

Von Christoph Kersting |
Als Brettspiel war "Scotland Yard" in den 80er Jahren ein echter Hit. Jetzt hat eine Gruppe junger Bremer Informatiker die Jagd nach Mister X quasi in die reale Welt geholt. "Fast Foot" heißt das erste GPS-basierte Verfolgungsspiel der Informatiker-Gruppe "Urban Team".
Räuber und Gendarm mit GPS - das ist die simple Spielidee von Fast Foot: Mindestens drei Runner müssen dabei Mister X fangen. Jeder der Spieler bekommt ein Handy mit GPS-Empfänger, Mister X einen Vorsprung von sechs Minuten, und los geht die Jagd. Auf ihren Handy-Displays sehen Jäger und Gejagter per GPS die wechselnden Standorte der Mitspieler. Ziel des Spiels ist es, sich Mister X auf 50 Meter zu nähern.

"Die Handys sind gestartet, die GPS-Receiver haben ihre Position. Das sind keine Handys, die GPS integriert haben, darum gibt es dazu Bluetooth-GPS-Mäuse, die man einfach um den Hals hängen kann. Und dann kann man mit den allermeisten Handys spielen."

Die Runner mit den Spielernamen Fastrun, Agassi und Footex sind noch "Fast-Foot"-Anfänger, darum gibt Informatiker Tom Nicolai vom "Urban Team" noch einmal die letzten Anweisungen für die heutige Jagd auf dem Bremer Uni-Gelände. In die Rolle des Mister X schlüpft an diesem Morgen Nicolais Kollege Paul Zachos:

"Okay, jetzt geht es gleich los. Hier können wir schon mal sehen: Sechs Minuten Zeit habe ich zum Abhauen, 25 Minuten Spielzeit, alle sechs Minuten können die Runner mich sehen, die Verfolger. Und wir haben einen Radius, das Spielfeld, von einem Kilometer. Okay jetzt fängt es an, jetzt können wir los rennen."

Gleichzeitig verfolgt ein Teil des Teams am PC das Spielgeschehen live im Internet:

"Hier haben wir Roadrunner, der ist X, der hat noch genau 4 Minuten 40 zum Abhauen. Und hier sehen wir die Verfolger, die stehen jetzt gerade bei uns draußen vor der Tür."

Viereinhalb Minuten später sehen die Runner Mister X zum ersten Mal auf ihrem Display, und die eigentliche Jagd geht los.

"So, jetzt geht das Spiel los. Jetzt sehen die zum ersten Mal unsere Position. Also dieses X ist das, was die jetzt sehen. Die anderen Spieler sind hier unten, und die werden gleich auf uns zukommen, da sollten wir uns jetzt mal auf den Weg machen. Es kommt auch gerade eine Straßenbahn gerade."

Auch wenn das Ganze "Fast Foot" heißt, dürfen die Spieler nämlich durchaus öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Dabei ist Mister X permanent im Bilde, in welche Richtung sich seine Verfolger bewegen. Anders die Runner: Ihnen wird nur alle sechs Minuten per GPS die Position des Gejagten auf dem Handy-Display angezeigt. Wer die Spielfeldgrenze übertritt, wird disqualifiziert.

"Im Endeffekt müssen die 50 Meter an uns ran kommen. Das ist so ungefähr auch die Genauigkeit, die GPS erlaubt. Im Endeffekt müssen die mich gar nicht sehen. Die können auch hinterm Gebäude sein, wenn das nah genug dran wäre. Nein, die müssen mich nicht fangen, keinen physischen Kontakt zu mir haben, meistens sieht man dann schon die Leute, die einen fangen. Das Spiel endet auch häufig mit einem Spurt, wo man wirklich versucht, einfach abzuhauen."

Inzwischen ist Paul Zachos alias Mister X wieder zu Fuß unterwegs, und die Runner sind ihm auf den Fersen. Die Verfolger sind zwar Einzelkämpfer, dürfen sich während des Spiels aber per SMS austauschen.

"Die kommen relativ nah ran an uns, Fastrun ist 200 Meter an uns dran. Jetzt wäre es ratsam, sich mal ein bisschen schnell zu bewegen. Da sind die doch, die kommen da."

Jetzt zieht Mister X den Joker: Er geht offline und wird damit für die Jäger unsichtbar. Ein kluger Schachzug.

"Noch einmal umgucken, okay, wir haben sie ganz gut abgehangen, würde ich sagen. Also aktiviere ich wieder den ganz normalen Online-Modus. So, wir sind hier, sie sind alle an uns vorbei gegangen. Wir haben noch zwölf Minuten Zeit.

Okay, einer ist da. Der andere ist ungefähr da, das kann man hier sehr gut sehen auf dem Display. Agassi läuft uns fast entgegen, 200 Meter weiter rechts von uns. Die sehen uns noch zwei Mal, einmal in einer Minute, und eine Minute vor Spielende sehen die uns zum letzten Mal."

Doch ganz schnell ist die Situation brenzlich. Einer der Runner hat Mister X gesehen und läuft los - der Showdown:

"Okay, dann nix wie weg, los! Hat er uns? Ah, ja. Schade, der Bus wäre noch eine gute Rettung gewesen. Da ist er. Gratuliere, nicht schlecht, Runner. War ich die ganze Zeit so weit weg?"

"Nein, du warst ziemlich nah dran. Hier kann man die Punkte sehen: 15 Punkte hast du jetzt bekommen, davon zehn Punkte, weil du uns gekriegt hast. Zwei Punkte hat jeder von dem Runner-Team bekommen, weil die uns gefangen haben, drei Punkte, weil du am nächsten dran warst. Und du bist 1999 Meter gelaufen."

Mitspielen kann jeder, der sich auf der Website fastfoot.mobi einloggt und dort einen Termin und Treffpunkt mit anderen Spielern vereinbart. Das Spiel ist inzwischen über die Grenzen Bremens hinaus bekannt. Auf der größten internationalen Handy-Messe in Barcelona gewann Urban Team im Februar sogar den International Mobile Gaming Award für das beste Handy-Spiel des Jahres.

Als Zielgruppe haben die Bremer Informatiker um Urban Team-Geschäftsführer Tom Nicolai all jene im Auge, die sich gerne an der frischen Luft bewegen und dabei auf ihr Video-Spiel nicht verzichten wollen:

"Unsere Idee dabei ist so ein bisschen: Fußball für die Generation Game-Boy zu bauen. Der Fußball ist dabei das Spiel selber, den Verein übernimmt praktisch die Community bei uns, in der sich die Spieler locker organisieren können. Und das Stadion ist praktisch das Google Earth, auf dem wir die Spiele dann anzeigen."