Dem Familiengeheimnis auf der Spur
Der brasilianische Schriftsteller Rafael Cardoso ist in Berlin auf den Spuren seines Urgroßvaters Hugo Simon, dessen deutsche Herkunft ebenso ein Familiengeheimnis war wie dessen spurloses Verschwinden im Jahr 1941.
Nach dem Erfolg seines letzten Romans "Sechszehn Frauen" arbeitet der brasilianische Schriftsteller Rafael Cardoso an einem neuen Buch mit biographischem Hintergrund. Sein Urgroßvater Hugo Simon war als Bankier, Kunstsammler und Politiker eine prominente Figur im Berliner Kulturlebens in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, erzählte er im Deutschlandradio Kultur. "Sechs kurze Wochen war er auch Finanzminister in Preußen und zwar kurz nach der Novemberrevolution", sagte Cardoso.
Im Exil verschwunden
Sein Urgroßvater sei in den 1930er Jahren als Jude nach Frankreich emigriert und habe sich im Exil sehr stark engagiert, bis er 1941 spurlos verschwunden sei. "Man hat nie wieder von ihm gehört und genau darum geht es in meinem Buch." Mit der Hilfe von Rechercheuren habe er schon sehr viel Archivmaterial in Berlin gesichtet, beispielsweise seine Korrespondenz oder Dokumente über seine Ausbürgerung.
Schweigen über Deutschland
In seiner Familie habe er lange nichts über seinen Urgroßvater erfahren, sagte der Autor. "Ich habe erst jetzt angefangen, deutsch zu lernen." Bis zu seinem 16. Lebensjahr habe er nichts über Hugo Simon gewusst. "Ich wusste auch noch nicht einmal, dass wir deutscher Abstammung waren." Sein Vater habe immer den Raum verlassen, wenn jemand deutsch sprach. Seine Vorfahren seien nie wieder nach Europa gefahren, es waren erst sein Bruder und er, die dann wieder anfingen nach Europa zu reisen. "Insofern ist diese ganze Geschichte um Hugo Simon für mich ein unglaublich großes Geheimnis immer gewesen", sagte Cardoso. Nun sei er dabei, die ganze Lebensgeschichte zusammen zu puzzeln und auch davon erzählen zu wollen, "wie diese Geschichte zu mir gekommen ist."