Raffinierte akustische Täuschung

Von Jutta Petermann |
Luke Temple hat die Oberfläche seines Synthie-Soul-Pop besonders poliert, um ein paar schwer verdauliche Botschaften zu transportieren.
Der New Yorker badet geradezu in einem 80er-Jahre Synthie-Soul-Pop-Sound, den er raffiniert vielschichtig und ganz dicht gewebt hat. Sein Album "Good Mood Fool" wirkt beim ersten Hören extrem fluffig, süffig, geschmeidig, gleichzeitig aber auch schwerverdaulich. Je funkelnder und strahlender die Oberfläche scheint, desto düsterer wird der Inhalt. Temple kreiert keine Fantasy Horror-Szenarien, sondern beschreibt einfach nur das wahre Leben.

Im karibisch groovenden Song "Florida" geht es um die vielen Toten, die der Drogenkrieg kostet, weil sich in den USA die Schickeria gerne mit Kokain aufputscht, um länger Party machen zu können. Seine softe Hymne "Terrified Witness" erinnert an die Atomtests in den USA und die zahllosen unfreiwilligen Zeugen, die wegen unzureichender Sicherheitsvorkehrungen verstrahlt wurden. Er singt von ausgebeuteten Immigranten und von dem Wahnsinn der vielen Schießereien in den USA.

Luke Temple hat ein paar unbequeme Gedanken parat. Und er weiß, wie er sie geschmeidig klingend rüberbringen soll. Ein bisschen maliziös ist das schon, seine Hörer erst so einzuseifen, um dann die Keule rauszuholen. Je öfter ich das Album gehört habe, desto mehr Gefallen habe ich an den Songs gefunden. Während man auf die bitterbösen Geschichten achtet, entdeckt man auf einmal die vertrackten rhythmischen Spielereien: Die Melodien der 80er Jahre, der sirenenhafte-Falsett-Gesang von LukeTemple oder die funkigen Zwischentöne. Dann funkelt die erst so hell und unschuldig schimmernde Oberfläche auf einmal in dunklem Rubinrot - ziemlich genial.

Luke Temple: "Good Mood Fool"
Label: Secretly Canadian