Ramadan und Corona

Virtuelles Fastenbrechen

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Blick von oben auf eine junge muslimische Familie, die während des Ramadan im Koran lesen. (Symbolbild)
Der Ramadan ist eine wichtige Zeit der Einkehr für gläubige Muslime. © picture alliance / Zoonar / Benis Arapovic
Elvedin Goljica im Gespräch mit Julius Stucke |
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Der Ramadan bricht an. Für Muslime ist dies eine Zeit der Familie und der Besinnlichkeit. Weil das Fastenbrechen im großen Freundes- und Familienkreis derzeit nicht möglich ist, helfen virtuelle Predigten und Online-Ratgeber.
Es ist eine Zeit wichtiger religiöser Feste unter schwierigen Bedingungen: von Ende März bis zum 4. April das jüdische Pessachfest, danach das Osterwochenende. Und am 12. April, abends, beginnt der Fastenmonat Ramadan.
Auch als Nicht-Muslim bekommt man Ramadan – je nach Jahreszeit und Wetter – ganz gut mit. Etwa, wenn draußen Nachbarn sich zum gemeinsamen Fastenbrechen treffen.
Doch in Coronazeiten ist alles etwas anders. Die meisten Muslime verbringen die Fastenzeit in den eigenen vier Wänden. Und auch am Abend geht nicht viel – schon gar nicht in Gesellschaft. Das widerspreche eigentlich dem Gedanken des Ramadan, sagt Elvedin Goljica, sunnitischer Muslim und Projektmanager beim Muslimischen Jugendwerk: "Der Ramadan ist die Zeit der Familie, der Besinnlichkeit und der Entrümpelung des bisherigen Lebens." Sich unbeschwert in großer Runde zum Fastenbrechen zu treffen, sei in diesen Zeiten unmöglich.

Online-Predigten und Rezepte austauschen

Jedoch habe der Ramadan im Pandemiejahr 2020 die gläubigen Muslime ganz gut auf dieses Jahr vorbereitet. "Virtuelles gemeinsames Kochen und Beten und virtuelle Predigten sind dieses Jahr ein normalerer Bestandteil geworden, genauso wie der Austausch von Rezepten."
Viele hätten Lust bekommen, nachhaltiger zu kochen, auf Plastikmüll möglichst zu verzichten und Bio- und Fair-Trade-Produkte zu verarbeiten, erläutert Goljica. Und: Im Internet und auf Social-Media-Plattformen kursierten mittlerweile viele Ratgeber, wie man den Ramadan unter Lockdownbedingungen gut bewältigen könne.

Fasten aus Solidarität mit dem WG-Kumpel

Natürlich sei es für Alleinlebende nicht so einfach, räumt der gläubige Muslim ein. Selbst wer keine eigene Familie habe, aber zumindest in einer WG lebe, sei besser dran. Ihm gefalle deshalb die Geschichte eines Freundes, ebenfalls ein gläubiger Muslim. Der berichtete ihm, "dass sein WG-Mitbewohner, der kein Muslim ist, dieses Jahr mitfasten möchte. Aus Solidarität und Mitgefühl." Zwei Begriffe, die im Islam eine wichtige Rolle spielen.

Zweiter Ramadan in der Pandemie – In "Fazit" sprach Sigrid Brinkmann mit der bosnisch-muslimischen Journalistin Melina Borčak.


Die bosnisch-muslimische Journalistin Melina Borčak erzählt, dass es dieses Jahr bei ihrer Familie in Sarajevo, genau wie im Jahr zuvor, viel weniger Vorbereitungen gebe als üblich. Normalerweise würden im Ramadan fast jeden Abend Freunde, Familienmitglieder oder Nachbarn zum Fastenbrechen eingeladen. Dieses Jahr werde diese Zeit viel ruhiger ausfallen.

Was man durch Verzicht lernen kann

"Der Ramadan ist das Highlight des muslimischen Kalenders. Wir freuen uns, dass wir von dieser schnellen und manchmal auch überlastenden Welt eine Pause bekommen und uns auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren können." Der Fastenmonat beinhalte zwei der fünf Säulen des Islam: Das Fasten und das Spenden an Bedürftige, sagt Borčak.
Durch das Fasten merkten die Menschen, wie schwer es ist, auf bestimmte Dinge zu verzichten und welches Glück sie haben, normalerweise nicht darauf verzichten zu müssen. "Wenn man einen Monat lang Hunger spürt, was wir eigentlich in unserer Wohlstandswelt nicht spüren, wenn wir das einen Monat lang durchmachen, Hunger und Durst, dann spenden wir am Ende des Monats viel mehr Geld an Bedürftige, als wir es sonst machen würden. Das ist eine der schönsten Sachen an der islamischen Tradition."

Ramadan feiern, auch wenn man nicht religiös ist

Außerdem mache der Kontrast zwischen dem Verzicht tagsüber und dem Essen und Spaß haben mit Freunden nach Sonnenuntergang die Abende umso schöner. Den Ramadan könne man zudem auch feiern, wenn man nicht sehr religiös sei.
"Genau so wie es Christen gibt, die nur an Gott denken, wenn sie in einem brennenden Flugzeug sind oder wenn Weihnachten ist, gibt es auch Menschen, die 'kulturell muslimisch' sind, die die Feiertage mitmachen und sich an der Ramadan-Atmosphäre erfreuen, obwohl sie vielleicht selbst nicht so gläubig sind." Auch Nicht-Muslime seien beispielsweise zum Fastenbrechen eingeladen, sagt Borčak.
(mkn/rja)

Ramadan in der Pandemie - ein Fest ohne Öffentlichkeit? In "Studio 9" sprach Stephan Karkowsky mit der Kinderbuchautorin und Unternehmerin Nadia Doukali:

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