Randall Munroe: Der Dinge-Erklärer – Thing Explainer. Komplizierte Sachen in einfachen Worten
Aus dem amerikanischen Englisch von Ralf Pannowitsch und Benjamin Schilling
Knaus Verlag, München 2015
72 Seiten, 24,99 Euro
Komplizierte Dinge einfach erklärt
Die meisten Menschen glauben, dass sie niemals begreifen werden, wie das Innenleben eines Computers oder einer Geschirrspülmaschine funktioniert. Der ehemalige NASA-Robotiker Randall Munroe versucht in seinem Buch "Der Dinge-Erklärer" derartige Fragen zu beantworten.
Lernen könnte so einfach sein. Und Spaß machen. Hätte man einen Lehrer, der das Kunststück beherrscht, komplizierte Dinge verständlich zu erklären und gleichzeitig neugierig zu machen auf mehr. Der ehemalige NASA-Robotiker Randall Munroe ist genau das. Seit zehn Jahren erzählt er in seinem Webcomic "xkcd" witzige Geschichten von Strichmännchen, die versuchen, mathematische, naturwissenschaftliche oder philosophische Phänomene zu verstehen. Auch ungewöhnliche Leser-Fragen - "Wie wäre es, in einem Pool auf dem Mond zu schwimmen?" - beantwortet der 31-jährige Physiker online. Sein Buch "What if?" – eine Auswahl der besten Antworten – ist längst ein Bestseller.
Mit seinem neuen Geniestreich dürfte Munroes Fangemeinde weiter wachsen. Die meisten Menschen winken eher ab bei dem Gedanken, jemals zu begreifen, wie das Innenleben eines Computers oder einer Geschirrspülmaschine funktioniert. Das Buch "Der Dinge-Erklärer" wird sie in Versuchung führen, einen neuen Anlauf zu wagen. Dreiundvierzig Dinge hat Randall Munroe ausgewählt, deren Beschaffenheit und Arbeitsweise er offen legt. Das Besondere: Ein paar Comiczeichnungen und nur ein Reservoir von tausend unterschiedlichen Wörtern sollen dafür ausreichen. Schlichte Vokabeln, die am häufigsten im Alltag benutzt werden.
Kein Bilderbuch für Kinder
Der Effekt ist phänomenal. Durch die einfache Sprache und die tollen Zeichnungen fühlt man sich sofort eingeladen, durch das Buch zu blättern. Jeglicher Druck, man könnte überfordert werden und deshalb als dumm dastehen, schwindet. Gleichzeitig wird man aber auch immer wieder überrascht. Weil der Wortschatz so begrenzt ist, muss Munroe die Dinge umschreiben. Das führt zu einem "produktiven Verfremdungseffekt", manchmal muss man eine Weile überlegen und genau hinschauen, um zu wissen, was er eigentlich meint. Ein "Himmelsboot mit Drehflügeln"? Ein "Faltcomputer", ein "Formprüfer"? Eine "Box, die gut riechen lässt"? Was soll das sein?
Doch nicht nur diese ungewöhnlichen Namensgebungen verblüffen und führen zu einem neuen Blick auf die Dinge. Jedes Detail fesselt. Etwa, wenn Randall Munroe die "Radiowellenbox für warmes Essen" erklärt. Gemeint ist die Mikrowelle. Kenntnisreich beschreibt er alle Bestandteile des Geräts und schildert, was Radiowellen mit dem Essen anstellen, so dass man es am Ende verzehren kann. Immer wieder lässt er aber auch Fragen offen. Zum Beispiel bei der ISS, der "Wohngemeinschaft im Weltraum". Der größte Raum sei erbaut von einem Land, das man so nennt, wie die aufgehende Sonne. Sein Kalkül geht auf. Sofort springt man zum Computer und sucht das Land, dessen Namen einem gerade nicht einfallen will.
"Der Dinge-Erklärer" ist – auch wenn es auf den ersten Blick so scheint – kein Bilderbuch für Kinder. Dafür sind die Dinge, die er ausgesucht hat, zu komplex. Aber es weckt das Kind im Erwachsenen. Randall Munroe macht vor, was Wissensvermittlung eigentlich leisten muss: Die Lust Dinge zu entdecken und die Welt selbst zu erkunden.