Rappen als Gebet
Zu Rap und Hip-Hop gehört nicht nur cooles Auftreten, sondern auch Machogehabe, Sexismus oder Gewaltverherrlichung - so zumindest das Klischee. Aber mit der Musik lassen sich auch religiöse Inhalte transportieren.
Noah: "Ich gehöre zur Hip-Hop-Kirche und bin christlicher Rapper. Auf diese Weise komm ich Gott sehr nahe. Das hat sich sehr positiv auf mein Dasein ausgewirkt und mein Leben vollkommen verändert. Jesus Christus kam auf die Erde, starb, um Menschen von ihren Sünden zu erlösen und am dritten Tag ist er auferstanden. Das ist unsere Botschaft."
Julia: "In der Hip-Hop-Kirche habe ich vor zwei Jahren zuerst als DJ angefangen und gleich danach mit dem Rappen begonnen. Hier kann ich in einem Reim genau das auszudrücken, was ich fühle und mich bewegt. Dabei spielt Gott natürlich eine zentrale Rolle. Ich finde es schon klasse, dass wir gerade mit Hip-Hop so viele Menschen erreichen können. Denn fast jeder auf Welt kennt und hört Hip-Hop. Es ist es wirklich spannend, was für Mittel Gott einsetzt, um alle anzusprechen. Gott benutzt Humor, Gesang und Hip-Hop."
Der New Yorker Stadtteil Harlem, Greater Hood Memorial Zion Church, 146. Straße. Hier findet jeden Donnerstag um 19 Uhr ein Hip-Hop-Gottesdienst statt. Trotz Sturmwarnung sind heute immerhin an die 50 Besucher gekommen. Die meisten sind Afroamerikaner, in Jeans und Kapuzenjacke gekleidet. Einige Touristen aus Kanada, Australien, Deutschland und England sind auch darunter. Hier geht es nicht um Unterhaltung, es findet auch keine Aufführung statt. Hier wollen sich die Jugendlichen an Gott wenden, aber eben nicht wie in einem traditionellen Gottesdienst.
Noah: "Unsere Arbeit besteht darin, Inhalte aus der Bibel so umzuwandeln, dass die Texte sich reimen. Ich übertrage zum Beispiel die Geschichte von der Sintflut aus dem Buch Genesis Kapitel 6. Darin findet Noah Gnade in den Augen des Herrn. Aus dem gesamten Text mache ich einen Reim. Außerdem hab ich die Geschichte von Jesus von Nazareth in drei Versen zusammengefasst. Es geht darum, wie Jesus mit seinen Jüngern sprach, und ein Thema sind seine Gleichnisse, Reden und Bekenntnisse."
Julia: "Ich hab das Gefühl, dass nicht ich diese christlichen Texte schreibe. Es ist vielmehr so, dass Gott seine Texte und Ideen an mich weitergibt und ich dann wie ein Ghostwriter schreibe. Schon lange habe ich mich mit christlichem Rap beschäftigt und ich dachte, ich wäre die Einzige. Doch als ich dann die Hip-Hop-Kirche hier entdeckt habe, war ich begeistert. Endlich habe ich Gleichgesinnte gefunden und kann meine Fähigkeiten ausbauen und vertiefen."
Julia rappt: "Es ist Zeit, was zu geben,
es selbst in die Hand zu nehmen.
Aufzustehen für den Herrn,
sie können es nicht erblicken,
wie der Herr die Welt kann erquicken,
sie müssen sich öffnen dem Herrn,
dann ist das ewige Leben nicht fern,
ich brauche die Hilfe des Herrn.
Ich will die Wahrheit nicht länger vermissen,
Du bist zu fern."
Nach einem kurzen Gebet stellt der Jugendpriester Tykym Stallings die Rapperin Julia vor, die "I don´t deserve" (zu deutsche: "Das verdiene ich nicht") singt.
Tykym Stallings: "Hip-Hop? Kirche? Das sind erst mal zwei Begriffe, die anscheinend überhaupt nicht zusammenpassen. Doch wenn die Leute vom Hip-Hop-Gottesdienst hören, werden sie neugierig und wollen mehr darüber erfahren. Ja, so hat alles vor fünf Jahren begonnen. Seitdem hat sich Einiges getan: Ganz am Anfang waren hier vor allen Dingen junge Kids und Jugendliche. Doch inzwischen kommen auch 20-, 30-, 40-Jährige und auch Ältere zu unseren Gottesdiensten. Meist sind sie beim ersten Besuch misstrauisch. Denn bisher haben sie so viel Negatives über Hip-Hop gehört und fragen sich: Wie soll Hip-Hop und Kirche miteinander vereinbar sein? Dann sehen sie aber, dass die Rapper hier positive Dinge zur Sprache bringen und Gott lobpreisen. Sie sprechen nicht von Frauen, Drogen oder Alkohol."
Tykym Stallings will mit einem großen Vorurteil aufräumen: Hip-Hop wird sehr oft mit Gangster Rap gleichgesetzt, einer kommerziell äußerst erfolgreichen Strömung innerhalb der Hip-Hop-Musik. Dabei steht die Verherrlichung von Drogenhandel, Zuhälterei und Mord im Mittelpunkt. Die Gangster-Rapper geben sich als Supermachos, brutal, skrupellos, abgebrüht und geübt im Umgang mit Waffen. Hier in der Greater Memorial Zion Church lobpreisen die Rapper Gott.
Hip-Hop bezeichnet nicht nur eine Musikrichtung, sondern auch die Jugendkultur mit den Elementen Rap, DJing und Breakdance. Geburtsort von Hip-Hop ist New York City, eine Stadt voller Gegensätze. Besonders im Stadtteil Harlem findet man extreme soziale Bedingungen. Dieses Viertel ist ein guter Nährboden für Eigeninitiative gepaart mit Kreativität, neuen Trends und Lebensformen.
Noah: "Wir wissen doch alle, dass das hier eine Hip-Hop-Generation ist. Das einzige wirksame Mittel, mit dem man die Jugendlichen von der Straße wegbekommt und gewinnt, ist, dass man ihre Sprache spricht, nämlich den Hip-Hop. Einige sind vollkommen verblüfft, dass man hierfür Texte aus der Bibel nimmt und sie dann in Versen als Rap vorträgt. Ich habe erlebt, wie manche sofort während des Gottesdienstes einen direkten Kontakt zu Gott fanden. Das muss irgendwie ansteckend sein und sich auf viele übertragen."
Tykym Stallings war dabei, als vor fünf Jahren der Hip-Hop-Pionier Kurtis Blow und Pastor Stephen Pogue mit ganz neuen Mitteln die Kinder aus Harlem von der Straße in die Kirche holten, indem sie Gottesdienste in Rapform machten:
"Von Anfang an war ich mit dabei, zuerst als Zuschauer, doch bald als aktives Mitglied und nun als Jugendpastor. Der Hip-Hop-Gottesdienst bedeutet den meisten Teilnehmern sehr viel und er kann auch viel bewirken. Er hat einen positiven Einfluss auf das Leben vieler – auf meines beispielsweise. Ich habe hier ein Ziel und eine Aufgabe gefunden und fühle mich eins mit Gott. Gott kann letztendlich zu jeder Art von Musik sprechen – ob es nun Hip-Hop, Rock, Folk oder Klassik ist."
Tykym Stallings hatte damals gerade die Schule abgebrochen und trieb sein Unwesen in Straßengangs, die damals Harlem unsicher machten. Das ist lange her. Inzwischen hat er seinen Schulabschluss nachgeholt und ein Studium an der Universität begonnen. Auch Noahs Leben war auf die schiefe Bahn geraten:
"Natürlich hab ich früher gerappt. Da hatte ich allerdings andere Vorbilder: Lil Wayne und Jay Z. Das war aber absolut kein christlicher Hip-Hop, ganz das Gegenteil. Die Kirche und der Glaube waren mir damals zwar nicht vollkommen fremd. Ich ging mit meiner Großmutter und meiner Mutter in die Kirche. Doch mit zehn landete ich dann auf der Straße. Drogen, Kriminalität und Gewalt gehörten zu meinem Alltag. Als damals mein bester Freund bei einer Schießerei ums Leben kam und ich zu seiner Beerdigung ging, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Den Sonntag danach bin ich zur Kirche zurückgekehrt und die Hip-Hop-Kirche spielte dabei eine wichtige Rolle. Nun habe ich eine sehr enge, persönliche Verbindung zu Gott aufgenommen."
Wie man in der Großstadt New York überleben kann und wie man mit Angst, Aggression und Gewalt umgeht, sind wichtige Fragen, die im Hip-Hop-Gottesdienst zur Sprache kommen.
Tykym Stallings: "Dieser Song ist unserer Stadt gewidmet. Wer ist hier New Yorker?
Etwas stimmt nicht mit meiner Stadt
man respektiert hier die Leute nicht.
Hier töten sie einfach,
Christine ist 16 und schwanger,
wie hart ist das Leben in meiner Stadt.
die Träume der Sechziger
waren schon in den Siebzigern vorbei."
Im Hip-Hop-Gottesdienst können die Jugendlichen in ihrer Sprache zu einem Dialog mit Gott finden und über ihren Glauben sprechen. Und: Der Hip-Hop-Gottesdienst gibt ihnen auch eine Perspektive. So auch Julia:
"Ich habe bereits drei eigene christliche Rap-Songs kreiert. Wohin Gott mich weiter führen wird, weiß ich noch nicht genau. Aber eines ist klar, ich will bald eine CD veröffentlichen und daran arbeite ich."
Julia: "In der Hip-Hop-Kirche habe ich vor zwei Jahren zuerst als DJ angefangen und gleich danach mit dem Rappen begonnen. Hier kann ich in einem Reim genau das auszudrücken, was ich fühle und mich bewegt. Dabei spielt Gott natürlich eine zentrale Rolle. Ich finde es schon klasse, dass wir gerade mit Hip-Hop so viele Menschen erreichen können. Denn fast jeder auf Welt kennt und hört Hip-Hop. Es ist es wirklich spannend, was für Mittel Gott einsetzt, um alle anzusprechen. Gott benutzt Humor, Gesang und Hip-Hop."
Der New Yorker Stadtteil Harlem, Greater Hood Memorial Zion Church, 146. Straße. Hier findet jeden Donnerstag um 19 Uhr ein Hip-Hop-Gottesdienst statt. Trotz Sturmwarnung sind heute immerhin an die 50 Besucher gekommen. Die meisten sind Afroamerikaner, in Jeans und Kapuzenjacke gekleidet. Einige Touristen aus Kanada, Australien, Deutschland und England sind auch darunter. Hier geht es nicht um Unterhaltung, es findet auch keine Aufführung statt. Hier wollen sich die Jugendlichen an Gott wenden, aber eben nicht wie in einem traditionellen Gottesdienst.
Noah: "Unsere Arbeit besteht darin, Inhalte aus der Bibel so umzuwandeln, dass die Texte sich reimen. Ich übertrage zum Beispiel die Geschichte von der Sintflut aus dem Buch Genesis Kapitel 6. Darin findet Noah Gnade in den Augen des Herrn. Aus dem gesamten Text mache ich einen Reim. Außerdem hab ich die Geschichte von Jesus von Nazareth in drei Versen zusammengefasst. Es geht darum, wie Jesus mit seinen Jüngern sprach, und ein Thema sind seine Gleichnisse, Reden und Bekenntnisse."
Julia: "Ich hab das Gefühl, dass nicht ich diese christlichen Texte schreibe. Es ist vielmehr so, dass Gott seine Texte und Ideen an mich weitergibt und ich dann wie ein Ghostwriter schreibe. Schon lange habe ich mich mit christlichem Rap beschäftigt und ich dachte, ich wäre die Einzige. Doch als ich dann die Hip-Hop-Kirche hier entdeckt habe, war ich begeistert. Endlich habe ich Gleichgesinnte gefunden und kann meine Fähigkeiten ausbauen und vertiefen."
Julia rappt: "Es ist Zeit, was zu geben,
es selbst in die Hand zu nehmen.
Aufzustehen für den Herrn,
sie können es nicht erblicken,
wie der Herr die Welt kann erquicken,
sie müssen sich öffnen dem Herrn,
dann ist das ewige Leben nicht fern,
ich brauche die Hilfe des Herrn.
Ich will die Wahrheit nicht länger vermissen,
Du bist zu fern."
Nach einem kurzen Gebet stellt der Jugendpriester Tykym Stallings die Rapperin Julia vor, die "I don´t deserve" (zu deutsche: "Das verdiene ich nicht") singt.
Tykym Stallings: "Hip-Hop? Kirche? Das sind erst mal zwei Begriffe, die anscheinend überhaupt nicht zusammenpassen. Doch wenn die Leute vom Hip-Hop-Gottesdienst hören, werden sie neugierig und wollen mehr darüber erfahren. Ja, so hat alles vor fünf Jahren begonnen. Seitdem hat sich Einiges getan: Ganz am Anfang waren hier vor allen Dingen junge Kids und Jugendliche. Doch inzwischen kommen auch 20-, 30-, 40-Jährige und auch Ältere zu unseren Gottesdiensten. Meist sind sie beim ersten Besuch misstrauisch. Denn bisher haben sie so viel Negatives über Hip-Hop gehört und fragen sich: Wie soll Hip-Hop und Kirche miteinander vereinbar sein? Dann sehen sie aber, dass die Rapper hier positive Dinge zur Sprache bringen und Gott lobpreisen. Sie sprechen nicht von Frauen, Drogen oder Alkohol."
Tykym Stallings will mit einem großen Vorurteil aufräumen: Hip-Hop wird sehr oft mit Gangster Rap gleichgesetzt, einer kommerziell äußerst erfolgreichen Strömung innerhalb der Hip-Hop-Musik. Dabei steht die Verherrlichung von Drogenhandel, Zuhälterei und Mord im Mittelpunkt. Die Gangster-Rapper geben sich als Supermachos, brutal, skrupellos, abgebrüht und geübt im Umgang mit Waffen. Hier in der Greater Memorial Zion Church lobpreisen die Rapper Gott.
Hip-Hop bezeichnet nicht nur eine Musikrichtung, sondern auch die Jugendkultur mit den Elementen Rap, DJing und Breakdance. Geburtsort von Hip-Hop ist New York City, eine Stadt voller Gegensätze. Besonders im Stadtteil Harlem findet man extreme soziale Bedingungen. Dieses Viertel ist ein guter Nährboden für Eigeninitiative gepaart mit Kreativität, neuen Trends und Lebensformen.
Noah: "Wir wissen doch alle, dass das hier eine Hip-Hop-Generation ist. Das einzige wirksame Mittel, mit dem man die Jugendlichen von der Straße wegbekommt und gewinnt, ist, dass man ihre Sprache spricht, nämlich den Hip-Hop. Einige sind vollkommen verblüfft, dass man hierfür Texte aus der Bibel nimmt und sie dann in Versen als Rap vorträgt. Ich habe erlebt, wie manche sofort während des Gottesdienstes einen direkten Kontakt zu Gott fanden. Das muss irgendwie ansteckend sein und sich auf viele übertragen."
Tykym Stallings war dabei, als vor fünf Jahren der Hip-Hop-Pionier Kurtis Blow und Pastor Stephen Pogue mit ganz neuen Mitteln die Kinder aus Harlem von der Straße in die Kirche holten, indem sie Gottesdienste in Rapform machten:
"Von Anfang an war ich mit dabei, zuerst als Zuschauer, doch bald als aktives Mitglied und nun als Jugendpastor. Der Hip-Hop-Gottesdienst bedeutet den meisten Teilnehmern sehr viel und er kann auch viel bewirken. Er hat einen positiven Einfluss auf das Leben vieler – auf meines beispielsweise. Ich habe hier ein Ziel und eine Aufgabe gefunden und fühle mich eins mit Gott. Gott kann letztendlich zu jeder Art von Musik sprechen – ob es nun Hip-Hop, Rock, Folk oder Klassik ist."
Tykym Stallings hatte damals gerade die Schule abgebrochen und trieb sein Unwesen in Straßengangs, die damals Harlem unsicher machten. Das ist lange her. Inzwischen hat er seinen Schulabschluss nachgeholt und ein Studium an der Universität begonnen. Auch Noahs Leben war auf die schiefe Bahn geraten:
"Natürlich hab ich früher gerappt. Da hatte ich allerdings andere Vorbilder: Lil Wayne und Jay Z. Das war aber absolut kein christlicher Hip-Hop, ganz das Gegenteil. Die Kirche und der Glaube waren mir damals zwar nicht vollkommen fremd. Ich ging mit meiner Großmutter und meiner Mutter in die Kirche. Doch mit zehn landete ich dann auf der Straße. Drogen, Kriminalität und Gewalt gehörten zu meinem Alltag. Als damals mein bester Freund bei einer Schießerei ums Leben kam und ich zu seiner Beerdigung ging, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Den Sonntag danach bin ich zur Kirche zurückgekehrt und die Hip-Hop-Kirche spielte dabei eine wichtige Rolle. Nun habe ich eine sehr enge, persönliche Verbindung zu Gott aufgenommen."
Wie man in der Großstadt New York überleben kann und wie man mit Angst, Aggression und Gewalt umgeht, sind wichtige Fragen, die im Hip-Hop-Gottesdienst zur Sprache kommen.
Tykym Stallings: "Dieser Song ist unserer Stadt gewidmet. Wer ist hier New Yorker?
Etwas stimmt nicht mit meiner Stadt
man respektiert hier die Leute nicht.
Hier töten sie einfach,
Christine ist 16 und schwanger,
wie hart ist das Leben in meiner Stadt.
die Träume der Sechziger
waren schon in den Siebzigern vorbei."
Im Hip-Hop-Gottesdienst können die Jugendlichen in ihrer Sprache zu einem Dialog mit Gott finden und über ihren Glauben sprechen. Und: Der Hip-Hop-Gottesdienst gibt ihnen auch eine Perspektive. So auch Julia:
"Ich habe bereits drei eigene christliche Rap-Songs kreiert. Wohin Gott mich weiter führen wird, weiß ich noch nicht genau. Aber eines ist klar, ich will bald eine CD veröffentlichen und daran arbeite ich."