Rapper gegen Erdogan

"Wir wollen einfach nicht mehr schweigen"

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Das Bild zeigt einen Screenshot von dem Video welches über Şanışer, einen der 20 Musiker online gegeangen ist. Im Bild schreit er seine Wut und Frustation über gesellschaftliche Misstände hinaus, die in den Texten und Überblendungen im Video von ihm und den 19 weiteren Musikern in unterschiedlichen Szenerien aufgegriffen werden.
Screenshot aus dem Video zu "Susamam": Wenn sich die Regierung angesprochen fühlt, ist das gut. © Screenshot Youtube-Kanal von Şanışer: Copyright Susamam
Fuat Ergin im Gespräch mit Gesa Ufer |
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Kaum ein heikles Thema wird ausgespart: 18 Rapper haben in der Türkei ein Musikvideo veröffentlicht, das die gesellschaftlichen Verhältnisse kritisiert und über das nun heftig diskutiert wird. Was sich in seinem Land ändern muss, erzählte uns der Sänger Fuat Ergin.
Ein Musikvideo schlägt zur Zeit in der Türkei hohe Wellen: "Susamam" ("Ich kann nicht schweigen") heißt der Track, für den sich 18 Rapper zusammengetan haben, um in einer Mischung aus Klage und Selbstanklage über die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Türkei zu sprechen, über Einschüchterung durch die Polizei, Massenfestnahmen, Gewalt gegen Frauen.
In dem Song heißt es unter anderem: "Ich habe geschwiegen, wurde zum Komplizen. Nun denke ich zweimal nach, bevor ich twittere. Ich fürchte mich vor der Polizei meines eigenen Landes. Es tut mir leid. Euer Vermächtnis ist diese hoffnungslose Jugend."

Möglich, dass es zu Repressionen kommt

Kopf hinter dem Musikprojekt ist der Rapper Sarp Palaur, der das Video Freitagnacht unter seinem Künstlernamen Şanışer ins Netz stellte. Seitdem haben es 18 Millionen Internet-User gesehen.
Über die Zerstörung der Natur singt Fuat Ergin in "Susamam". Er ist seit langem in der Rapszene aktiv, erst in Berlin, wo er geboren wurde, und inzwischen in Istanbul.
Ergin wurde vor dreieinhalb Monaten von Şanışer gefragt, ob er bei dem Musikprojekt mitmachen wolle. Mit der großen Resonanz hätten alle Beteiligten nicht gerechnet, sagt Ergin.
Nun drohe Repression durch die Behörden. Doch man werde sich nicht verstecken. "Wir wollen einfach nicht mehr schweigen", sagt Ergin.

Ziel ist, das Land zu einen

In der Öffentlichkeit werde dem Musikprojekt unter anderem vorgeworfen, dass dahinter die CIA und der israelische Geheimdienst Mossad stünden, die Musiker Agenten des islamistischen Predigers Fethullah Gülen seien oder von der kurdischen PKK unterstützt würden, berichtet der Rapper. Das sei aber nicht der Fall: "Wir wollen das Land zusammenführen. Gemeinsam können wir durch diese Hölle gehen."
Für die aktuelle Situation in der Türkei sei der Präsident Recep Tayyip Erdogan verantwortlich, sagt Ergin. Wenn sich die Regierung von dem Lied "Susamam" angesprochen fühle, sei das gut. Denn in dem Land gehe einiges den Bach herunter. "Wir wollen, dass sich alles ändert. Wir wollen in einem Land leben, wo wir uns wirklich wohlfühlen."
(rzr)
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