Jüdischer Rapper Kosha Dillz
„Das Problem Antisemitismus wird nicht gelöst, wenn Juden aufhören, stolz darauf zu sein, wer sie sind“, sagt der US-Rapper Kosha Dillz. © @cliftonprescod (instagram)
"Man sollte stolz darauf sein, wer man ist"
06:23 Minuten
Er tritt gegen Hip-Hop-Legenden bei Rap Battles an und schlägt sie: Kosha Dillz heißt der US-Rapper, trägt statt eines Caps Kippah, statt Goldkette einen Davidstern. Eine Provokation? "Ich bin gut und ich bin einfach da", sagt er.
Katja Garmasch: Kosha Dillz, mit bürgerlichem Namen Rami Matan Even-Esh, spielt gerne mit jüdischen Klischees und rappt abgesehen von englisch auch auf Jiddisch und Hebräisch. Er ist in New Jersey geboren, seine Eltern sind aus Israel in die USA eingewandert.
Er rappt seit er 17 ist, hat eine Gangsterrapper-Laufbahn hinter sich: Drogen, Knastaufenthalt, tough Life – hartes Leben. Nun ist Kosha Dillz seit 18 Jahren clean, und the "Nice Guy" unter den NY-Rappern. Gerade war er in der Finale einer amerikanischen Rap-Casting-Show und auch auf Tour in Deutschland. Wie ist Deine Beziehung zum Judentum und was bedeutet es für Dich, ein jüdischer Rapper zu sein?
Kosha Dillz: Ich denke, es ist wichtig zu erwähnen, dass ich Israeli bin. Ich bin zwar in Amerika geboren, aber meine ganze Familie ist israelisch, und wir kommen aus Polen und Rumänien. Der größte Teil meiner Familie wurde im Holocaust umgebracht, und es ist mir sehr wichtig, die Juden an Orten zu repräsentieren, an denen es jetzt keine Juden gibt und von denen die Juden vertrieben wurden.
Ich denke, dass es sehr wichtig ist, nach Deutschland zu kommen, und für die Menschen in solchen Ländern ist es wichtig, jüdische Stimmen zu hören, starke jüdische Stimmen, um das moderne Judentum zu verstehen, seine Beziehung zu Israel, oder warum wir überall auf der Welt leben und trotzdem alle miteinander verbunden sind. Ein Jude aus Amerika ist also nicht nur ein Jude aus Amerika. Er ist ein Jude aus Judäa und ist mit allen anderen verbunden.
"Antisemitismus richtet sich gegen Menschen"
Garmasch: Das war aber nicht immer so, am Anfang deiner Rap-Karriere fandest Du es nicht so cool, jüdisch zu sein. Da war dein Künstler Name noch KD Flow, weil es nicht jüdisch klingen sollte. Wie kam dann der Wandel?
Dillz: Ich habe damals angefangen, einen Davidstern zu tragen. Ich änderte meinen Namen in Kosha Dillz. Das war 2005. Ich kam aus dem Gefängnis und ich war einfach stolz darauf, wer ich war. Ich wollte einfach nur meinen Scheiß repräsentieren. Ich mag es zu repräsentieren. Das ist es, was Hip-Hop einem beibringt. Ich wurde einfach mehr zu dem, was ich war.
Ich trage nicht immer die Jarmulke, aber, wenn ich sie trage, dann ein bisschen seitlich, mit ein bisschen Protz. Das nimmt die Religion daraus und stellt mehr die Identität oder meine ethnische Herkunft als Jude in den Vordergrund. Das ist sehr stark, denn Antisemitismus richtet sich nicht gegen die Religion, sondern gegen die Menschen. Deshalb möchte ich dem entgegenwirken, indem ich einfach offener bin.
"Man sollte stolz darauf sein, wer man ist"
Garmasch: Gerade bist Du in einer populären Serie im US-Fernsehen unterwegs. Es geht um Battle-Rap. Hip-Hop-Crews treten gegeneinander an und Du battlest da gegen sehr große schwarze Jungs. Bist du – der schlaksige weiße Jude mit Kippah und Davidstern – nicht die perfekte Angriffsfläche, auch für Antisemitismus?
Dillz: Die Serie, in der ich gerade mitspiele, heißt "Wilding Out". Es ist eine Spielshow. Viele Leute bewerben sich und versuchen, dabei zu sein, aber nur wenige schaffen das. Ich habe in den Rap-Battles gegen einige der Leute dort wirklich gut abgeschnitten – gegen die Leute, die seit zehn Jahren bei der Show dabei sind. Das sind die besten Rap-Battler der Welt.
Klar, man macht da ständig Witze über die anderen. Aber es ist der letzte Ort, an dem es akzeptabel wäre, sich über Leute lustig zu machen, weil die schwarz, weiß, asiatisch oder jüdisch sind.
Ich denke, Leute, die etwas Negatives sagen wollen, werden es tun, egal, ob ich eine Kippah trage oder nicht. Außerdem: das Ziel des Antisemitismus ist es, die Leute dazu zu bringen, sich zu verstecken, richtig? Technisch gesehen könnte man auch seine Identität verbergen, wenn man wollte, aber das ist nicht richtig. Man sollte stolz darauf sein, wer man ist.
"Ich bin gut und ich bin einfach da"
Garmasch: In der deutschen Hip-Hop-Szene gibt es leider viel Antisemitismus. Das sorgt immer wieder für Ärger. Wie ist das in Amerika?
Dillz: Ja, davon habe ich schon viel gehört. In den USA ist es nicht der Fall. Vielleicht in bestimmten Aspekten, aber bei uns arbeiteten Juden schon immer Seite an Seite mit Schwarzen und der Musikindustrie. Ja, es gibt vielleicht ein paar Klischee-Sprüche, ein sehr berühmter ist zum Beispiel "mein jüdischer Anwalt", oder es gibt ein paar negative Dinge, die sich auf große jüdische Künstler beziehen wie auf Leonard Cohen, historisch gesehen in einigen der Arbeiten. Und klar, es gibt in der Musikindustrie ein paar jüdische Leute, die einfach nur schlechte Menschen sind, und das kanalisiert sich dann in Youtube-Kommentaren. Aber nicht so wie es in Deutschland ist.
Das Problem Antisemitismus wird aber nicht gelöst, wenn Juden aufhören, stolz darauf zu sein, wer sie sind. Das Problem ist, dass sich andere Menschen unwohl fühlen, weil sie antisemitisch sind, weil sie wissen, dass es falsch ist.
Ich denke, man bekämpft Antisemitismus, indem man als jüdischer Künstler erfolgreicher ist. Ich meine, man kann nicht sagen, dass ich erfolglos oder erfolgreich bin, weil ich Jude bin. Ich bin gut und ich bin einfach da.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.