Ulrich Rasche inszeniert "Agamemnon"

Der Preis des Krieges

10:52 Minuten
Ulrich Rasche, an eine Wand gelehnt im Halbschatten
Der Regisseur Ulrich Rasche hat "Agamemnon" am Münchner Residenztheater inszeniert - nun in Griechenland. © Tobias Kruse/Ostkreuz
Ulrich Rasche im Gespräch mit André Mumot · 16.07.2022
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Ulrich Rasche inszeniert Aischylos' "Agamemnon" beim "Athens und Epidaurus"-Festival. Das Stück habe einige Parallelen zur Gegenwart, sagt der Regisseur. Es gehe um die Opfer und die Schuld im Krieg. Er selbst bezeichnet sich als Fatalisten.
Ulrich Rasche ist ein Theaterregisseur mit einem unverkennbaren Inszenierungsstil. Seine Darstellerinnen und Darsteller bewegen sich zu treibender Live-Musik über bisweilen gigantische, rotierende Laufbänder. Mehrmals war Ulrich Rasche mit diesen finster minimalistischen und zugleich opulenten Abenden zum Berliner Theatertreffen eingeladen.
Nun hat seine aktuelle Produktion aus dem Münchner Residenztheater beim internationalen "Athens und Epidaurus"-Festival Premiere: „Agamemnon“, der erste Teil der Orestie von Aischylos.

Aus der Geschichte nichts gelernt

Nun ein Stück zu proben, das dann in der berühmten antiken Spielstätte in Griechenland vor einem internationalen Publikum bestehen muss, empfindet Ulrich rasche durchaus als Herausforderung:
„Es ist tatsächlich nicht nur eine berühmte, in einem anderen Land sich befindende Spielstätte, sondern es ist ein ganz anderer Typus von Theater, den wir kaum kennen. Die Open-Air-Bühne des antiken Dramas ist mir vollkommen fremd in der Erfahrung – in der Auseinandersetzung mit der griechischen Antike natürlich nicht. Deswegen ist die Spannung groß. Wir hatten jetzt in München nur die Möglichkeit, auf einer relativ kleinen, engen Probebühne zu sein und müssen jetzt dort tatsächlich innerhalb von drei kurzen Nächten die Aufführung zur Blüte bringen. Da sind wir jetzt alle nervös, aber auch sehr herausgefordert und alle sind eigentlich guten Mutes.“

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Rasches Inszenierungen wirken, nicht zuletzt durch den Einsatz der Musik, immer wie gnadenlos auf ein absehbares Ende zumarschierende Prozesse. Spiegelt das ein fatalistisches Weltgefühl? „Wenn ich mir aussuchen dürfte, kein Fatalist zu sein, dann wäre ich froh“, sagt der Regisseur.
„Schauen wir uns an, was in den letzten Jahren passiert ist: vom aufkommenden Rechtspopulismus, über den Antisemitismus, den wir überall finden, und jetzt die schrecklichen Vorkommnisse in der Ukraine. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als zu sagen, dass wir uns im Kreis bewegen, aus der Geschichte nichts gelernt haben und immer wieder von vorne auf die Grundlagen schauen müssen.“

Agamemnons Parallelen zur Gegenwart

Eine Grundaussage, die sich auch im Stück wiederfindet. Agamemnon, der Feldherr, kommt nach dem trojanischen Krieg nach Hause, wird dort von seiner Frau und deren Liebhaber umgebracht. Für den Kriegserfolg hat er zuvor seine Tochter Iphigenie den Göttern geopfert und sich damit schuldig gemacht. Parallelen zur Gegenwart stellen sich unweigerlich ein.
„Wenn Sie den Text lesen, kommen Sie ja unweigerlich auf diese Themen: Was ist es uns wert, einen Krieg zu führen? Was sind die Opfer, die wir tätigen? Jeden Tag lesen wir in den Zeitungen davon, und in Deutschland kursiert die Diskussion: Was machen wir mit diesen vielen Toten, was machen wir mit unserem Gewissen, wenn es um die ukrainischen Soldaten und Zivilisten geht, aber auch um die Verluste auf der russischen Seite? Wir sitzen hier relativ gemütlich und sicher in unserem sonnenbeschienenen München oder Berlin, während weniger als tausend Kilometer entfernt diese Menschen geopfert werden für etwas, bei dem man sich fragen kann: Ist es das wert, so viele Menschen zu verlieren?“
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