Rassismus im Eishockey

Warum Herb Carnegie nicht in der NHL spielte

05:21 Minuten
Der Eishockeyspieler Herb Carnegie
Eishockeyspieler Herb Carnegie (1919 - 2012) träumte von der NHL, doch die New York Rangers boten ihm nur einen Vertrag für die zweite Mannschaft an. © Bernice Carnegie
Von Martin Hyun · 04.09.2022
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Mit Mike Grier bei den San Jose Sharks gibt es erst seit kurzem den ersten schwarzen General Manager bei einem NHL-Klub. Doch der Weg zu mehr Gleichberechtigung ist noch lang, obwohl es die ersten schwarzen Spieler schon in den 40er-Jahren gab.
Der Name Herb Carnegie wird selbst eingefleischten Eishockeyfans kaum ein Begriff sein. Er taucht in keiner NHL-Statistik auf. Der Sohn jamaikanischer Einwanderer wuchs in der kanadischen Millionenstadt Toronto auf.
In der Saison 1947/48 wurde er mit 127 Scorerpunkten in nur 56 Spielen zum Most Valuable Player (MVP) der Quebec Provincial League gekrönt. In der darauffolgenden Saison wurde Carnegie ebenfalls MVP.

Carnegies Hautfarbe als Nachteil

Jean Béliveau, der zwei Jahre lang mit Carnegie zusammenspielte, schrieb im Vorwort seiner Autobiografie: „Wie konnten die Talentsucher der NHL nicht nur eine, sondern gleich drei MVP-Auszeichnungen einer erstklassigen Liga übersehen?“ Die Eishockeylegende ist sich sicher, dass Carnegie aufgrund seiner Hautfarbe aus der NHL ausgeschlossen wurde.
Einige Jahre vor seinem Tod brach Carnegie bei einem Interview in Tränen aus, als er mit 18 Jahren die Chance sah, für die Toronto Maple Leafs zu spielen. Doch der damalige Besitzer der Leafs, Conn Smythe, sah dies anders:
„Ich war gut genug für die Leafs. Denn laut Conn Smythe ‚würde ich Carnegie morgen für die Maple Leafs nehmen, wenn ihn jemand weiß machen kann‘. Ich habe diese Aussage bekommen, als ich 18 war. Wie würden Sie sich fühlen? Ich kann es nicht vergessen. Denn er hat mir die Knie aufgeschlitzt. Er hat mir die Beine gebrochen. Es ist furchtbar. Ich möchte nicht, dass andere so etwas durchmachen müssen.“

Erster schwarzer NHL-Spieler im Jahr 1958

In seinem MVP-Jahr 1948 wurde Carnegie zum Trainingscamp der New York Rangers eingeladen. Carnegie enttäuschte nicht. Er beeindruckte mit einer guten Performance. Doch am Ende des Trainingslagers boten ihm die Rangers nur einen Vertrag für ihre zweite Mannschaft an.
Carnegie lehnte das Angebot ab. In der zweiten Mannschaft der Rangers hätte Carnegie weniger Geld erhalten als er in Quebec bereits verdiente. Und schließlich hatte er eine Familie mit vier Kindern zu ernähren.
Ein Jahrzehnt später wird ein Spieler namens Willie O’Ree Eishockey-Geschichte schreiben. Er wird der erste schwarze Spieler in der NHL. Am 18. Januar 1958 bestreitet O´Ree sein erstes Spiel für die Boston Bruins. Mit 14 Jahren hörte er zum ersten Mal von Herb Carnegie.

Er hätte vor mir in der National Hockey League sein müssen. Er hatte alle Fähigkeiten und das nötige Talent. Er hat an zwei Trainingslagern teilgenommen, ich glaube, es war in Toronto und bei den New York Rangers. Er war dort einer der besseren Spieler. Leider haben sie sich nicht für ihn entschieden. Er hatte alle Fähigkeiten und das Talent, um ein NHL-Spieler zu sein.

Eishockeyspieler Willie O’Ree

Zu seinen Lebzeiten hat Carnegie dem Eishockey nie den Rücken gekehrt. Er gründete eine Eishockeyschule und die Herbert H. Carnegie Future Aces Stiftung. Seit ihrer Gründung 1987 hat die Stiftung Stipendien im Wert von 860.000 US-Dollar an Kinder in Kanada vergeben.

Carnegie spielte nie in der NHL

Im Juni 2022, ein Jahrzehnt nach seinem Tod, gab die Hockey Hall of Fame bekannt, dass Herb Carnegie posthum als Teil der Class of 2022 in der Kategorie Builder aufgenommen wird. Der Builder Award wird Persönlichkeiten verliehen, die maßgeblich zur Entwicklung des Eishockeys beigetragen haben. Der Impuls kam von der Familie Carnegie selbst, die 2020 eine erfolgreiche Petition ins Leben rief.
Carnegies Traum von der NHL ist nie Realität geworden. Sein Vermächtnis lebt weiter und beeinflusst People of Color im Sport noch heute. Er war ein Wegbereiter und Türöffner für Schwarze Spieler, die von einer Profikarriere träumten und weiterhin träumen in einem Sport, der immer noch als weiß gilt.

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