Rassismus in Deutschland

Probleme benennen statt sie zu verschieben

05:39 Minuten
Menschen demonstrieren gegen Rassismus während einer Demonstration zum Gedenken an die Opfer des Anschlags von Hanau, Potsdam, 22. August 2020.
Auch in Deutschland demonstrierten in den letzten Jahren immer mehr Menschen für Black Lives Matter und gegen Rassismus. © imago / Martin Müller
Josephine Apraku im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
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Das Entsetzen über den Mord an dem Schwarzen George Floyd war und ist hierzulande groß. Doch werde damit nur verschleiert, dass Deutschland selbst Probleme mit strukturellem Rassismus habe, sagt Josephine Apraku vom Institut für diskriminierungsfreie Bildung.
Vor einem Jahr wurde der Afroamerikaner George Floyd in Minneapolis von einem weißen Polizisten ermordet. Darüber wurde auch in Deutschland sehr viel berichtet und der Rassismus in den USA scharf kritisiert.
Doch wie steht es mit dem Rassismus in Deutschland? Es gebe viele strukturelle Probleme, sagt Josephine Apraku, im Institut für diskriminierungsfreie Bildung gegen Rassismus engagiert.

Präsenz von Black Lives Matter in Deutschland

Apraku beobachtet ein zunehmendes Bewusstsein für Diskriminierung und eine deutlichere Präsenz der Black Lives Matter-Bewegung in Deutschland: Während in den Jahren 2016 und 2017 an den ersten Demonstrationen der Bewegung etwa 2000 Menschen teilgenommen hätten, seien es 2020 bei vergleichbaren Veranstaltungen schon an die 20.000 gewesen.
Das sei besonders bemerkenswert, weil die Möglichkeiten für Demonstrationen während der Pandemie eingeschränkt seien. "Gleichzeitig ist es aber so, dass durch die Pandemie noch mehr deutlich geworden ist, in was für einem Unrechtssystem wir eigentlich leben, und dass Gleichberechtigung – nicht ausschließlich mit Blick auf Rassismus, aber auch – ein großes Problem in unserer Gesellschaft darstellt", betont Apraku und fügt mit Blick auf die Berichterstattung über den Mord an George Floyd hinzu:
"Deutschland steckt sehr viel Arbeit hinein, Rassismusprobleme insgesamt in die USA zu verweisen und sich gleichzeitig aber auch davon abzuwenden."

Struktureller Rassismus bei der Polizei

Wie viel strukturellen Rassismus es aber auch in Deutschland gebe, zeige zum Beispiel der oft geäußerte Wunsch, Rassismus bei der Polizei untersuchen zu lassen. Dort zeige sich Rassismus etwa in bestimmten Chatgruppen oder in Datenabfragen. Auch Innenminister Horst Seehofer habe dazu beigetragen, das Problem zu verschieben, indem er gefordert habe, "Deutschenfeindlichkeit zu untersuchen".
Ehrliche Anteilnahme sehe anders aus, so Apraku, sie würde bedeuten: "Wir schauen in den Spiegel und überlegen: Wie können wir eigentlich mit dem Rassismus hierzulande umgehen?" Das Institut für diskriminierungsfreie Bildung bekomme deutlich mehr Anfragen als früher von verschiedensten Organisationen, die das Thema in ihrer eigenen Institution angehen wollen. Fest steht für Apraku: Die Bekämpfung von Rassimus sei und bleibe ein Prozess, ohne festes Ergebnis.
(mkn)
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