"Das Land des Lächelns"Romantische Operette in drei Akten von Franz Lehár
Regie: Guy Montavon
Musikalische Leitung: Johannes Pell
Oper Wuppertal, Premiere am 14.10.2018
Erinnerung an Klischees der 50er-Jahre
Die Wuppertaler Premiere der Operette "Land des Lächelns" zeige herabwürdigende Karikaturen von chinesischen Dienern, sagt unser Kritiker Stefan Keim. Der dortige Intendant Berthold Schneider wehrt sich gegen den Rassismusvorwurf. Ein Streitgespräch.
Im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur sagte Kritiker Stefan Keim, dass Teile der Premiere von "Land des Lächelns" von Franz Léhar in der Wuppertaler Inszenierung für ihn vom Humor her geradezu ins Rassistische gegangen seien:
"Die Inszenierung von Guy Montavon versucht überhaupt nicht, das Stück zu reflektieren oder irgendwie in die Gegenwart zu transportieren."
Klamauk der 50er-Jahre
Dass auf der Bühne chinesische Soldaten als absolute Idioten dargestellt würden, habe ihn besonders geärgert - und an Filme der 50er- und 60er-Jahre erinnert:
"Das ist eine Form von rassistischem Klamauk, den wir eigentlich überwunden haben."
Ausgewogene Veralberung zweier Welten?
Diesen Rassismusvorwurf konnte der Intendant der Wuppertaler Bühnen, Berthold Schneider, beim Streitgespräch nicht nachvollziehen. Man habe die zwei Welten der beiden Liebenden, des chinesischen Prinzen Sou-Chong und der Grafentochter Lisa beschrieben: Peking und Wien zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Und natürlich habe man die chinesischen Soldaten überzeichnet und als Karikaturen dargestellt. Aber auch die Wiener seien in der Inszenierung extrem dargestellt. Daran habe Keim allerdings keine Kritik geäußert.
Berthold Schneider: "Wir sehen eine Wiener Hofgesellschaft, wo die höchste Elite des Landes gezeigt wird – natürlich alle mit viel Lametta an den Schultern. Und die Gräfin ist völlig betrunken. Wir sehen die Männer miteinander sprechen – sich in einem Satz fünf Mal voreinander verbeugen, weil das eben starres Zeremoniell ist – worüber die Zuschauer natürlich auch sehr gelacht haben."
Diese Inszenierung mache sich über beide Welten lustig, so Intendant Schneider. Der Rassismusvorwurf gegenüber den Österreichern sei von Keim allerdings nicht thematisiert worden.
Im Kern keine rassistische Vorlage
Kritiker Keim sieht aber hier eindeutig eine Ungleichheit. Die Botschaft dieser Operette ohne Happy End sei, dass man sich eben nicht mit Fremden einlassen solle. Die Beziehung der Protagonisten zerbreche und Schuld hätten die Chinesen:
"Gerade in der aktuellen Lage steckt in dem Stück die Botschaft 'Lass dich nicht mit Fremden ein, du gehst in dein Unglück.' Und das finde ich unheimlich problematisch, eine Inszenierung zu sehen, die dazu überhaupt keine Haltung entwickelt."
Doch diese Kritik konnte Schneider nicht nachvollziehen:
"Wenn wir jetzt gemeinsam feststellen 'Dieses Stück ist nicht rassistisch', wieso müssen wir dann einen Kommentar abgeben, der es für uns leichter verdaubar macht? Der sagt, die Abonnenten sind doch zu dumm, denen müssen wir das vorverdauen, damit die nicht in die Falle tappen und denken 'Eine interkulturelle Liebe, da lassen wir doch lieber die Finger davon.'"