Der Himmelsschwärmer
34:29 Minuten
Er kommentierte live die erste Mondlandung vor 50 Jahren - und auch die Explosion der Challenger 1986. Harro Zimmer war über Jahrzehnte der Weltraum-Experte beim deutschen Radio. Auch mit 84 Jahren lässt ihn das All nicht los.
Sein erstes Teleskop kaufte sich Harro Zimmer als Elfjähriger beim Trödler - und legte damit den Grundstein für eine lebenslange Begeisterung für alles Himmlische:
"Natürlich war das so eine Art Eskapismus, eine gewisse Flucht nach draußen. Aber ich hatte auch sofort Publikum. Als sich das in unserem Wohnhaus herumsprach, kamen alle Mieter nach und nach an und fragten: 'Können wir mal da durchgucken?' Ich war dann sehr schnell bekannt, als der Junge mit dem Fernrohr, der immer den Mond beguckt."
Vom Enthusiasten zum gefragten Experten
Was er vom heimischen Küchenfenster aus nicht sehen konnte, beobachtete er schließlich regelmäßig von der Sternwarte im östlichen Teil Berlins aus. Nach der Teilung der Stadt gehörte er 1965 als junger Mann zu den Gründungsmitgliedern der Wilhelm-Förster-Sternwarte im Westteil Berlins.
"Wir waren ein Haufen von Enthusiasten", erzählt er rückblickend. Aus dem Enthusiasten Harro Zimmer wurde schon bald ein gefragter Experte für Raumfahrt und Kosmos. Dafür sorgten neben einem NASA- und einem NATO-Stipendium für Raumfahrttechnik auch seine Reisen zu den Weltraumbahnhöfen der Welt, internationale Kontakte und Recherchen für zahllose Artikel, Rundfunkberichte und Bücher.
Als Experte wurde Harro Zimmer sogar an seinem eigenen Polterabend im Mai 1969, rund einen Monat vor der ersten Mondlandung, ins Studio gebeten. Er sollte den Test-Flug kommentieren, der bis an den Mond heranführte. "Meine Gäste waren natürlich total begeistert, dass ich den Polterabend sausen ließ, um ans Mikrofon zu gehen", bemerkt er ironisch.
Von Trauung und Hochzeitsfeier am nächsten Tag ließ er sich dann nicht mehr wegrufen. Seine Frau habe aufgrund seiner Weltraum-Begeisterung so Einiges ertragen müssen, gibt Zimmer zu.
1986: Der Schock der Challenger-Explosion
Der wohl schwierigste Moment seiner Karriere als Raumfahrt-Journalist war der Live-Kommentar zum Start der Challenger-Raumfähre 1986. Deren unerwartete Explosion ließ ihn im Radio sekundenlang verstummen:
"Es liegt mir immer noch schwer auf der Seele. Ich habe später dann viele Shuttle-Starts verfolgt, und immer wenn die ersten drei Minuten vorbei waren, habe ich aufgeatmet."
Kritikern der Raumfahrt, die das Geld für Expeditionen ins All für verschwendet halten, widerspricht er mit Überzeugung:
"Ich bin der Meinung, dass die Raumfahrt im Laufe der Jahrzehnte immer mehr Früchte getragen hat. Ich glaube, das digitale Zeitalter, so wie wir es heute erleben, wäre ohne die Innovationen aus der Raumfahrt nicht denkbar. Zum anderen ist die Raumfahrt nach 1989, nach dem Zerfall der Sowjetunion, auch zu einem Politikum geworden. Die Großmächte rücken zumindest auf diesem Gebiet weitestgehend zusammen."
Auch 50 Jahre nach der ersten Mondlandung guckt Zimmer jeden Morgen als erstes auf sein Tablet, um die neuesten Nachrichten aus dem Weltall zu erfahren. Sein liebstes Sternbild ist der Orion:
"Der bietet so wahnsinnig viel: den großen Orion-Nebel, den man mit kleinen Teleskopen sehen kann, die leuchtenden Gürtelsterne. Wenn ich bei mir zuhause im Winter aus dem Fenster schaue, ist Orion, Sirius, alles wunderschön zu sehen."