Der neue Sound der Jazz-Sängerin Youn Sun Nah
Eine Musikerin auf der Erfolgsspur: Mit europäischem Jazz ist Youn Sun Nah bekannt geworden. Nun covert die Sängerin auf ihrem neuen Album "She Moves On" Stücke von Lou Reed, Jimi Hendrix oder Joni Mitchell – und das ganz großartig.
"Als ich mich entschieden hatte, nach Paris zu ziehen, um dort Jazz zu studieren, haben mich viele Leute gefragt: Warum gehst du nach Paris? Der Jazz findet in den USA statt, dorthin solltest du gehen!"
Das erzählt die koreanische Sängerin Youn Sun Nah, doch sie ließ sich nicht beirren, ging 1995 nach Paris und studierte dort am CIM, einer renommiertesten und ältesten Jazzakademien in Europa, französisches Chanson und Jazz.
Seither hat sie eine steile Karriere hingelegt, war immer häufiger Hauptact auf großen Festivals. In Zusammenarbeit mit dem schwedischen Gitarristen Ulf Wakenius hat sie ihren eigenen Sound entwickelt.
Zwar ist sie auch in den USA bekannt geworden, trat etwa im legendären New Yorker Club "Blue Note” auf, aber Youn Sun Nah hat großen Respekt vor der amerikanischen Szene. Vielleicht, so sagt sie, weil sie anfangs versucht habe wie Ella Fitzgerald zu singen und daran gnadenlos gescheitert sei. Aber vor allem auch, weil die Amerikaner oft so ganz anders an die Musik herangehen würden als die Europäer, die sie maßgeblich geprägt haben.
Von Lou Reed bis Joni Mitchell
Nun wagt sie doch den Sprung in die USA und ist für ihr neues Album "She Moves On" mit amerikanischen Musikern ins Studio gegangen. Und sie stellt sich hier der Herausforderung, es gleich mit den ganz Großen aufzunehmen, indem sie Cover-Songs einspielt, natürlich wieder einmal auf ihre besondere Weise und mit enormer Bandbreite. Neben Stücken von Lou Reed und Jimi Hendrix interpretiert sie etwa auch das wenig nachgesungene Stück "The Dawntreader" der Singer-Songwriter-Ikone Joni Mitchell. Natürlich mit einer anderen Handschrift, aber nicht minder intensiv.
"Ich habe den Jazz immer sehr ernst genommen, vielleicht weil ich so spät mit dem Studium begonnen habe. Ich wollte keine Fehler machen, auch wenn man natürlich jeden Tag ein paar davon macht. Das war eine komplett andere Herangehensweise."
Im Mittelpunkt dieser künstlerischen Entdeckungsreise steht der Produzent und Multi-Instrumentalist Jamie Saft.
"Er ist ein Virtuose und er kann alles spielen. Aber was er sich tagsüber anhört, sind Sängerinnen und Sänger. Bei ihm stehen alle Alben von Bob Dylan, alle von Joni Mitchell, alle von Frank Sinatra. Er hört diese Sachen den ganzen Tag. Und als ich das mitbekam, wusste ich: Ich habe die richtige Wahl getroffen. Ich konnte viel von ihm lernen."
Die elf eingespielten Songs des neuen Albums kommen so selbstverständlich daher, dass man Youn Sun Nah zu diesem Schritt nur gratulieren kann. Diese Produktion bringt ihre prägnante und charaktervolle Stimme noch einmal auf ein ganz anderes Niveau. Ob das hier noch Jazz ist, ist völlig unerheblich. Es ist einfach wunderbare, zeitlose Musik.
"Immer wenn man Coverstücke aufnimmt, hat man auch etwas Angst, dass man Fehler macht oder einen falschen Weg einschlägt, so dass der Komponist das Ganze nicht mag. Aber ich hoffe, Joni Mitchell würde meine Version ihres Songs mögen."
(mw/tj)