Rauschmittel

Stoff vom Staat

Von Victoria Eglau |
Uruguay ist weltweit das erste Land, das die Herstellung und den Verkauf von Marihuana legalisiert. Der Staat tritt künftig selbst als Dealer auf, er kümmert sich um die Produktion und den Verkauf des Rauschmittels.
Kaum ein anderes politisches Thema hat die Uruguayer in diesem Jahr so sehr beschäftigt wie die von der Regierung geplante Legalisierung der Droge Marihuana. Nach der Absegnung durch den Senat ist die Legalisierung nun Gesetz. Der persönliche Cannabis-Konsum war in Uruguay schon lange erlaubt, doch ab jetzt darf Gras auch im Land hergestellt und verkauft werden. Unter staatlicher Kontrolle, wohlgemerkt. Präsident José Mujica, Initiator des Projekts:
"Marihuana ist eine Geißel, genau wie Tabak. Keine Sucht ist empfehlenswert, aber es gibt sie nun einmal. Das Problem ist der illegale Drogenhandel. Solange der Cannabis-Verkauf illegal ist, gehört der Markt den Drogendealern. Wir wollen, dass der Staat die Verantwortung übernimmt."
Und das soll so funktionieren: Uruguays Marihuana-Konsumenten, schätzungsweise 25.000, können sich künftig beim Staat registrieren lassen. Dann haben sie das Recht, monatlich bis zu vierzig Gramm Cannabis aus heimischer Produktion in Apotheken zu erwerben. Alternativ können sie selber Hanfpflanzen züchten, höchstens sechs pro Konsument. Und wenn sich die Haschischraucher in Clubs organisieren, dürfen sie gemeinsam bis zu 99 Pflanzen anbauen. Die Regierung hat immer wieder betont, sie wolle mit der Legalisierung nicht zum Marihuana-Konsum einladen, sondern eine bereits bestehende Situation regulieren. Julio Bango, Abgeordneter der Mitte-Links-Koalition Frente Amplio:
"In den letzten zehn Jahren ist der Marihuana-Konsum, und der Marihuana-Missbrauch, in Uruguay stark gestiegen. Ebenso wie der Konsum anderer, härterer Drogen. Unser Ziel ist, effizienter gegen dieses Problem vorzugehen, und dabei scheuen wir neue, ungewöhnliche Wege nicht."
Staatliches Institut überwacht Produktion und Vertrieb
Das neue Gesetz sieht vor, dass Produktion und Vertrieb von Cannabis durch ein staatliches Institut überwacht werden. Mit den Einnahmen will die Regierung Programme zur Drogen-Prävention und Rehabilitation finanzieren. Die Opposition stimmte gestern im Senat gegen die Marihuana-Legalisierung, wie sie es bereits in der Abgeordnetenkammer getan hatte. Veronica Alonso, Parlamentarierin der konservativen Nationalpartei, im uruguayischen Fernsehen:
"Ich frage mich: was verbessern wir mit diesem Gesetz? Etwa die Gesundheit unserer Bürger? Ihre Sicherheit? Es ist doch eher unwahrscheinlich, dass wir mit dem Gesetz die Drogenkriminalität eindämmen werden. Und glauben wir wirklich, dass der illegale Rauschgifthandel nun ein Ende hat? Wer mehr als vierzig Gramm monatlich konsumieren will, wird doch wieder von Dealern Cannabis kaufen."
In der Senatsdebatte warnte Jorge Larrañaga, ebenfalls von der Nationalpartei, staatliches Marihuana werde auf dem Schwarzmarkt landen. Umfragen zufolge lehnt mehr als die Hälfte der Uruguayer die Legalisierung ab. Einer ihrer Gegner: der Psychiater Pablo Trelles.
"Wenn der Staat sich um die Herstellung und den Vertrieb von Marihuana kümmert – welche Botschaft übermittelt er damit an die Bevölkerung? Dass diese Droge gar nicht so schlimm ist."
Andere Experten argumentieren, durch den Hanfanbau für den persönlichen Konsum werde Drogenhändlern tatsächlich das Wasser abgegraben. Fest steht: die Marihuana-Legalisierung in Uruguay ist ein Experiment – das hat Präsident Mujica selbst zugegeben. Der vom Drogenkrieg gebeutelte amerikanische Kontinent wird es mit großem Interesse verfolgen.
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