Tilman Spengler, geb. 1947 in Oberhausen und promovierter Sinologe, hat am Max-Planck-Institut für Sozialwissenschaften sowie an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften geforscht. Er war 30 Jahre lang einer der Herausgeber des "Kursbuch", begleitete Politiker auf China-Reisen, arbeitete für Rundfunk und Fernsehen, drehte eine Reihe von Dokumentarfilmen und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, unter anderem die Romane "Lenins Hirn" und "Der Maler von Peking".
"Ich hätte den Kerl schon aus Gründen der Dummheit gefeuert"
Seinen Job beim US-Unternehmen Google hat der Verfasser eines antifeministischen Manifests verloren. Der Publizist Tilman Spengler sieht einen globalen Trend zu frauenfeindlichen Haltungen.
Sein antifeministisches Manifest hatte mehr als 3300 Wörter und füllte fast zehn Seiten. Für den US-Konzern Google war es Grund genug, den Programmierer umgehend zu feuern, dessen umstrittener Text im Internet eine Debatte ausgelöst hatte. Der Mitarbeiter hatte behauptet, Frauen seien genetisch nicht in der Lage, in der IT-Branche Erfolge zu erzielen. Die Bemühungen um mehr Frauen und Angehörige von Minderheiten als Mitarbeiter seien diskriminierend für weiße Männer, so die These des Mannes. Außerdem schade Political Correctness dem Unternehmen generell. Google teilte diese Ansicht offenbar nicht und kündigte dem Computer-Fachmann.
Sorge um die Zukunft
"Ich finde das alles passt in das schreckliche Bild der amerikanischen Kulturlandschaft der letzten zehn oder 15 Jahre", sagte der Publizist Tilman Spengler im Deutschlandfunk Kultur über den Vorfall in den USA. Man müsse sich schon fragen, was gemeint sei, wenn davon gesprochen werde, dass man mit den US-Amerikanern eine Wertegemeinschaft bilde.
Was solche reaktionären Haltungen angehe, sollte man den Blick aber weiten und sich auch beim Blick ins chinesische Parlament fragen, warum dort so wenige Frauen säßen, sagte der Sinologe und China-Kenner. "Betrachten Sie sich mal die Äußerungen über Frauen in der japanischen Gesellschaft - und so weiter." Es handele sich um ein Phänomen, dass sich virenartig nicht nur im Westen, sondern über den ganzen Globus verbreite, sagte Spengler. "Das macht einen nicht zukunftsfreudiger."
Vergleich mit Katholischer Kirche
Zu dem konkreten Fall in den USA meinte der Publizist: "Ich hätte den Kerl schon aus Gründen der Dummheit gefeuert, nicht der Geschlechtergerechtigkeit." Spengler verwies im Vergleich auf die Tradition eines fragwürdigen Umgangs mit Frauen in der Katholischen Kirche. "Da finden Frauen auch nicht die Anstellung und nicht mal die Gleichbezahlung oder irgendetwas anderes und das Produkt bleibt gleich." Spengler sagte, er verweise auf diese Tradition, weil die Katholische Kirche Frauen von bestimmten Ämtern seit 2000 Jahren ausschließe und Frauen dennoch bestimmte Aufgaben in der Kirche übernähmen. Es gebe offenbar etwas im menschlichen Verhalten, was klammheimlich zustimme.