Neue RBB-Interimsintendantin Katrin Vernau
Ist Katrin Vernau die Richtige? Der Journalist Sandro Schroeder kritisiert, dass es für die rbb-Intendanz keine öffentliche Ausschreibung mit transparenten Kriterien gegeben hat. © picture alliance / dpa / Christophe Gateau
Zweifel am Neuanfang
04:13 Minuten
Auf dem Papier ist Katrin Vernau vom WDR eine gute Kandidatin, um den RBB nach dem Skandal um Patricia Schlesinger übergangsweise zu leiten, findet der Journalist Sandro Schroeder. Doch die Art des Auswahlverfahrens nährt Zweifel.
Es ist ein unmöglicher Job: ein Systemwandel, ein kompletter Neustart beim RBB. Den wünschen sich nicht nur alle, die Rundfunkbeiträge zahlen, sondern auch die Mitarbeitenden im RBB. Einen Neustart nach Schlesinger wünschen sich alle, die wie ich an die abstrakte Idee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks glauben, aber komplett enttäuscht sind von den konkreten Skandalen beim RBB.
Kein klarer Schnitt
Ein Neustart ist ohnehin die falsche Kategorie, den kann eine Übergangsintendantin sowieso nicht leisten, sie kann höchstens die Weichen dafür stellen. Aber wenn ich ehrlich bin, die Wahl von Katrin Vernau fühlt sich leider so gar nicht nach einem klaren Schnitt und einer Weichenstellung an.
Das hat nichts mit Katrin Vernau selbst zu tun. Denn es spricht viel für sie, weil sie Verwaltungsdirektorin beim WDR war und deshalb ohne Einarbeitungszeit weiß, wie öffentlich-rechtliche Sender ticken und wo deren Schwächen liegen.
Dazu hat Vernau als Wirtschaftswissenschaftlerin und ehemalige Unternehmensberaterin auch noch den Blick für Finanzen und Organisationen. Auf dem Papier ist Katrin Vernau eine gute Kandidatin, die obendrein auch noch bereit ist, den unmöglichen Job beim RBB anzugehen.
Falsches Wahlverfahren
Schon das Verfahren, mit dem sie gesucht und gewählt wurde, ist bestenfalls ein kleiner Schritt in die richtige Richtung: Zum ersten Mal waren die Freienvertretung und der Personalrat des RBB an der Kandidatensuche beteiligt. Das ist gut, denn viele Festangestellte und Freie im RBB wollten, dass auch ihre Perspektive berücksichtigt wird.
Enttäuschend ist, dass der RBB-Rundfunkrat heute die Wahl hatte, Katrin Vernau zu wählen oder eben nicht. Es gab keine zweite Person, die zur Wahl stand. Weitere Bewerbungen? Unbekannt. Dazu der vermeintliche Zeitdruck, der immer wieder betont wurde.
Eine Wahl ohne Auswahl im öffentlich-rechtlichen System, das ist eine Unsitte. Wieder entscheidet ein ehrenamtliches Kontrollgremium im Schnellverfahren über eine Möglichkeit ohne Alternativen.
Das erinnert leider genau an die Vorgänge im RBB-Verwaltungsrat aus der Ära Schlesinger, die gerade noch untersucht werden.
Eine Steilvorlage für Kritik
Und noch ein unguter Beigeschmack: Der WDR hatte nach dem Fall Schlesinger übergangsweise den ARD-Vorsitz vom RBB übernommen. WDR-Intendant Tom Buhrow hatte im Namen der restlichen ARD-Chefs gesagt, dass es kein Vertrauen mehr gebe in die jetzige Geschäftsleitung des RBB.
Wenn jetzt die neue Interims-Intendantin ausgerechnet vom WDR kommt und den RBB leiten soll, ist dies leider eine Steilvorlage für alle, die jetzt schon raunen und kritisieren wollen. Das klingt nach Klüngel, nach Postengeschacher: Der WDR, der rbb und Katrin Vernau.
Der lange Weg aus der Krise
Es hätte eine deutlich elegantere Lösung gegeben, auch wenn sie für alle Beteiligten schmerzhaft gewesen wäre: auszuhalten, dass es keine schnellen Wege aus dieser Krise geben kann. Eine öffentliche Ausschreibung, mit transparenten Kriterien, mit mehreren Kandidatinnen und Kandidaten, über die am Ende der Rundfunkrat abstimmt.
Katrin Vernau hätte sich als qualifizierte Kandidatin vielleicht auch in so einem Verfahren durchgesetzt. Das wäre ein wichtiges Signal für den RBB, für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt gewesen: Wir nehmen diese Vertrauenskrise ernst. Ein radikaler Schnitt, das wäre die einzig glaubwürdige, nachhaltige und transparente Lösung für die nächste Intendantin, den nächsten Intendanten gewesen.
Vielleicht nicht nur für den RBB.