Empörung nach Höckes Äußerungen zum Holocaust-Gedenken
Die AfD sei nicht mehr von der NPD zu unterscheiden, bemerkte der sächsische Grünen-Landeschef Jürgen Kasek nach Björn Höckes Rede in Dresden. Dessen Aufruf zur Abkehr von der Kultur des Erinnerns an Nazi-Verbrechen in Deutschland ruft große Empörung hervor.
Dresden, gestern Abend. Ein stadtbekanntes Brauhaus direkt an der Elbe, etwas westlich der Innenstadt. Die mehreren hundert Besucher der Veranstaltung werden von Ordnern kontrolliert, die sonst bei Pegida mitlaufen. Großer Andrang bei der Veranstaltung, zu der die Junge Alternative, die Nachwuchsorganisation der AfD eingeladen hatte. Der Ort war bis gestern geheim gehalten worden, auch dass Björn Höcke, Thüringer Afd-Chef und Vertreter des rechten Flügels der Partei, sprechen würde, war erst wenige Tage zuvor bekannt geworden. In seiner im Internet übertragenen Rede greift der Thüringer AfD-Chef die Bundesregierung hart an, bezeichnet sie als "Regime".
Dann geht es um die Deutsche Geschichte: Der Gemütszustand der Deutschen sei der eines brutal besiegten Volkes. Höcke weiter wörtlich: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." Höcke bezieht sich damit auf das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin. Vor der Tür demonstrieren etwa 250 Menschen gegen die Veranstaltung, unter ihnen auch der Grünen-Landeschef Jürgen Kasek.
"Die Aussage, die dahinter steckt, ist zum einen die sogenannte Bekämpfung des Schuldkultes, die ja auch von NPD und sämtlichen Rechten immer wieder gebracht wurde, mit der Behauptung, dass es einen Schuldkult quasi gäbe und man ja keine Verantwortung für die Vergangenheit trägt. Das soll damit angegriffen werden. Weil natürlich die Vorstellung bei Höcke ist, in dem Moment in dem dieses Denkmal verschwindet, können die Deutschen endlich wieder stolz sein, Deutsche zu sein."
"Nicht mehr von der NPD zu unterscheiden"
Höcke fordert in seiner Rede eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad". Und führt aus, wie er sich deutsche Geschichtsschreibung vorstellt. Die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg vergleicht er dem Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki. Mit der Bombardierung Dresdens und der anderen deutschen Städte habe man dem deutschen Volk seine kollektive Identität rauben wollen, es mit Stumpf und Stiel vernichten.
Auch das, so Grünen-Politiker Kasek, sei eine Behauptung, die bei Rechtsextremen beliebt sei.
"Und diese Anspielung, dieser Vergleich mit Hiroshima und Nagasaki, dieser Opfermythos der unschuldigen Stadt Dresden, den auch Höcke gestern wieder reproduziert hat und zwar auch so, dass er die Vorgeschichte und die Nachgeschichte weglässt und die Zahlen dramatisch überzeichnet an der Stelle. Weil das was in Dresden geschehen ist, der Bombenabwurf auf Dresden nicht mit dem Bombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki zu vergleichen ist."
Dresden als Veranstaltungsort wird die Junge Alternative kaum zufällig gewählt haben. Die Pegida-Stadt bezeichnet Höcke als "Hauptstadt der Mutbürger, die er zur Bundeshauptstadt machen möchte." Hier, so Grünen-Politiker Kasek, fühlten sich die neuen Rechten sicher. Sicher genug, die Grenzen immer weiter auszutesten, so wie Björn Höcke mit seiner Rede.
"Aus meiner Sicht ist Höcke damit nicht mehr von der NPD zu unterscheiden. Ich darf an die Aussage eines AfD-Politikers aus BW erinnern, der gesagt hat, dass die AfD von der NPD nicht die Inhalte, sondern das Auftreten unterscheiden. Und auch das hat Höcke gestern deutlich gemacht, dass auch das nicht mehr der Fall ist. Denn vom Inhalt der Rede, vom Auftreten der Reden, und auch von der Rhetorik ist das im Prinzip das was die NPD gesagt, getan und gemacht hat."
Auch Vertreter von CDU, SPD, Grünen und Linkspartei kritisierten die Rede. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich schockiert vom Auftritt des Thüringer Afd-Chefs. Die AfD zeige mit diesen antisemitischen und in höchstem Maße menschenfeindlichen Worten ihr wahres Gesicht, sagte Schuster. Dass 70 Jahre nach der Schoah solche Aussagen eines Politikers in Deutschland möglich seien, habe er nicht zu glauben gewagt.