Reaktionen auf #KeinGeldFürRechts

Shitstorm und Morddrohungen

Der Begriff "Shitstorm" in einer Großansicht im Duden.
Shitstorm: Für Gerald Hensel wird er gefährlich © dpa / Jens Kalaene
Gerald Hensel im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese |
Scholz & Friends-Mitarbeiter Gerald Hensel hat - auf eigene Faust - Anzeigenkunden dazu aufgerufen, nicht mehr bei rechten Medien zu werben. Die Folge: Eine riesige Hasswelle, auch die Agentur wurde massiv angegriffen. Hensel hat nun gekündigt.
Gerald Hensel, 41, inzwischen ehemaliger Digitalstratege der Werbeagentur Scholz & Friends, wollte sich positionieren. #KeinGeldFürRechts lautete seine Idee.
Unter dem Hashtag rief er - nicht im Namen seiner Agentur, sondern als eigene, persönliche Initiative - Anzeigenkunden und Werbetreibende dazu auf, nicht mehr bei rechten Medien zu werben. Dazu nannte er Webseiten im Netz, die er selbst als rechts einstufte.
Hensel bekam dafür viel positives Feedback - aber auch viel negatives. Und er legte sich nicht nur mit dezidiert rechtsradikalen Seiten, sondern auch mit Webpublikationen aus dem konservativen Spektrum an, so wie "Tichys Einblick" oder Henryk M. Broders Blog "Die Achse des Guten".

Hensel ist erst mal untergetaucht

In letzter Konsequenz wurde Hensel nun Opfer eines schweren Shitstorms, auch Morddrohungen gingen bei ihm ein. Er ist erst mal untergetaucht - wir haben trotzdem mit ihm sprechen können.
Im Deutschlandradio Kultur sagte Hensel:
"Ich bin ein naiver Idealist, der sich die Welt ein bisschen besser wünscht."
Von den heftigen Reaktionen sei er überrascht worden. Nach seinen Angaben sind viele Behauptungen, die jetzt im Netz über seine Intitative kursieren, schlicht falsch.
So habe er beispielsweise nie den Blog von Henryk M. Broder auf eine "Blacklist" gesetzt. Er habe ihn aber in einem Atemzug mit anderen Blogs genannt, räumte Hensel ein. Deren politische Ausrichtung beschrieb er mit "populistisch-konservativ" bis "hart rechtsextrem".
Hensel sagte, er habe mit #KeinGeldFürRechts vor allem zur "Überprüfung eines großen Problems" aufrufen wollen: Dass nämlich viele Werbebanner im Internet inzwischen automatisch geschaltet würden. So lande dann Werbung auf rechten Seiten.
"Unternehmen kontrollieren große Teile ihre Online-Marketing-Budgets nicht mehr", betonte er: Die Firmen müssten sich wieder Gedanken darüber machen, wo sie Werbung schalten wollten.

Scholz & Friends: Mit Solidarität und Distanz

Die Werbeagentur Scholz & Friends hat sich von Hensel zugleich distanziert und solidarisiert. Teilhaber Stefan Wegner schrieb:
"Scholz & Friends hat sich die Initiative #keingeldfürrechts nicht ausgedacht und sie auch nicht unterstützt. Sie ist eine Idee von Gerald Hensel."
Und: "#keingeldfürrechts ist provokant und hat an einigen Stellen unnötig provoziert. Geralds Reaktionen auf die ersten Anfeindungen waren überzogen und beleidigend. Die Aktion war nicht konsistent bei der Nennung der betroffenen Medien."
Grundsätzlich stellte sich die Agentur aber hinter Hensel und wies den digitalen Angriff scharf zurück:
"Im vermeintlichen Kampf gegen einen Boykott freier Medien rufen sie selber zu einem Boykott unserer Agentur und unserer Kunden auf. Zur angeblichen Verteidigung der Demokratie verwenden sie Mittel der Einschüchterung, Bedrohung und Beleidigung. Das ist menschenfeindliches und undemokratisches Verhalten. Und dagegen stellen wir uns."
Die vergangenen Tage seien eine Zumutung, gewesen, so Wegner. Scholz & Friends sei "mit unendlich vielen falschen Behauptungen überschüttet" worden.
"Wir wurden beschimpft als 'ekelhafte Denunzianten' und 'Propaganda glorifizierende Giftzwerge'. Wir bekamen Drohanrufe in der Agentur. Unsere Kunden erhielten massenhafte Mails mit Boykottdrohungen in Bezug auf ihre Produkte sowie der Aufforderung, das Vertragsverhältnis mit Scholz & Friends zu kündigen."
Gekündigt hat nun erst mal Gerald Hensel - wohl auch, um den Druck von der Werbeagentur zu nehmen.
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