Reaktionen auf Orlando-Attentat

Wie homophob ist die muslimisch-arabische Welt?

In Orlando/Florida legen Menschen Blumen nieder in Gedenken an die Opfer der Schießerei in einem Nachtclub.
In Orlando legen Menschen Blumen nieder, um der Opfer des Anschlags im queren Nachtklub "Pulse" zu gedenken. © picture alliance / dpa
Von Jürgen Stryjak |
Zwar ist das Attentat von Orlando auch in der muslimischen Welt verurteilt worden. Aber gleichzeitig sieht das Strafrecht einiger arabischer Staaten hohe Strafen für Homosexualität vor. Hass auf Schwule ist dort normal. Das war allerdings nicht immer so.
"Das Königreich von Saudi-Arabien", so heißt es in einer offiziellen Erklärung, "verurteilt den Angriff auf unschuldige Menschen in Orlando. Wir beten für die Genesung der Verletzten".
Gleichzeitig sieht das Strafrecht Saudi-Arabiens für Homosexuelle aber die Todesstrafe vor, ebenso wie das anderer arabischer Staaten. Selbst dort, wo gleichgeschlechtliche Liebe nicht direkt kriminalisiert wird, müssen Schwule mit Verfolgung rechnen - in Ägypten etwa.
Drastische Maßnahmen gegen Homosexuelle finden bei vielen Ägyptern Zustimmung, wie eine Straßenumfrage unter Handwerkern eines Viertels in Kairo ergab, die ein privater Fernsehsender vor einigen Monaten ausstrahlte:
"Wenn ich ein Waffe hätte, würde ich sie alle umbringen."
"Ich würde solch einen Menschen töten. Ehrlich, er müsste abgeschlachtet werden."

Gleichgeschlechtliche Liebe wurde lange toleriert

Am brutalsten verfolgen die Terroristen vom "Islamischen Staat" Homosexuelle. Dabei wurde gleichgeschlechtliche Liebe in islamischen Ländern über viele Jahrhunderte toleriert, wie der Islamwissenschaftler und Arabist Thomas Bauer, Autor des hochgelobten Buches "Die Kultur der Ambiguität" herausfand:
"Klar ist, dass es überhaupt nicht verboten war für einen Mann, sich in andere Männer zu verlieben. Und das schlägt sich nieder in Hunderttausenden von Liebesgedichten auf Arabisch, Persisch, Türkisch, Urdu, die zwischen dem 9. Jahrhundert und ungefähr 1850 gedichtet worden sind."
Auch hätten drakonische Strafen für Homosexualität im Islam keine Tradition.
"Mir ist kein einziger Fall einer Verurteilung wegen gleichgeschlechtlichem Sex einvernehmlicher Weise aus der gesamten islamischen Geschichte bis Ende des 20. Jahrhunderts bekannt."

Prediger: Sünde ja, aber kein Grund für Strafe

So mancher Islamisch-Gelehrte beurteilt Homosexualität heute wieder etwas milder, wie der einflussreiche konservative Prediger Salman Al-Ouda aus Saudi-Arabien. Vor anderthalb Monaten sagte er in einem Zeitungsinterview:
"Homosexualität wird zwar in den heiligen Schriften von Judentum, Christentum und Islam als Sünde bezeichnet, aber es wird nicht verlangt, Homosexuelle zu bestrafen. Eine der Grundlagen des Islam ist die Freiheit des Menschen, sich so zu verhalten, wie er möchte. Homosexuelle weichen nicht vom Islam ab. Im Gegenteil, jene die das behaupten, sind die Abweichler. Wer Schwule zum Tode verurteilt, begeht eine viel größere Sünde."
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