Hören Sie hier die gesamte "Breitband"-Sendung , u.a. mit einem Interview mit dem Blogger und Autor Sascha Lobo über die Definitionen und Dimensionen von Fake News und was die Debatte darüber über die momentane Lage der Gesellschaft aussagt. Zudem: Kassensturz beim Musikstreaming und eine Serial-Parodie über die verschollene Pizza bei McDonald's.
Kampf gegen Fake News mit vielen Unbekannten
57:11 Minuten
Das Recherchebüro Correctiv soll Facebook beim Kampf gegen Falschnachrichten helfen. Wie soll das funktionieren, wer hat was davon und vor allem: Löst das die Probleme, die momentan alle unter dem Schlagwort Fake News verbucht werden?
Als die Welt geschockt war, dass Donald Trump tatsächlich zum nächsten Präsidenten der USA gewählt wurde, machten viele Fake-News über Kontrahentin Hilary Clinton verantwortlich – verteilt vor allem: über Facebook. Gründer Mark Zuckerberg tat das noch als Quatsch ab. Facebook sei bloß eine Plattform, sagte er – es gäbe hier nichts tun. Inzwischen kommen von ihm aber ganz andere Töne.
"We build technology and we feel responsible for how it’s used. We don’t write the news that people read on the platform. But at the same time we also know that we do a lot more than just distribute news, and we’re an important part of the public discourse."
Facebook kooperiert mit Journalisten
Facebook – laut Zuckerberg doch ein wichtiger Teil des öffentlichen Diskurses, eine Plattform, die Nachrichten nicht einfach nur verteile. Die Rede ist dann doch von Verantwortung. Eine allgemeine Ansage, der nun – in den USA wie in Deutschland – konkrete Schritte folgen: Facebook kooperiert mit Journalisten, um Fake News etwas entgegensetzen. In Deutschland etwa mit dem Recherchebüro Correctiv. Dessen Motivation, Facebook im Kampf gegen Fake News zu unterstützen, erklärt Gründer und Leiter David Schraven so:
"Für mich ist halt der entscheidende Punkt nicht die Bundestagswahl im Herbst. Für mich ist das, wo es um alles geht, die Landtagswahl im Mai in NRW, das bevölkerungsreichste Bundesland. Da wird sich entscheiden, ob die Populisten die Macht erringen können in Deutschland oder nicht."
Deshalb soll nun dies getestet werden: Facebook-Nutzer sollen Inhalte melden, die sie für Fake-News halten. Was besonders oft gemeldet wird, bekommen zum Fact-Checken die Journalisten von Correctiv – und bald auch anderer Medien. Stellt sich ein Inhalt tatsächlich als Fake heraus, will Facebook den Link mit einem Warnhinweis versehen und die Rechercheergebnisse verlinken. Correctiv macht das für Facebook kostenfrei – vorerst zumindest.
"Das ist auch gut, damit man auch wieder rauskommt, wenn es nicht läuft. Das wäre doof! Und dann muss man gucken. Wenn das halt super viel Arbeit ist, muss man ein eigenes Finanzierungsmodell hinkriegen."
"Anderes Finanzierungsmodell könnte auch heißen, dass Facebook ein bisschen zuschießt."
"Klar. Also am Ende wird das auf jeden Fall nicht so sein, dass Correctiv-Mitglieder Facebook bezahlen."
Geschäftsmodell "Fact-Checking für Online-Plattformen"
Was in der Ankündigung selbstlos klang, ist für Correctiv also eher eine Investition in die Zukunft – in das Geschäftsmodell "Fact-Checking für Online-Plattformen". Immerhin will auch Google künftig gegen Fake News in seinen Suchtreffern vorgehen.
Die große Frage aber ist, ob Warnhinweise überhaupt etwas bringen – ob sich die, die "Lügenpresse!" rufen offen für die Hinweise etablierter Journalisten zeigen. Sollten Fake-News also vielleicht doch gelöscht werden? Hier ist sich Schraven unsicher.
"Was im Endeffekt sich durchsetzen muss, halte ich für zu früh zu sagen. Weiß ich nicht. Also ich würde aus dem Bauch heraus sagen: Für beide Seiten gibt es gute Gründe."
Völlige Ungewissheit bei den Methoden also – und auch in einem anderen, sehr wesentlichen Punkt: Correctiv hat keine Vorstellung davon, wie viele relevante 'Fake News‘ es eigentlich zu widerlegen gilt. Ein Experiment mit vielen Unbekannten.