Rechte Ausschreitungen in Sachsen

Polizeiliche Fehler mit Signalwirkung

Das Bild zeigt am unteren Rand schwarzgekleidete Polizisten in Kampfmontur mit Helm. Hinter ihnen eine große Menge rechtsgerichteter Demonstranten, viele rufen etwas und halten die geballten Fäuste nach oben. Man sieht viele hassverzerrte Gesichter unter ihnen.
27.08.2018, Sachsen, Chemnitz: Polizisten stehen in der Innenstadt am Karl-Marx-Monument bei einer Kundgebung der rechten Szene, um ein Aufeinanderprallen von rechten und linken Gruppen zu verhindern. © Jan Woitas / dpa
Bastian Brandau im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
Bei Demonstrationen in Chemnitz ist es am Montagabend erneut zu Ausschreitungen gekommen. Wieder habe die Polizei die Lage unterschätzt, meint Sachsen-Korrespondent Bastian Brandau – und durch ihre Fehler die Randalierer geradezu angestiftet.
Radikale Fremdenfeinde gehen in Chemnitz auf die Straße, um zu zeigen, "wem die Stadt gehört". Das war das offiziell verkündete Ziel eines rechten Aufmarsches am Sonntag. Gestern wurde erneut marschiert - unter Bannern wie "Ausländer raus" – diesmal mit mehreren Tausend Menschen und wieder gab es Gewalt.
Auffällig auch: Wieder waren zu wenige Polizisten vor Ort, wie die Polizei selbst eingestanden hat.
Die Fehler der Polizei bei der Lageeinschätzung seien "eklatant und vor allem wiederkehrend", kommentiert Sachsen-Korrespondent Bastian.

Polizei hat Problem "gravierend unterschätzt"

Als sich am Sonntag Rechstsextreme in Chemnitz zusammenrotteten, habe die Polizei das Problem "gravierend unterschätzt" - und dies nicht zum ersten Mal: Auch in Freital, Heidenau oder Clausnitz habe sich ein rechter Mob austoben können. In Heidenau, vor drei Jahren, habe es mehrere Tage gedauert, bis die Lage unter Kontrolle war.
Brandau: "Und gestern Abend, nachdem dieser Polizeieinsatz vorbei war, da gesteht die Polizei erneut ein, dass sie mit weniger Teilnehmern gerechnet hatte und zu wenige Beamte auf der Straße hatte. Das sind in der Tat unerklärliche Fehler, aus denen scheinbar nicht gelernt wird. Und diese Fehler haben eben eine Signalwirkung, dass die Leute sich dazu geradezu angestiftet fühlen können, eben wieder auf die Straße zu gehen – von rechts, weil sie das Gefühl haben: Die Polizei, die lässt sie ja machen."

Ministerpräsident "auf Tauchstation"

Oft höre man in Zusammenhang mit Kritik an der Polizei den Vorwurf des "Sachsen-Bashing". Auch Kritik, die sachlich und begründet formuliert ist, werde als Abwertung der Sachsen abgetan. Diese Kritik gelte aber "letztendlich den politisch Verantwortlichen", so Brandau. Es sei nicht Aufgabe von Journalisten, positiv über Sachsen zu berichten.
In dieser Situation sei der sächsische CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer "auf Tauchstation", so Brandau. Präzise zum Polizeieinsatz in Chemnitz habe man bisher von ihm "kein Wort" gehört. Und auch CDU-Innenminister Wöller sei derzeit noch überfragt.
(huc)
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