Die ganze Sendung mit Jagoda Marinić und Ulrich Wickert können Sie hier nachhören:
Der Tag mit Jagoda Marinić und Ulrich Wickert - Wie ein Virus die globale Gesellschaft durchrüttelt
„Menschen mit Migrationsgeschichte haben kein zweites Land“
07:17 Minuten
Seit den 90er Jahren hätten Menschen mit Migrationshintergrund die Bedrohung durch Rassismus klar gesehen, sagt Journalistin Jagoda Marinić. Rechte Ideologie bis hinein in den Sicherheitsapparat sei ein "Riesenproblem", meint Kollege Ulrich Wickert.
Das Jahr 2020 war auch das Jahr des rassistischen Anschlags von Hanau, bei dem neun Menschen getötet wurden.
Die rassistische Bedrohung für Leib und Leben hätten Menschen mit Migrationshintergrund schon seit den 90er-Jahren sehr klar gesehen, sagt dazu die Journalistin Jagoda Marinić. Brandanschläge auf türkische Familien mit zahlreichen Opfern wie in Mölln (1992) und Solingen (1993) hätten tiefe Spuren hinterlassen.
Fortschritte in der Rhetorik
Nach dem Mordanschlag von Hanau sei die Rhetorik eine andere gewesen als damals. Die Rede, die Bundespräsident Steinmeier gehalten habe, habe sie berührt, sagt Marinić. "Denn ich komme halt aus einer Kindheit, da hat Helmut Kohl nach Solingen das alles nicht getan."
Menschen mit Migrationsgeschichte haben kein zweites Land, betont die Journalistin. "Diese schnelle Floskel ‚Geh doch in deine Heimat!‘ ist doch Blödsinn: Hier ist die Heimat."
Als wäre eine Studie ein Virus
Empört zeigt sie sich, dass auch in diesem Jahr noch eine Studie über Rassismus bei der Polizei durch das Bundesinnenministerium verhindert werden konnte. "Als wäre eine Studie irgendwie ein Virus, vor dem man sich fürchten muss, und nicht eine Bestandsaufnahme, die in Deutschland in allen Bereichen gang und gäbe ist."
Der Fernsehjournalist Ulrich Wickert sagt: "Das Thema rechte Gewalt ist etwas, das mir in Deutschland Angst macht." Weil die Ideologie, die solche Gewalttäter benutzten, bis hinein in die Sicherheitsbehörden, bei der Polizei und auch bei der Bundeswehr zu finden sei.
Die Politik habe viel zu wenig dagegen getan. Das sei ein "Riesenproblem" für unsere Gesellschaft.
(huc)